Hier kommt Hoeneß!
gesellig sein. Und es ist längst erwiesen, dass Vegetarier keinen Tag länger leben.« Darauf ein Glas Wein. Auch Trainer Louis van Gaal schätzt übrigens Rotwein, und beide mögen den spanischen Rioja.
9. Von Rotterdam bis Mailand
Geht man den Gang entlang, der zum Büro von Uli Hoeneß im zweiten Stock der Geschäftsstelle an der Säbener Straße führt, grüßen einen von rechts und links an den Wänden die gerahmten Helden der Bayern-Historie. Ein Müller, ein Maier, ein Beckenbauer natürlich, auch ein Rummenigge. Kein Hoeneß. Weit und breit kein Hoeneß in der Ahnengallerie. Nein, nein, er sei doch nicht größenwahnsinnig. Ach, und die anderen, die dort hängen, sind die denn etwa größenwahnsinnig? Nein, nein, wiegelt Hoeneß ab, aber für die Befriedigung von Eitelkeit brauche er nicht den Flur zu seinem Büro.
Es hat sich einiges verändert an seiner Arbeitsstätte seit dem 1. Mai 1979, seit seinem ersten Arbeitstag: die Zahl der Mitarbeiter, die Ausstattung, die Technik. Betritt man das Büro von Hoeneß, sieht es dort ganz und gar nicht nach internationalem Management aus, nach einer Schaltzentrale eines der größten europäischen Fußballvereine, nach Big Spender, nach großer, weiter Welt. Eher gemütlich ist es, warm, heimelig. Alles in Brauntönen, naturfarben. Rattanmöbel bestimmen das Bild. Für Interviews setzt er sich gerne in einen großen Rattankorbsessel garniert mit bunten, karierten Kissen. An seinem Schreibtisch aus Nadelholz erfreut er sich an einem dieser riesigen schwarzen Gesundheits-Lederbüromonstersessel. Pflanzen stehen, Fanartikel liegen herum. Ein silbernes Modell der Allianz Arena, Plüschtiere in Bayern-Trikots, dazu ein paar Pokale, Fotos, Tüten aus dem Merchandising-Shop. Dinge aus dem Alltagsleben eines Fans. Derart heimelig kommen sonst nur Büros von Gartencenter-Filialleitern daher.
Was dem Besucher der Rattanwelt allerdings am deutlichsten ins Auge sticht, ist ein übergroßes gerahmtes Foto, das über dem Sofa hängt. Eine Tribüne ist zu erkennen, Tausende Menschen in Rot und Weiß, die verschiedenfarbige Papierbögen über ihre Köpfe halten und damit einen gewaltigen Schriftzug zaubern: »23. Mai 2001 – heute ist ein guter Tag, um Geschichte zu schreiben«.
Der Wunsch der Fans war den Spielern Befehl. Erstmals nach 25 Jahren gewannen die Bayern wieder den Henkelpott, diese Sehnsuchtstrophäe Europapokal der Landesmeister, nun Champions League genannt. Jener Abend im Giuseppe-Meazza-Stadion markiert die Endstation aller Sehnsüchte und Träume der Fans, der Verantwortlichen, der Spieler – und insbesondere der von Uli Hoeneß. Dass es doch nur eine vermeintliche Endstation war, dass jenes Angekommensein kein wirklicher Schlusspunkt, sondern lediglich eine Zwischenetappe war, liegt in Hoeneß’ ganz spezieller Natur der ehrgeizigen Rastlosigkeit. Dennoch markiert der Triumph seinen bis dato schönsten Tag in 30 Jahren Managertätigkeit, das höchste – wenn eben auch nur temporäre – Glücksgefühl. Daher hat Hoeneß das Poster rahmen lassen. Um den Moment festzuhalten. Auch die Spieler sollen immer an Mailand denken, an das große Ganze. In ihrem Lounge-Bereich des Trainingszentrums hängt ein ähnliches Poster. Noch größer, noch gigantischer, von hinten beleuchtet. Als handele es sich um ein mystisches Ereignis. Dabei war der Weg dahin, jenes Erlebnis zwei Jahre zuvor, am 26. Mai 1999 in Barcelona, noch viel dramatischer. Doch der Reihe nach: Barcelona und das Finaltrauma gegen Manchester United waren nur die Spitze des Niederlagen-Eisberges, die Mutter aller Tragödien.
In der Spielerkarriere von Uli Hoeneß stand der FC Bayern von 1974 bis 1976 dreimal im Finale um die höchsten europäischen Weihen. Dreimal hieß der Sieger, wenn auch meist sehr glücklich, FC Bayern– mit Uli Hoeneß. Ebenso dreimal – 1982, 1987 und 1999 – stand man seit Beginn seiner Managerkarriere im Europacup-Finale. Dreimal hieß der Verlierer, wenn auch größtenteils sehr unglücklich, FC Bayern – und eben Uli Hoeneß.
1982 erwischte es die Bayern in Rotterdam. Auf dem Weg ins Finale hatte die Elf um Breitner, Rummenigge und Dieter Hoeneß in den K.-o.-Runden Östers IF Växjö, Benfica Lissabon, Universitatea Craiova und ZSKA Sofia ausgeschaltet. Der Finalgegner hieß Aston Villa, eine Mannschaft, die sich im Achtelfinale nur hauchdünn gegen DDR-Meister BFC Dynamo Berlin hatte durchsetzen können. Ein Sieg war daher fest eingeplant. Der englische Meister Aston
Weitere Kostenlose Bücher