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Hibiskussommer

Titel: Hibiskussommer
Autoren: Alyson Noël , Tanja Ohlsen
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nicht antworte, für den Fall, dass Du versuchst/versucht hast, mir zu schreiben.
    C U
Colby
    21. August
    Liebe Tally, lieber Tassos,
    ich gehe heute an den Strand, daher werden wir uns wahrscheinlich erst am Abend sehen. Schönen Tag!
    Alles Liebe,
Colby

 
    Colbys Tagebuch für Tage der Verzweiflung, an denen sie keine Ahnung hat, warum sie so verzweifelt ist
    21. August
    Kaum zu glauben, aber heute ist der erste Tag, an dem ich mein Tagebuch mit an den Strand nehme. Allerdings ist es auch einer der ersten Tage, an denen ich allein an den Strand gehe. Ich bin mir nicht mal sicher, warum ich das ausgerechnet heute tue, abgesehen davon, dass ich gerne allein sein wollte. Ich war es leid, allein in meinem Zimmer zu sitzen, weil ich darin schon viel zu viel Zeit verschwendet habe, deshalb wollte ich an einen Ort, der warm, schön und sonnig ist und an dem ich außerdem meine Ruhe habe.
    Und komisch, hier auf meinem Handtuch zu sitzen und zu schreiben, ist fast so, als wäre alles wie immer, weil ich morgens normalerweise in meinen Blog geschrieben oder E-Mails, Postkarten und Briefe verschickt habe, auch wenn ich das im Café getan habe und nicht hier, und ich immer Frappé getrunken habe und nicht Wasser aus der Flasche. Trotzdem habe ich hier das Gefühl, alles ist normal und es ist hilfreich, meinen gewohnten Tagesablauf beizubehalten, und dass sich eigentlich nichts verändert hat.
    Trotzdem kann ich mir nicht vormachen, dass ich irgendetwas davon tatsächlich glaube.
    Viel später:
    Nachdem ich das geschrieben hatte, war meine Kehle plötzlich wie zugeschnürt. Im Ernst, mein Hals hat wehgetan und in meinen Augen hat es gebrannt und ich konnte nichts dagegen tun. Ich habe zwar versucht, dagegen anzukämpfen und es zurückzuhalten, doch gleich darauf liefen mir die Tränen übers Gesicht. Also bin ich aufgesprungen und ins Wasser gerannt, untergetaucht und so weit wie möglich hinausgeschwommen, die Augen vor dem Salzwasser fest verschlossen, blind für alles, was vor mir lag, ohne dass es mich gekümmert hätte. Als ich den Atem nicht länger anhalten konnte, bin ich aufgetaucht, habe heftig nach Luft geschnappt und bin gleich wieder untergetaucht und weitergeschwommen, so schnell und so weit ich konnte, bis mir die Arme und Beine von der Anstrengung wehtaten, bis sie wie aus Gummi, schwach und kraftlos waren. Als ich endlich anhielt, überließ ich mich dem Meer, trieb auf dem Rücken, die Augen vor der Sonne fest geschlossen, die Hitze trocknete mein Gesicht und hinterließ salzige Spuren auf meiner Haut. Ich verdrängte alle Gedanken in meinem Kopf, weigerte mich, mich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren als auf das sanfte Wiegen und Plätschern des Wassers, bis meine Finger und Zehen ganz verschrumpelt waren. Bis kein Gefühlsausbruch mehr drohte.
    Als ich wieder zum Ufer kam, sank mir das Herz in die Knie, als ich Tally neben meinem Handtuch sitzen sah. Aber ich holte nur tief Luft und ging weiter, einen Fuß vor den anderen setzend, bis ich direkt vor ihr stand. Dann tat ich so, als sei alles völlig in Ordnung, lächelte und sagte: »Hi Tally, was gibt’s?« Dann drehte ich mein Haar zu einer festen Spirale zusammen, presste es zwischen den Handflächen und sah zu, wie das Meerwasser aus den Spitzen lief.
    Sie lächelte achselzuckend und murmelte etwas davon, dass es ein schöner Tag für den Strand sei, und mein Herz sprang plötzlich von den Knien zum Hals, als ich bemerkte, dass mein Tagebuch aufgeschlagen auf dem Handtuch lag, für jeden deutlich sichtbar, der Interesse daran hatte, es zu lesen.
    Ich wollte es schon schnappen und überlegte, was sie gesehen haben könnte, als mir einfiel, dass ich Tally vor mir hatte, meine friedfertige, privatsphärenrespektierende Tante, die nicht im Traum daran denken würde, jemandes Tagebuch zu lesen.
    Was sie zum krassen Gegenteil ihrer Schwester/meiner Mutter macht, die sich sofort darauf stürzen würde, ohne zu überlegen.
    Also schob ich es nur mit dem Fuß beiseite, als ob es gar nicht so richtig wichtig wäre, setzte mich neben sie und bewunderte meine Bräune, als ich die Beine ausstreckte (na ja, zumindest, bis ich zu den Zehennägeln kam, die dringend neu lackiert werden mussten). Da sie nur neben mir saß und kein Wort sagte, wandte ich mich zu ihr und fragte: »Wo ist Tassos?« Obwohl ich mir denken konnte, dass er in seinem Atelier war und arbeitete. Aber eigentlich war mir die Antwort ziemlich gleichgültig, ich wollte nur dem Schweigen ein
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