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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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ein langes, langes Schweigen. Das Schweigen ist sogar so lang, daß ich mir einen kompletten Streit zwischen Jimmy und Jackie Corkhill › Anmerkung ansehen kann, ohne mehr als ein gequältes Stöhnen aus dem Hörer zu vernehmen.
    »Hallo. Jemand da?«
    Und nun höre ich etwas – das leise Weinen meiner Mutter. Was ist das mit den Müttern? Was geht hier ab? Als Erwachsener weiß man, daß man mit fortschreitendem Alter mehr und mehr Zeit darauf verwenden muß, sich um den Menschen zu kümmern, der sich vorher um einen selbst kümmerte, das ist nur fair, aber meine Mum und ich haben die Rollen getauscht, als ich etwa neun war. Alles, was mir in den letzten Jahrzehnten an Schlechtem widerfahren ist – Nachsitzen, schlechte Zeugnisse, links liegengelassen zu werden, vom College zu fliegen, Trennungen von Freundinnen – ging so aus wie das hier, damit, daß Mum sichtbar oder hörbar am Boden zerstört war. Es wäre für uns beide besser gewesen, ich wäre mit fünfzehn nach Australien ausgewandert und hätte einmal die Woche angerufen, um von einer Reihe fiktiver großer Fortschritte zu berichten. Für die meisten Fünfzehnjährigen wäre es hart, alleine am anderen Ende der Welt zu leben, ohne Geld, ohne Freunde, ohne Familie, Job und Ausbildung, aber nicht für mich. Im Vergleich dazu, sich Woche um Woche diesen Mist anzuhören, wäre es ein Fliegenschiß gewesen.
    Es ist … tja, es ist nicht fair. Echt nicht fair. Es ist noch nie fair gewesen. Seit ich von zu Hause weg bin, hat sie nichts anderes getan, als zu jammern, sich zu sorgen und mir Ausschnitte aus der Lokalzeitung zu schicken, die von den bescheidenen Erfolgen ehemaliger Schulfreunde berichten. Ist das ein liebendes Elternhaus? Wenn ihr mich fragt, nicht. Ich wünsche mir Sympathie, Verständnis, Rat und Geld, und das nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, aber den Menschen in Canning Close sind diese Vorstellungen fremd.
    »Mir geht's gut, falls es das ist, was dir Kummer macht.«
    Ich weiß, daß es nicht das ist, was ihr Kummer macht.
    »Du weißt, daß es nicht das ist, was mir Kummer macht.«
    »Na schön, das sollte es aber verdammt noch mal sein, oder? Oder? Mum, ich bin gerade verlassen worden. Ich fühl' mich nicht so toll.« Und so schlecht auch nicht – die Beatles, eine halbe Flasche Chardonnay und Brookside haben ihre Wirkung getan – aber das werde ich ihr nicht erzählen. »Ich hab' auch ohne dich genug am Hals.«
    »Ich wußte, daß das passieren würde.«
    »Schön, wenn du gewußt hast, daß das passieren würde, warum bist du dann so betroffen?«
    »Und was machst du nun, Rob?«
    »Ich trinke den Rest einer Flasche Wein vor der Glotze aus. Dann gehe ich ins Bett. Dann stehe ich wieder auf und gehe zur Arbeit.«
    »Und anschließend?«
    »Ein nettes Mädchen kennenlernen und Kinder kriegen.«
    Das ist die passende Antwort.
    »Wenn es nur so einfach wäre.«
    »Ist es, versprochen. Wenn wir uns das nächste Mal sprechen, werde ich das geregelt haben.«
    Sie lächelt beinahe. Ich kann es hören. Ich sehe ein kleines Licht am Ende des langen, dunklen Telefontunnels.
    »Aber was hat Laura gesagt? Weißt du, warum sie gegangen ist?«
    »Nicht genau.«
    »Nun, ich schon.«
    Das alarmiert mich kurzzeitig, bis ich begreife, worauf sie hinaus will.
    »Es hat nichts mit dem Heiraten zu tun, Mum, falls du das meinst.«
    »Das sagst du. Ich würde gern mal ihre Meinung dazu hören.«
    Reg dich ab. Laß sie nicht … werd bloß nicht … ach, scheiß drauf.
    »Wie oft noch, um Himmels willen, Mum? Laura wollte nicht heiraten. Sie ist keine von denen, um es etwas platt zu sagen. Das ist es nicht, worum es gerade geht.«
    »Ich weiß nicht, worum es gerade geht. Außer, daß du ein Mädchen kennenlernst, ihr zieht zusammen, sie verläßt dich. Du lernst ein neues Mädchen kennen, ihr zieht zusammen, sie verläßt dich.«
    Volltreffer, muß ich zugeben.
    »Halt den Mund, Mum.«

    Mrs. Lydon ruft ein paar Minuten später an.
    »Hallo, Rob. Janet hier.«
    »Hallo, Mrs. L.«
    »Wie geht's?«
    »Prima. Und selber?«
    »Prima, danke.«
    »Und Ken?«
    Lauras Dad geht es nicht gut – er hat's am Herzen und mußte sich vorzeitig pensionieren lassen.
    »Nicht schlecht. Mal so, mal so. Du weißt schon. Ist Laura da?«
    Interessant. Sie hat nicht zu Hause angerufen. Ein mögliches Indiz für Schuldgefühle?
    »Leider nein. Sie ist bei Liz. Soll ich ihr sagen, daß sie Sie anruft?«
    »Wenn sie nicht zu spät zurückkommt.«
    »Kein Problem.«
    Und das ist

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