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Hibiskussommer

Titel: Hibiskussommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël , Tanja Ohlsen
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deshalb mitmacht, damit er nach Mykonos kommen und einen langen, geruhsamen, romantischen Abend mit mir verbringen kann.
    Dumm, ich weiß. Aber da dies nur die erste einer langen Reihe von Dummheiten ist, die ich in letzter Zeit begangen habe, verbuchen wir sie einfach als Dummheitsbeweis Nummer 1.
    Ich kann auch nicht sagen, dass Levis Familie meinen Erwartungen entsprochen hat. Allerdings waren sie wohl auch nicht das Gegenteil von dem, was ich erwartet habe, weil ich sie eigentlich gar nicht erwartet habe. Ich hatte überhaupt nicht an sie gedacht, bis sie direkt vor mir standen.
    Hätte ich es getan, dann wäre ich hoffentlich großzügig, hoffnungsvoll und nett genug gewesen, mir etwas Besseres vorzustellen, als sie wirklich sind, denn es zeigte sich, dass sie ziemlich peinlich sind.
    Zunächst einmal ist Levis Dad RICHTIG LAUT . Und ich meine, wirklich laut. Jetzt verstehe ich, warum Ausländer immer sagen, Amerikaner seien laut – viele von uns sind es tatsächlich. Anscheinend glaubt er, wenn er nur laut genug spricht, also schon fast schreit, könnten ihn die Griechen besser verstehen. Aber auch wenn diese Taktik tatsächlich irgendwie aufging, war es doch größtenteils total unnötig, denn soweit ich das beurteilen kann, sprechen die meisten Leute auf Mykonos wirklich gut Englisch und müssen gar nicht angeschrien werden.
    Und seine Mum, na ja, ich will ja nicht unhöflich sein oder vorschnell urteilen, und im Moment halte ich meine Mum auch nicht für ein großes Vorbild, aber alles, was sie wollte, war eine Führung durch die Juwelierläden zu machen. Als ob der ganze Sinn einer Auslandsreise darin bestünde, ausgedehnte Studien über kleine Einkaufszentren zu machen, bei denen unsere grundsätzlich besser abschnitten. Im Ernst, als ich vorschlug, nach Paraportiani oder zu den Windmühlen zu gehen oder an einen der Strände, hat sie Mr Bonham nur angeblinzelt und gefragt: »Wie weit ist das weg, Jim?«
    Allerdings will ich nichts Schlechtes über seine kleinen Geschwister sagen. Sie sind zwar verzogen und quengelig und insgesamt einfach schrecklich, aber man kann ja sehen, woher sie das haben.
    Also zurück zum Hafen, zu dem Moment, als ich sie gesehen und mich nach Kräften bemüht habe, meine Enttäuschung und meinen Schrecken zu verbergen und beim Anblick des riesigen Trosses nicht laut aufzuschreien. Dann habe ich heftig mit beiden Armen gewinkt, immer wieder, hin und her, wie eine große Schere, bis Levi mich endlich gesehen hat. Er murmelte irgendetwas wie Hi, und dann ist sein Dad gekommen und hat mir ernsthaft und fest die Hand geschüttelt, als hätten wir gerade ein Geschäft abgeschlossen, während seine Mum nur danebenstand, mich von oben bis unten ansah und blinzelte, dann die Sonnenbrille herunterschob und weiterblinzelte.
    Dann versuchte es Levi mit einer total peinlichen und überwachten Umarmung, unter dem Gekicher seines kleinen Bruders und dem unverhohlenen Gaffen seiner kleinen Schwester.
    Sein Dad hob den Unteram an die Stirn, und ich dachte schon, er wollte mir einen Salut geben, doch er schützte nur seine Augen vor der Sonne und betrachtete die Landschaft. Genauso schnell ließ er die Hand wieder fallen, wandte sich an mich und sagte: »Und? Was wirst du uns als Erstes zeigen?«
    Da ich nur etwa zwanzig Minuten länger auf Mykonos gewesen war als sie, kannte ich lediglich den Souvenirladen, in dem ich die Postkarten gekauft hatte, und das Dock, an dem sie gerade standen. Also zuckte ich mit den Achseln und erklärte ihnen so gut wie möglich, dass dies auch mein erster Besuch auf Mykonos war. Dass ich eigentlich auf der kleinen Insel gleich da drüben wohnte, die man sehen konnte, wenn man so schräg über das Wasser sah.
    Nachdem sich alle fünf die Hälse verrenkt hatten, stand ihnen die Enttäuschung offen ins Gesicht geschrieben, dass ihr Traum von einer privaten Inselführung in Griechenland plötzlich geplatzt war.
    Dann reichte Mrs Bonham Mr Bonham den Reiseführer aus ihrer Handtasche, und nachdem sie intensiv das Kapitel Einkaufen und Essen durchgesehen hatten, stapften wir alle sechs durch die Stadt und durch Straßen, die zum Teil so eng waren, dass wir hintereinander gehen mussten. Gelegentlich drehte sich Mr Bonham (unser furchtloser Anführer) zu mir um und fragte: »Sehen die Häuser auf Tinos auch alle gleich aus? Denn die hier kann man ja nicht auseinanderhalten. Sieht alles gleich aus. Man sieht keinen Unterschied!«
    Oder seine Mum blinzelte mich an, schürzte

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