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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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ist fünfunddreißig, und sie sagt sich, daß das Leben für sie nicht mehr zu bieten hat, als das, was sie heute abend geboten bekommt, eine Pizza und einen alten Freund, den sie im Grunde nie so toll fand. Das ist eine ziemlich düstere Schlußfolgerung, aber es ist unschwer zu sehen, wie sie dahin gekommen ist.
    Oh, wir wissen beide, daß es darauf nicht ankommen sollte, daß es mehr im Leben gibt als Anschluß zu finden, daß an allem die Medien schuld sind, blablabla. Aber manchmal ist das schwer einzusehen, an einem Sonntagmorgen, wenn einem vielleicht noch zehn Stunden auf ein Bier im Pub und das erste Gespräch des Tages fehlen.
    Ich habe nicht das Herz für die Zurückweisungs-Unterhaltung. Hier gibt es keinen alten Groll, und ich bin froh, daß sie mich fallengelassen hat und nicht andersrum. Ich fühle mich auch so schon schuldig genug. Wir reden ein bißchen über Filme – sie mag Der mit dem Wolf tanzt, aber der Sound von Reservoir Dogs hat ihr nicht gefallen – und über Arbeit, und noch ein wenig über Tom, und ein wenig über Laura, auch wenn ich ihr nur sage, daß wir etwas stürmische Zeiten durchmachen. Und sie bittet mich noch rauf, aber ich gehe nicht mit, und wir sind uns einig, daß wir einen netten Abend hatten und daß wir das bald wiederholen müssen. Jetzt ist nur noch Charlie übrig.

W as macht das Experimentieren? Faßt ihr immer noch euren Pop-Ansatz weiter?«
    Barry funkelt mich an. Er redet höchst ungern über die Band.
    »Genau. Stehen sie wirklich auf dieselben Sachen wie du, Barry?« fragt Dick unschuldig.
    »Wir ›stehen‹ nicht auf Sachen, Dick. Wir spielen Songs. Unsere Songs.«
    »Stimmt ja«, sagt Dick. »Sorry.«
    »Oh, Quatsch mit Soße, Barry«, sage ich. »Wie klingen eure Songs? Beatles? Nirvana? Vater Abraham und die Schlümpfe?«
    »Unsere momentanen Einflüsse würden dir wahrscheinlich nichts sagen«, sagt Barry.
    »Laß es drauf ankommen.«
    »Hauptsächlich Deutsches.«
    »Was, Kraftwerk und so?«
    Er sieht mich mitleidig an. »Eher nicht.«
    »Wer dann?«
    »Von denen hast du noch nie gehört, Rob, also halt die Klappe.«
    »Nenn mir nur eine.«
    »Nein.«
    »Dann gib uns die Anfangsbuchstaben.«
    »Nein.«
    »Du hast selbst keinen blassen Schimmer, oder?«
    Er stampft aus dem Laden.
    Ich weiß, daß das jedermanns Kommentar zu allem ist, und es tut mir leid, aber wenn je ein Junge einen guten Fick gebraucht hat, dann Barry.

    Sie lebt noch immer in London. Ich bekomme ihre Telefonnummer und Adresse von der Auskunft – sie lebt in Ladbroke Grove, natürlich. Ich rufe an, halte den Hörer aber nur einen halben Zentimeter übers Telefon, um schnell auflegen zu können, wenn jemand drangeht. Es geht jemand dran. Ich lege auf. Ich versuche es etwa fünf Minuten später noch mal, nur daß ich diesmal den Hörer ein wenig näher ans Ohr halte, und ich kann hören, daß sich ein Anrufbeantworter, kein Mensch, meldet. Ich lege trotzdem auf. Ich bin noch nicht bereit, ihre Stimme zu hören. Beim drittenmal höre ich mir ihre Nachricht an; beim viertenmal hinterlasse ich selbst eine. Es ist unglaublich, sich vorzustellen, daß ich das jederzeit im vergangenen Jahrzehnt hätte tun können: Sie hat eine derartige Bedeutung erlangt, daß ich finde, sie sollte auf dem Mars leben, damit jeder Versuch, sich mit ihr in Verbindung zu setzen, Millionen von Pfund kosten und es Lichtjahre dauern würde, sie zu erreichen. Sie ist eine Außerirdische, ein Geist, ein Mythos, kein Mensch mit Anrufbeantworter und einem rostenden Wok und einer Zwei-Zonen-Dauerkarte.
    Sie klingt älter, glaube ich, und etwas schicker – London hat ihrem Bristoler Schnarren den Garaus gemacht –, aber es ist eindeutig sie. Sie sagt nicht, ob sie mit jemandem zusammenlebt – nicht, daß ich eine Nachricht mit intimen Details über ihre gegenwärtigen Amouren erwartet hätte, aber sie sagt nicht, na ja »Weder Charlie noch Marco können im Moment ans Telefon kommen«, oder irgend so was. Nur »Es ist niemand da, bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Pieps.« Ich hinterlasse meinen Namen, einschließlich Nachnamen, und meine Telefonnummer, und noch was von wegen lange nicht gesehen etc.
    Ich höre nichts von ihr. Einige Tage später versuche ich es wieder, und ich sage dasselbe. Immer noch nichts. Na, das klingt doch schon mehr nach unserem Thema Zurückweisung: eine, die ein Jahrzehnt, nachdem sie einen hat abblitzen lassen, nicht mal zurückruft.

    Marie kommt in den Laden.
    »Hi,

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