High Fidelity (German Edition)
trotzdem an den Punkt, wo man auch an der neuen Beziehung arbeiten muß.« (Phil)
»Ich kann dir sagen, Candlelight Dinners und zweite Flitterwochen sind selten. Darüber sind wir hinaus. Wir sind vor allem gute Freunde.« (Jackie)
»Man kann nicht mit dem ersten Menschen, der einen anmacht, ins Bett springen und hoffen, es würde die Ehe nicht zerstören, egal, was die Leute denken.« (Phil)
»Der Ärger mit den jungen Leuten heutzutage ist …« Nein. War nur Spaß. Aber sie predigen das, was sie haben, mit einem so missionarischen Eifer, als sei ich extra aus Nordlondon gekommen, um sie wegen Monogamie zu verhaften. Bin ich nicht, aber sie haben ganz recht zu denken, daß Monogamie, wo ich herkomme, als Verbrechen gilt: Sie verstößt gegen das Gesetz, weil wir alle Zyniker und Romantiker sind, manchmal beides in einem, und Heirat, mit ihren Klischees und ihrem ewigen Köcheln auf kleiner Flamme, ist uns so unwillkommen wie Knoblauch dem Vampir.
Ich bin zu Hause und mache ein Tape von ein paar alten Singles, als das Telefon klingelt.
»Hi. Ist das Rob?«
Ich ordne die Stimme jemandem zu, den ich nicht leiden kann, aber weiter komme ich nicht.
»Hier ist Ian. Ray.«
Ich sage nichts.
»Ich dachte, wir sollten uns vielleicht mal unterhalten? Ein paar Sachen klarstellen?«
Das ist … irgendwas … steht Kopf. Völlig Kopf. Kennt ihr das, wenn Leute diesen Ausdruck verwenden, um zu verstehen zu geben, daß etwas eigentlich Annehmbares völlig außer Kontrolle geraten ist? »Hier steht die Demokratie kopf.« Nun, ich möchte diesen Ausdruck verwenden, aber ich bin nicht sicher, was dieses irgendwas ist. Nordlondon? Das Leben? Die Neunziger? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß in einer anständigen, vernünftigen Gesellschaft Ian nicht bei mir anrufen würde, um einige Dinge klarzustellen. Erst recht nicht würde ich ihn anrufen, um einige Dinge klarzustellen. Ich würde ihn klarmachen, und wenn er eine Woche lang Latzhosen frühstücken will, ist er an der richtigen Adresse.
»Was gibt es klarzustellen?« Ich bin so wütend, daß meine Stimme zittert, wie sie es früher getan hat, wenn ich in der Schule kurz davor war, mich zu prügeln, und konsequenterweise klinge ich kein bißchen wütend: Ich klinge ängstlich.
»Na hör mal, Rob. Meine Beziehung zu Laura hat dich offensichtlich zutiefst verstört.«
»Ulkigerweise bin ich nicht gerade begeistert darüber.« Scharf und deutlich.
»Wir reden hier nicht von witzigem Understatement, Rob. Wir reden von Psychoterror. Zehn Anrufe pro Nacht, vor meinem Haus rumlungern …«
Scheiße, verdammte. Wie hat er das gesehen?
»Na, das hab' ich jetzt alles sein lassen.« Scharf und deutlich ist nicht mehr, jetzt nuschele ich irgendwie, wie ein Irrer, ein Schuldbewußter.
»Das ist uns aufgefallen, und wir sind froh darüber. Aber, weißt du … wie stellen wir den Frieden wieder her? Wir wollen es dir leichter machen. Was können wir tun? Ich weiß natürlich, wie einzigartig Laura ist, und ich weiß, daß es für dich im Moment nicht allzugut läuft. Es wäre schrecklich für mich, wenn ich sie verloren hätte. Aber ich möchte gerne denken, daß ich, wenn sie zu dem Entschluß käme, mich nicht mehr sehen zu wollen, diesen Entschluß respektieren würde. Verstehst du, was ich damit sagen will?«
»Ja.«
»Gut. Wie regeln wir das also?«
»Weiß nich.« Und dann lege ich den Hörer auf – nicht mit einem smarten, vernichtenden Einzeiler oder nach einer Flut wilder Schmähungen, sondern mit einem »Weiß nich«. Das wird ihm eine Lehre sein.
ER:
»Gut. Wie regeln wir das also?«
ICH:
»Ich hab' das längst geregelt, du erbärmliches kleines Sackgesicht. Liz hatte ganz recht, was dich angeht.« (Knallt Hörer auf.)
ER:
»Gut. Wir regeln wir das also?«
ICH:
»Wir regeln hier gar nichts, Ian. Wenigstens ich nicht. An deiner Stelle würde ich mir eine neue Telefonnummer besorgen. Ich würde meine Adresse ändern. Nicht mehr lange, und ein Auftritt vor deinem Haus und zehn Anrufe in der Nacht werden dir wie paradiesische Zeiten vorkommen. Nimm dich in acht, Hosenscheißer.« (Knallt Hörer auf.)
ER:
»Aber ich möchte gerne denken, daß ich, wenn sie zu dem Entschluß käme, mich nicht mehr sehen zu wollen, diesen Entschluß respektieren würde.«
ICH:
»Wenn sie zu dem Entschluß käme, dich nicht mehr sehen zu wollen, würde ich diesen Entschluß respektieren. Ich würde sie respektieren. Ihre Freunde würden sie respektieren. Jeder wäre hin und weg. Es
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