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Hier kommt Hoeneß!

Hier kommt Hoeneß!

Titel: Hier kommt Hoeneß! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pattrick Strasser
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er ob der schwachen Leistung in der Kabine. Lothar Matthäus, der den Elfmeter zum mühsamen, später in Überzahl beinahe noch hergeschenkten Erfolg verwandelt hatte, erinnert sich: »Franz hat kaum den Schlusspfiff abgewartet und ist in die Kabine marschiert. Vom Feld aus konnte ich schon sehen, wie er kochte. Er fluchte vor sich hin – wehe, einer kam ihm in die Nähe. In der Kabine schimpfte und meckerte er, trat gegen einen Materialkoffer. Ein Schuh flog in die Ecke. Franz war eben Perfektionist. Er konnte Nachlässigkeit und Faulheit nicht ertragen.«
    Gegenüber Reportern war Beckenbauer hinterher noch relativ milde: »Dümmer, als wir uns in der Schlussphase angestellt haben, kann man kaum noch spielen.« Jener Teufel von Mailand aus dem Jahr 1990 meldete sich dann in Lyon 2001 wieder.
    Hoeneß allerdings glaubt, dass die Launen des Kaiser-Teufels rein zufälliger Natur sind. »Ich bin mir sicher, dass der Franz, zehn Minuten bevor er diese Rede in Lyon hielt, gar nicht gewusst hat, dass er sie halten sollte. Ich kann mich noch gut entsinnen: Er fragte: ›Soll ich denn was sagen?‹ Und wir antworteten: ›Klar, du musst auch heute was sagen.‹ Wie’s dann eben so ist. Da hat er sich so reingesteigert, ein Wort gab das andere, und dann kam das halt raus. Aber der Franz ist keiner, der bewusst solche Dinge macht, um Verein oder Mannschaft zu schaden.«
    Doch über die Hölle von Lyon sollten die Bayern in den Fußballhimmel kommen. Etwas mehr als zwei Monate später gewannen sie die Champions League. Ein Triumph, der seinen Anfang mit der Franz-Rede nahm. »Das hat uns so aufgewühlt, so angestachelt – das konnten wir nicht auf uns sitzen lassen«, sagt der damalige Kapitän Stefan Effenberg, »die Worte von Franz haben uns so gewurmt, das hat Wochen in uns gearbeitet. Wir wollten ihm beweisen, was wir wirklich draufhaben. Bei der Siegesfeier nach dem Finale gegen Valencia bin ich zu Beckenbauer hin und habe zu ihm gesagt: ›Na? Gar nicht so schlecht für so eine Altherrenmannschaft wie wir?‹ Er hat gelacht und mich umarmt.«
    Schon ein anderes Mal hatte ein Wutausbruch von Beckenbauer am Ende zum Erfolg geführt – damals allerdings war zwischendurch Uli Hoeneß der Leidtragende.
    Die WM 1974 in Deutschland: Nach einer durchwachsenen Vorrunde mit dem negativen Höhepunkt, dem 0 : 1 gegen die DDR in Hamburg, gibt es Zoff innerhalb der Mannschaft um die Aufstellung und um das Spielsystem. Bundestrainer Helmut Schön wird vom heimlichen Bundestrainer Franz Beckenbauer überstimmt, und so ist Uli Hoeneß, bisher Stammkraft, im ersten Zwischenrundenspiel gegen Jugoslawien plötzlich draußen – angeblich, weil er seinen Deckungsaufgaben nicht nachgekommen sei. Rausgemobbt von einem Mitspieler, auch noch von einem Vereinskollegen beim FC Bayern. Hoeneß ist gekränkt, wird jedoch im Laufe der Partie eingewechselt. Er spielt sich wieder herein. Eine kleine Narbe jedoch bleibt – trotz des WM-Titels Seite an Seite mit Beckenbauer.
    Vor Beginn der WM 1974 hatte Hoeneß prophezeit: »Wenn wir Weltmeister werden, haben wir für unser Leben ausgesorgt!« Tatsächlich waren insbesondere die Bayern-Stars nach dem Titelgewinn müde, satt und zerstritten. Im Vereinsfußball hatten die sechs Münchner, die im WM-Finale standen, alles gewonnen und waren nach dem Europameistertitel von 1972 nun eben auch Weltmeister. Und das trotz der zwei Fronten, die durch die Bayern-Mannschaft liefen: Trainer Udo Lattek mit seinem Ziehsohn Uli Hoeneß plus Busenfreund Paul Breitner, den jungen Wilden, den Abiturienten, sowie auf der anderen Seite Manager Robert Schwan mit seinem Klienten Franz Beckenbauer. Es kriselte intern gewaltig. Vor allem die Liaison von Kapitän und Manager, von Beckenbauer und Schwan, sorgte für Unruhe. Wenn es etwa um das Gehalt des Liberos ging, verhandelte Schwan im Grunde mit sich selbst. Nach der Veröffentlichung des Beckenbauer-Buches »Einer wie ich« im Jahr 1975, in dem dieser über seine damaligen Mitspieler lästerte, schimpfte Uli Hoeneß in der »Welt«: »Was der Franz nun gesagt hat, geht einfach zu weit. Irgendwann muss Schluss sein mit dieser schmutzigen Wäsche. Im Gegensatz zu einigen Mannschaftskameraden habe ich den Mut, dies deutlich zu sagen.«
    Wie auch Dettmar Cramer. Allerdings ließ der Trainer seinen ganzen Frust über den internen Zickenkrieg erst raus, nachdem er im Dezember 1977 zu Eintracht Frankfurt gewechselt war: »Bei Hoeneß hatte sich wohl die Idee festgesetzt, ich

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