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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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erklären«, sagte er zu Bonita. »Sie ist zu doof. Sie würde kein Wort kapieren.«
    Als Carol Match in dem Laden für Autozubehör nachfragte, ob das von ihr bestellte getönte Seitenfenster für den überholten Chevy, Modell 1948, angekommen war, hörte Verl ihre Unterhaltung mit Chet Bree hinter der Ladentheke mit an. Sie trug einen blauen Minirock, dessen Saum knapp unter ihrem dicken Po endete, und ein Seidentop, das ihre kräftigen, gebräunten Brüste nicht versteckte.
    »An dieser Kreuzung muss eine Ampel aufgestellt werden. Sonst gibt es irgendwann Tote.« Ihre Armreifen klirrten.
    »War schon immer so und nie ein Problem. Man muss nur ein bisschen aufpassen. Hat bislang keinen gestört.« Bree sah ein paar Sekunden lang auf ihre Brust, wandte den Blick ab und ließ ihn dann zwischen ihren Brüsten hinunterwandern. Verl konnte fast ihren Hintern sehen.
    »Neue Leute müssen her«, sagte sie.
    Verl war klar, dass sie damit nicht meinte, Fremde sollten kommen, sondern dass sie einen Austausch bezweckte. Für jeden dämlichen kalifornischen Trottel, den sie herbrachte, würde ein eingeborener Wyoming-Bewohner … fortgeschafft werden. Er war überzeugt, dass sie eine Liste hatte und dass er auf der Liste stand. Bree hatte geschwiegen, und das, vermutete Verl, hatte ihn auch auf die Liste gebracht.
    »In Wyoming brauchen wir keinen neumodischen Schnickschnack«, sagte Verl zu Bonita. »Diese Leute kommen her und …«
     
    Für Dakotah war die Vorschule reich an Offenbarungen. Am ersten Tag fragte die Lehrerin, eine dicke Person in einem rosafarbenen haarigen Pullover, die Kinder nach ihrem Geburtstag.
    »Jeden Geburtstag werden wir richtig feiern«, sagte sie mit geheuchelter Vorfreude. Jedes Kind nannte ein Datum; nur Dakotah, die von einer Geburtstagsfeier noch nie gehört hatte, war ratlos. Der Junge neben ihr sagte: »Neunter Dezember.«
    Die Lehrerin sah Dakotah erwartungsvoll an.
    »Neunter Dezember«, flüsterte sie.
    »Kinder, liebe Kinder! Habt ihr das gehört? Dakotah und Billy haben am selben Tag Geburtstag! Ist das nicht wundervoll? Wir werden einen doppelten Geburtstag feiern! Zwei Kinder mit demselben Geburtstag! Wir werden zwei Kuchen backen!«
    Auf dem Nachhauseweg im Truck fragte sie Bonita, ob sie einen Geburtstag habe und ob es der neunte Dezember sei.
    »Ja, natürlich. Jeder hat einen Geburtstag! Deiner ist der erste April, der Narrentag. Da spielt man anderen Leuten fiese Streiche. So wie der Aprilscherz, den deine Mutter sich mit uns erlaubt hat. Warum fragst du?«
    Dakotah erklärte, dass die Lehrerin in der Schule die Kindergeburtstage mit Kuchen und Spielen feiern wolle. Und dass sie ihren Geburtstag nicht gewusst habe. Und dass ein Lied gesungen werde.
    »Also, mit diesem Geburtstagskram haben wir uns nie abgegeben. Diesen Blödsinn machen wir nicht. Kein Wunder, dass die Schule nie Geld hat, wenn sie es für Kuchen ausgeben.«
    Dakotah wusste, dass sie der Lehrerin nicht sagen konnte, dass sie am Narrentag Geburtstag hatte.
    In der Schule erfuhr sie wieder, was sie schon wusste: dass sie anders war als die anderen und keine Freunde verdiente.
    Die Listers taten ihre Pflicht; sie zogen Dakotah auf, Bonita machte ihr Erdnussbutterbrote für die Mittagspause und hörte dabei Morning Glory , die frühmorgendliche Radiosendung aus Reklame, Boulevardnachrichten, Gebeten und Wetterberichten. Die Stimmen aus dem Radio dröhnten im Badezimmer, wo Verl mit chronischer Verstopfung auf der Toilette hockte. Seine Brustschmerzen, die oft zu fernen inneren Organen wanderten, wo sie pochten und nagten, hatten der jungen indischen Ärztin immer wieder Rätsel aufgegeben; sie versuchte, sich in das Leben der Landbewohner einzupassen, indem sie sich an den örtlichen Vergnügungen wie Wettfischen, Wetten, Pokerrunden und Dartwerfen beteiligte.
    »Haben Sie gesehen, wie Jimmy Mint den Dreihundert-Dollar-Fisch fing?«, fragte sie, um Verl abzulenken. Verl wollte lieber seine Qualen ausgiebig schildern und beschrieb den gewundenen Weg der Schmerzen mit dem Finger, den er über seine Brust führte, zur Lende hinunter, um die Seite herum und wieder zurück und bis zur Kehle hinauf.
     
    Zu guter Letzt schickte die Ärztin Verl nach Salt Lake City, um ihn eingehender untersuchen zu lassen. Bonita fuhr mit, nachdem sie dafür gesorgt hatte, dass Dakotah bei Pastor Alf Crashbee und seiner Frau Marva bleiben konnte.
    Die siebenjährige Dakotah stand schüchtern im Flur, während Bonita und Marva Crashbee sich

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