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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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verzweifelten Versuch aufgewirbelt wurde, die unüberwindlichen Steilwände zu erklimmen. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit gelang es einem Pferd, hinaufzuklettern und in westliche Richtung davonzupreschen.
    Hi wartete außerhalb der Falle, als Einziger zu Pferd. Automatisch machte er sich an die Verfolgung; Senator Warren war mit dem Spiel vertraut. Der Flüchtling, ein junger Brauner, war verletzt und müde. Das Erklettern der neun Meter hohen Steilwand hatte ihn viel Kraft gekostet. Hi machte eine Schlinge und fing den entwichenen Gefangenen keine Meile von der Falle entfernt ein, doch in seinem Schrecken und Zorn entwickelte das Pferd ungeahnte Kräfte und zog Senator Warren hinter sich her. Die Ecke eines der neuen Zäune kam in Sicht. Das Wildpferd wich ihr brüsk aus. Bei dem abrupten Richtungswechsel zerriss das alte Lasso. Der Braune stolperte, fing sich und rannte davon. His Ende des Lassos sauste zurück und wickelte sich Senator Warren um die Beine. Der Senator begann sich aufzubäumen, um sich von dem Lasso zu befreien. Hi sah den Zaun kommen, und um nicht zwischen Pferd und Zaun zu geraten, ließ er sich aus dem Sattel fallen und rollte auf den Boden. Im selben Augenblick trat ihm einer der wild auskeilenden Hufe Senator Warrens gegen den Oberschenkel.
    Schon war einer der Tolbert-Söhne zur Stelle und ergriff die Zügel des Senators. Fenk und der andere junge Tolbert galoppierten heran.
    »Scheiße, mir geht’s gut«, sagte Hi. »Alles okay. Nur mein Bein hat ein bisschen was abbekommen. Nehme an, ich kriege jetzt endlich mal Urlaub.« Er lachte, und Fenk lachte mit, erleichtert, dass ihm nichts Schlimmeres passiert war. Die Tolberts saßen erschrocken, staubverschmiert und wortlos auf ihren Pferden.
    »Okay, bleib da liegen«, sagte Fenk. »Ich hole den Crosley, und dann bringen wir dich in die Stadt, damit das Bein gerichtet wird.«
    »Was anderes wird mir kaum übrig bleiben«, sagte Hi. »Ich verspreche, dass ich nicht weglaufe.«
    Fenk ging seinen Wagen holen, und die Tolberts stiegen ab und setzten sich zu Hi. Sie rauchten und zündeten eine Zigarette für Hi an. Der ältere der beiden förderte eine halbleere Whiskeyflasche zutage und bot sie Hi an, der einen kräftigen Schluck nahm.
    »Das war ein guter Fang. Dein Seil war wohl nicht mehr das neueste?«
    »Mist, ja. Hab es ein paar Jahre nicht mehr benutzt. Es heißt, so ein Lasso verliert jedes Jahr, das man es nicht benutzt, die halbe Kraft. Wie hat dieses olle Pferd es bloß geschafft, die Felswand raufzuklettern?«
    Nach einer guten Stunde kam Fenk mit dem Crosley zurück, und sie hievten Hi auf den Rücksitz. Im Wagen war nicht genug Platz für die Tolberts, die zu der Pferdefalle zurückritten. Zuerst kam die Arbeit.
    Während der ganzen Fahrt nach Rock Springs scherzte und lachte Hi; er sagte, es wäre ein prima Tag gewesen und er würde am liebsten in dem Bergwerk aufhören, bevor die neuen Maschinen kamen, und wieder mit Fenk auf Pferdejagd gehen.
    »Halte zuerst beim Haus«, sagte er. »Ich sag Helen Bescheid, dass alles in Ordnung ist. Sonst macht sie denen im Krankenhaus die Hölle heiß.«
    Als Fenk vorfuhr, kam Helen schon mit der Miene der besorgten Frau auf die Veranda. Sie beugte sich in den Wagen und starrte Fenk an, denn Hi auf dem Rücksitz hatte sie nicht gesehen.
    »Was ist passiert?« Sie wusste, dass etwas Schlimmes passiert sein musste, wenn Fenk allein zurückkam. Ihre alte Abneigung gegen ihren Schwager, der allen um ihn herum schadete, loderte wieder auf.
    Hi rief vom Rücksitz aus, es gehe ihm gut, und sie konnte die Tränen nicht zurückhalten und sagte, für einen Augenblick hätten sie ihr einen richtigen Schrecken eingejagt.
    »Im Krankenhaus bringen sie das Bein in Ordnung, und Fenk fährt mich dann nach Hause. Was gibt es zum Abendessen?«, sagte er lachend.
     
    An der Notaufnahme parkte Fenk neben dem Eingang und ging hinein. Es dauerte zehn Minuten, bis er jemanden ausfindig machte. Er kam mit Doc Plumworth zurück, dessen Mund so klein war, dass nicht mehr als zwei Zähne sichtbar wurden, wenn er lächelte, und mit einer unwirsch dreinblickenden Krankenschwester samt einer Bahre auf Rädern. Der Doc öffnete die hintere Wagentür und zupfte Hi am Ärmel.
    »Schon gut, junger Mann, wir flicken Sie wieder zusammen«, sagte er mit seiner heiseren Stimme. Er zog Hi wieder am Ärmel und drehte sich zu Fenk um. »Dachte, Sie hätten gesagt, es ginge ihm gut. Dachte, Sie hätten gesagt, er wäre bei

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