High Fidelity (German Edition)
daß man sich jemanden aussucht, den man unmöglich verlieren kann, der niemals anziehend auf andere wirken kann. Wenn man sich überhaupt auf so etwas einlassen will, sollte man mit der Möglichkeit rechnen, daß es nicht hinhaut, daß z. B. jemand namens Marco oder, wie in diesem Fall, Tom auftaucht und einen kalt erwischt. Aber damals sah ich es nicht so. Alles, was ich damals begriff, war, daß ich eine Liga abgestiegen war, und es trotzdem nicht geklappt hatte, und dies schien mir ein ausreichender Anlaß für jede Menge Jammer und Selbstmitleid zu sein.
Und dann traf ich dich, Laura, und wir lebten zusammen, und jetzt bist du ausgezogen. Aber weißt du, du bietest mir damit nicht gerade etwas Neues. Wenn du dir einen Platz auf der Liste erobern willst, mußt du dir schon was Besseres einfallen lassen. Ich bin nicht mehr so verletzbar wie damals, als Alison oder Charlie mich zum Teufel schickten, du hast nicht wie Jackie meinen ganzen Tagesablauf auf den Kopf gestellt, du hast mir keine Schuldgefühle eingeflößt wie Penny (und du kannst mich unmöglich so demütigen, wie Chris Thomson es getan hat), und ich bin robuster als damals, als Sarah ging. Ich weiß trotz all der schwarzen Galle und der Selbstzweifel, die aus meinem Innersten aufsteigen, wenn man verlassen wird, daß du nicht meine letzte und beste Chance für eine Partnerschaft gewesen bist. Also, du weißt Bescheid. Netter Versuch. Knapp daneben. Man sieht sich.
h EUTE …
L aura geht am frühen Montagmorgen, nur mit einer Reisetasche und einer Plastiktüte. Es ist richtig ernüchternd zu sehen, wie wenig sie mitnimmt, eine Frau, die so an ihren Sachen hängt, an ihren Teekannen, ihren Büchern, ihren Kunstdrucken und der kleinen Skulptur, die sie in Indien gekauft hat: Ich blicke auf die Tasche und denke, mein Gott, daran sieht man, wie sehr sie dich satt hat.
Wir umarmen uns an der Wohnungstür, und sie weint ein bißchen.
»Ich weiß wirklich nicht, was ich hier tue«, sagt sie.
»Das sehe ich«, meine ich halb scherzend, halb im Ernst. »Du mußt jetzt nicht gehen. Du kannst bleiben, solange du willst.«
»Danke. Aber wir haben den schweren Teil jetzt hinter uns. Ich kann genausogut, verstehst du …«
»Gut, dann bleib wenigstens für heut nacht.«
Aber sie verzieht nur das Gesicht und greift nach der Türklinke.
Es ist ein unbeholfener Abgang. Sie hat keine Hand frei, versucht aber dennoch, die Tür aufzumachen und schafft es nicht. Also mache ich das für sie, aber ich stehe im Weg und muß ins Treppenhaus treten, um sie vorbeizulassen, und sie muß die Tür offenhalten, weil ich keinen Schlüssel habe, und dann muß ich mich wieder hinter sie schieben, um die Tür aufzuhalten, ehe sie zufallen kann. Und das wär's dann.
Ich muß mit Reue gestehen, daß sich ein großartiges Gefühl einstellt, eine Mischung aus Befreiung und nervöser Anspannung, es fängt bei den Zehen an und durchflutet mich in einer großen Welle. Ich habe das schon früher erlebt und weiß, daß es nicht viel zu bedeuten hat – zum Beispiel bedeutet es komischerweise nicht, daß ich die nächsten paar Wochen überglücklich sein werde. Aber mir ist klar, daß ich das Beste daraus machen sollte, solange es vorhält.
Und so feiere ich meine Rückkehr ins Königreich der Singles: Ich setze mich in meinen Sessel, in den, der hierbleiben wird und pule Stückchen aus der Füllung der Lehne, ich zünde mir eine Zigarette an, obwohl ich so früh noch gar keine Lust darauf habe, einfach weil es mir jetzt freisteht, in der Wohnung zu rauchen, wann immer ich will, ohne daß es Krach gibt. Ich frage mich, ob ich die nächste Frau, mit der ich schlafen werde, bereits getroffen habe, oder ob sie mir noch unbekannt ist. Ich überlege mir, wie sie aussehen mag, und ob wir es hier tun werden oder bei ihr, und wie es dort aussehen wird. Ich beschließe, mir das Chess-Logo an die Wohnzimmerwand malen zu lassen. (Da gab es einen Laden in Camden, in dem sie alle – Chess, Stax, Motown, Trojan – neben dem Eingang mit einer Schablone aufs Mauerwerk aufgemalt waren, und das sah phantastisch aus. Vielleicht kann ich den Typen auftreiben, der das gemacht hat, und ihn bitten, hier eine kleinere Version anzubringen.) Ich fühle mich okay. Ich fühle mich gut. Ich gehe zur Arbeit.
Mein Laden heißt Championship Vinyl. Ich führe Punk, Blues, Soul und R & B, ein bißchen Ska, Indie-Kram, Sixties-Pop – alles für den seriösen Plattensammler, wie die ironisch altmodische Schrift im
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