Hier kommt Hoeneß!
Hoeneß’ Vorgesetzter zu werden. Denn Hoeneß ist lediglich Mitglied des Vorstands.
So unterschiedlich sie auch sind in Wesen, Charakter und Auftreten – sie verkörpern den FC Bayern. Sie sind der FC Bayern.
Und doch stehen beide immer ein wenig im Schatten. In Franz Beckenbauers Halbdunkel. Der Schatten einer Lichtgestalt ist eben sehr lang. Damit gilt es umgehen zu können und entweder den Schatten als Energiequelle für sich selbst zu nutzen oder im Dunkeln zu verkümmern. Hoeneß, Rummenigge und Beckenbauer – von den Boulevardmedien Münchens in einem Atemzug »Ulikallefranz« genannt– bestimmen als Trio die Geschicke, das Wohl und Wehe des Vereins. Seit 35 Jahren – seit Rummenigge 1974 zum FC Bayern kam – kennen sich die drei, seit knapp 20 Jahren arbeiten sie auf Funktionärsebene zusammen. Sie bilden den Alphatierzoo Säbener Straße. Oft dürfte sich Hoeneß wie eine Nuss im Nussknacker gefühlt haben zwischen den beiden extremen Polen Rummenigge und Beckenbauer – doch er hielt stand. Und den Laden zusammen.
Wer sein engster, dauerhaftester Vertrauter beim FC Bayern sei, wurde Uli Hoeneß einmal gefragt. Er antwortete, ohne eine Sekunde zu zögern: »Natürlich meine Sekretärin, Frau Potthoff.« Seit rund 20 Jahren sitzt Karin Potthoff im Vorzimmer des Hoeneß-Büros in der Säbener Straße. Es gibt wohl niemanden, der so viel über den Bayern-Manager weiß wie die First Lady des Büros. Nicht einmal Paul Breitner, mit dem Hoeneß jene ungewöhnlich innige Freundschaft als Spieler verband, auch nicht Rummenigge und Beckenbauer. Selbstverständlich ist mit Frau Potthoff vereinbart, dass keinerlei Details nach draußen dringen dürfen.
Wie sähe das auch aus, wenn die Welt das, was hinter verschlossenen Türen oder auf den Fluren der Büros gesprochen wird, erfahren würde? Wenn die Öffentlichkeit Zeuge werden würde von Hoeneß’ Auseinandersetzungen mit Beckenbauer sowie von Hoeneß’ Meinungsverschiedenheiten mit Rummenigge? Dringt ja ohnehin schon genug nach außen. Werden Hoeneß und Rummenigge offiziell und geben Statements für die Medien ab, müssen sie ihre Worte sorgfältig abwägen, als wären sie Politiker. Anders Beckenbauer. Der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende ist der Einzige der Troika, der es sich herausnimmt daherzureden, wie er mag, wie ihm der kaiserliche Schnabel gewachsen ist. Einer, der sich nicht den Mund verbieten lässt. Schon deshalb nicht, weil er ja gerade dafür bezahlt wird und in regelmäßigen Abständen seine Meinung via »Bild« kundtut – stets ein Dorn im Auge von Hoeneß und Rummenigge. Mit seinen Kolumnen im Springer-Blatt trifft Beckenbauer oft den Kern eines Problems, muss aber – gemäß der boulevardesken Überspitzung – in seinen Kommentaren zu weit gehen. Seit Jahren üben sich die anderen beiden daher im Kaiser-Spagat. Denn aufgrund seines Ruhms und seiner Aura ist Deutschlands weltweit bekanntester Fußballer des 20. Jahrhunderts in der Wahrnehmung der Fans unantastbar. Die elf Spielzeiten, in denen Beckenbauer von 1965 bis 1976 die Bayern-Mannschaft als Hirn und Motor prägte, sind bis heute die erfolgreichsten in der Geschichte des Vereins. In jenen elf Jahren, in denen der König des Außenristpasses das Spiel bestimmte, gewann Bayern 13 nationale und internationale Titel.
Auf der anderen Seite wird Beckenbauer aber nur noch informiert über zukunftsentscheidende Beschlüsse und Investitionen, er darf als Aufsichtsratsvorsitzender Entscheidungen lediglich abnicken. Vorschläge soll er nicht unbedingt mehr einbringen. Der Schaden, den unüberlegte Aussagen gegenüber den Medien in regelmäßigen Abständen anrichten, soll auf diese Weise minimiert werden. »Wenn wir ein börsennotiertes Unternehmen wären, hätte der Franz die eine oder andere Aussage sicher nicht machen können, denn die hätte den Kurs in den Keller geschickt«, sagte Hoeneß in einem Interview mit der »Frankfurter Rundschau«. Es ist die Spontaneität, die seine ehemaligen Mitspieler fürchten, diese Lichtgestaltlaunen. Hoeneß erklärte: »Franz ist eben sehr emotional. Und das wäre natürlich bei einem Unternehmen, das an der Börse notiert ist, sehr schwierig, weil das ja nicht nur Konsequenzen für den Verein hätte, sondern auch für den, der die Aktie hält. Der würde sich schön freuen, wenn sein Kapital wegen einer solchen Aussage am nächsten Tag 30 Prozent weniger wert ist.«
Was am 7. März 2001 der Fall hätte sein können. Am Abend zuvor hatte
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