Hide (German Edition)
kälter.
Wir hatten vielleicht anderthalb Kilometer zurückgelegt, als Nick endlich ein Auto knackte. Als der Motor warm gelaufen war, drehte ich die Heizung auf volle Pulle. Langsam kehrte das Gefühl in Finger und Zehen zurück. Ich lehnte mich gegen die Beifahrertür und schloss die Augen, weil ich spürte, wie der Schlaf mich langsam überwältigte.
Weißes Licht blitzte hinter meinen Lidern auf.
Ich sah Dani durch einen Türspalt.
»Wir hatten eine Abmachung«, sagte sie.
»Und ich habe mich daran gehalten«, antwortete der Mann.
»Aber er ist rückfällig geworden. Es geht ihm nicht besser und Anna ist hier nicht sicher.«
»Und was erwartest du jetzt von mir? Soll ich sie aufnehmen? Schon in ihrem Alter?«
Dani machte ein finsteres Gesicht. »Nein. Ich möchte unter keinen Umständen, dass sie da reingezogen wird.«
»Dann hör auf, um Ausnahmen zu bitten.«
»Das mache ich doch gar nicht. Ich bitte dich bloß darum, ausnahmsweise mal Verantwortung zu übernehmen.«
»Oh, Dani«, sagte er mit der Spur eines Lachens. »Das tue ich schon. Oder meinst du, sonst wäre ich hier und wir würden diese bescheuerte Unterhaltung führen? Verdammt noch mal, ich übernehme sogar schon viel zu viel Verantwortung.«
Ein Telefon klingelte in der Ferne.
Mit einem Ruck wurde ich wach.
»Für dich«, sagte Nick und reichte mir das Handy.
Ich blinzelte, um irgendwie wach zu werden, nahm das Telefon entgegen und warf einen Blick auf das Display, bevor ich dranging. Dort stand wieder Sams Nummer.
»Hallo?«
»Hey.« Das war nicht Sam. Es war Dani. »Das Treffen mit Onkel Will steht.«
Ich setzte mich aufrecht hin. »Echt? Und wo?«
»In Port Cadia gibt es eine Bar, die heißt Molly’s. Er wird heute Abend dort sein, so gegen acht.«
»Super. Vielen Dank, dass du das arrangiert hast.«
»Kein Ding.« Sie blieb kurz still. »Ist Nick nett zu dir?«
»So nett, wie er kann.«
Dani lachte. »Na, mehr darf man nicht erwarten.«
»Und …« Ich wandte mich zum Fenster, als könnte Nick da nicht mithören. »Wie geht es Sam? Alles in Ordnung?«
»Sam geht’s gut«, sagte Dani. »Mach dir keine Sorgen.«
»Und Cas?«
»Cas ist Cas.«
Sie machte eine Pause. »Ich sollte jetzt besser auflegen. Pass auf dich auf, Spatz.«
Nachdem ich versprochen hatte, das zu tun, legten wir auf.
»Also?«, fragte Nick.
»Mein Onkel erwartet mich heute Abend in einer Bar.«
»Und was machen wir bis dahin?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber ich hätte nichts gegen ein Nickerchen in einem richtigen Bett.«
Nick wechselte auf die rechte Spur, um die nächste Abfahrt zu nehmen. »Wie wär’s, wenn wir erst mal frühstücken und uns dann irgendwo was zum Pennen suchen?«
Ich nickte. »Oh ja, bitte. Für einen riesigen Teller Pfannkuchen würde ich grad alles geben.«
»Mit braunem Zucker«, sagte Nick so leise, dass ich ihn fast nicht verstand.
»Wie bitte?«
Er biss die Zähne aufeinander. »Na … Probier sie einfach mal mit braunem Zucker. Und Sirup. Und Butter.«
»In Ordnung«, sagte ich leicht misstrauisch.
* * *
Das Geschmackserlebnis hätte besser nicht sein können. Ich bestrich die Pfannkuchen dick mit Butter, träufelte etwas Ahornsirup darauf und streute noch braunen Zucker darüber.
Das war der Himmel auf Erden.
»Hast du das schon mal probiert?«, fragte ich Nick, als ich mit dem letzten Bissen den verbliebenen Sirup vom Teller gewischt hatte. Er schüttelte den Kopf. »Woher wusstest du dann, dass mir das schmecken würde?«
Er trank seinen Kaffee aus. »Ich wusste es einfach.«
Ich legte den Kopf schief. »Jetzt sag schon.«
Die Kellnerin, eine ältere Frau mit einem langen graubraunen Zopf, kam herbei, um die leeren Teller abzuräumen. »Noch Platz für Nachtisch?«, fragte sie.
Ich war satt. Wahrscheinlich sogar satter, als eigentlich nötig gewesen wäre. Sam hatte mir oft erklärt, einer der größten Fehler, die man machen konnte, war, zu viel zu essen. Wir wussten schließlich nie, wann genau die Sektion uns das nächste Mal überraschen würde, und ein voller Bauch machte träge und langsam. »Iss nur genug, um den Hunger zu stillen«, hatte er gesagt. Aber ich hatte gerade definitiv mehr als nur den Hunger gestillt, ich hatte mich aus purer Lust am Essen vollgestopft.
»Nein, aber danke«, antwortete ich. Auch Nick schüttelte den Kopf.
»Dann bringe ich Ihnen gleich die Rechnung.« Eilig verschwand sie.
Ich wandte mich wieder an Nick. »Also?«
Er zuckte mit den
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