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Hier kommt Hoeneß!

Hier kommt Hoeneß!

Titel: Hier kommt Hoeneß! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pattrick Strasser
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der EM 2004 zu verlassen. »Damals hatte ich den Wunsch, den Drang zu wechseln«, erzählt Kahn, »auch meine private Situation war etwas in Unordnung geraten, da hätte eine Zeit in einer anderen Stadt ganz gutgetan. Es gab Angebote vom FC Barcelona und von Manchester United. Doch konkreter wurde es nur mit ManU. Es wurden erste Gespräche geführt, auch mit Alex Ferguson, erste Zahlen ausgetauscht. In meinem Kopf war im Grunde eine Entscheidung gefallen.« Mit dem Trainerwechsel von Ottmar Hitzfeld zu Felix Magath hätten die Pläne nichts zu tun gehabt, beteuert Kahn. Zehn Jahre FC Bayern mit allen Höhen und Tiefen waren einfach genug, er suchte eine neue Herausforderung. Diese Stadien, der Reiz der besten, reichsten, spektakulärsten Liga der Welt, die Aussicht auf einen Premier-League-Titel, darauf, womöglich Englands Torhüter des Jahres zu werden – das alles schwirrte in seinem Kopf herum. Blieb eine Frage: »Wie sag ich es dem Herrn Hoeneß?« Kahn war immer noch in gewisser Distanz zu Hoeneß und sprach ihn mit »Sie« oder »Manager« an. Wie übrigens auch Mehmet Scholl, der sogar noch ein Jahr länger, seit 1993, im Verein war. »Ich sieze Uli Hoeneß heute noch. Manager und Sie«, sagt Scholl, »er hat mir das Du eben nicht angeboten. Das macht aber nichts, und wenn er demnächst Präsident wird, sage ich trotzdem Manager und Sie.«
    Manager, ich würde gerne etwas mit Ihnen besprechen – so hätte die Anfrage von Oliver Kahn im Sommer 2004 lauten können, doch dazu kam es nie. Kahn tat, was er sonst eigentlich nie tat: Er kniff. »Ich hatte ihm von meinen Plänen und Gesprächen nichts erzählt. Ich konnte auch nicht mit ihm darüber reden«, erinnert sich Kahn. »Weil ich wusste: Wenn ich mit ihm spreche, dreht er mich um. Der hätte mich nie gehen lassen.« Kahn zögerte, auch das finanzielle Angebot war nicht so lukrativ, wie er sich das vorgestellt hatte. »Das mag komisch klingen, doch ich hätte bei Manchester United niemals so viel verdienen können wie damals beim FC Bayern – kein Witz. Als ich ihnen absagte, kurz vor einem ersten Treffen, waren sie bei ManU ziemlich verärgert. So etwas mache man mit ihnen nicht, hieß es.«
    Im Rückblick bereut Kahn ein wenig, nicht die Herausforderung gesucht zu haben, nicht zu jenem Verein gewechselt zu sein, der ihm 1999 die schmerzvollste Niederlage der Karriere zugefügt hatte. »Ich hatte bei Bayern dann noch vier tolle Jahre, wir holten dreimal das Double, ich hörte mit einem Gegentorminusrekord auf. Perfekt. Aber vielleicht wäre es doch besser gewesen zu gehen, noch einmal etwas anderes zu machen. Ich bedauere das. ManU hätte ich machen sollen.«
    Hoeneß hatte etwas Einmaliges geleistet. Er hatte den Weggang seines Publikumslieblings verhindert, ohne auch nur das Geringste unternommen zu haben. Auch eine Form des Verhandlungsgeschicks.
    Vertragsgespräche mit Uli Hoeneß waren und sind meist kurz und intensiv, berichten viele, die ihm schon einmal gegenübersaßen. Am Ende gilt der Handschlag unter Männern, die Dokumente werden später unterzeichnet. »Was er versprach, wurde umgesetzt«, berichtet Hitzfeld. »Uli war ein Freund, ein Vertrauter, immer ein Rückhalt. Es war stets ein gutes Gefühl, solch einen Manager an meiner Seite zu wissen.« Selbst härteste Widersacher wie Ballacks Berater Michael Becker zollen Hoeneß höchsten Respekt. »Er ist immer ein angenehmer Gesprächspartner, der nie hinterhältig agiert. Wenn es einen Termin oder eine Frist gibt, dann gilt bei Hoeneß: Mittwoch, 12 Uhr, ist Mittwoch, 12 Uhr. Kein Wenn, kein Aber. Mein Tipp an alle jüngeren Berater: Man sollte nie im Ansatz daran denken zu glauben, man könne ihm was vormachen oder gar link auftreten. Dieser Fehler darf keinem unterlaufen.« Und noch etwas sollte derjenige beachten, der mit Hoeneß zu tun hat: Es wird gut gegessen – und wehe, einer ist Vegetarier.
    Auch Dieter, der Bruder, ist längst kein Vegetarier mehr. Wäre ja gelacht, wenn der Sohn einer Metzgersfamilie das ewig durchhielte. Die Vegetarier hat Uli Hoeneß übrigens dick. »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ich in einer Gruppe einen gemütlichen Abend verbringe, wenn ich nur Karottensalat esse und Mineralwasser trinke.« Hoeneß ist sich sicher, dass seine körperliche Substanz, sein Umfang, wie ein Panzer wirkt – gegen jedwede Angriffe von außen. »Viele, die asketisch leben, die gehen am Leben vorbei. Das ist ganz falsch. Ganz, ganz falsch. Als Asket kannst du nicht

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