High Fidelity (German Edition)
schläft. Und Leute, denen es einigermaßen geht, die aber ihren Seelengefährten noch nicht gefunden haben, sollten aussehen wie, ich weiß nicht, gut, aber unruhig, wie Billy Crystal in Harry und Sally . Und Leute, die verzweifelt sind, sollten etwas tragen, ein gelbes Band vielleicht, das ihnen erlauben würde, von ebenso verzweifelten Menschen identifiziert zu werden. Wenn ich nicht mehr verzweifelt bin, wenn ich das alles geregelt habe, verspreche ich euch hier und jetzt, daß ich mich nie wieder darüber beklagen werde, wie der Laden läuft, oder über die Seelenlosigkeit moderner Popmusik, oder wie sie in der Sandwichbar die Straße runter mit dem Belag geizen (1,60 Pfund für Eimayonnaise und Knusperbacon, und keiner von uns hatte bisher je als mehr als vier Stückchen Bacon auf einem kompletten Brötchen) oder überhaupt irgendwas. Ich werde für alle Zeiten beseligt strahlen, aus reiner Erleichterung.
Für ein paar Wochen passiert nicht viel, womit ich meine, noch weniger als üblich. Ich finde eine Kopie von »All Kinds of Everything« in einem Ramschladen neben der Wohnung und kaufe sie für fünfzehn Pence und gebe sie Johnny, als ich ihn das nächstemal sehe, unter der Bedingung, daß er sich verpißt und uns nie wieder belästigt. Er kommt am nächsten Tag rein und beschwert sich, sie sei zerkratzt und will sein Geld zurück haben. Barrytown geben ein triumphales Debüt im Harry Lauder und rocken den Laden aus seinen Fundamenten, und es hat einen Riesenwirbel gemacht, und es sind Unmengen Leute da, die wie A & R-Männer › Anmerkung aussehen, und sie sind absolut ausgeklinkt, und, ehrlich, Rob, du hättest dabeisein sollen (Marie lacht nur, als ich sie danach frage, und sagt, jeder müsse schließlich klein anfangen). Dick versucht, mich zu einem Kleeblatt mit sich, Anna und einer Freundin von Anna, die einundzwanzig ist, zu überreden, aber ich gehe nicht mit. Wir sehen Marie in einem Folkclub in Farringdon auftreten, und ich denke während der traurigen Songs viel mehr an Laura als an Marie, obwohl Marie einen Song den »Jungs von Championship Vinyl« widmet. Ich gehe mit Liz auf ein Bier und sie lästert den ganzen Abend über Ray, was schön ist. Und dann stirbt Lauras Dad und alles ändert sich.
I ch erfahre es am selben Morgen wie sie. Ich rufe aus dem Laden ihre Nummer an, mit der Absicht, nur eine Nachricht auf ihrem Apparat zu hinterlassen. So ist es einfacher, und ich wollte ihr nur von einer ihrer Exkolleginnen erzählen, die eine Nachricht auf unserem Apparat hinterlassen hat. Meinem Apparat. Ihrem Apparat eigentlich, wenn wir von tatsächlichen Besitzverhältnissen ausgehen. Egal. Ich hatte nicht erwartet, daß Laura abnehmen würde, aber sie tut es, und sie klingt, als spräche sie vom Meeresgrund. Ihre Stimme klingt undeutlich und leise und tonlos, und von der ersten bis zur letzten Silbe in Rotz gebadet.
»Mann-o-mann, der Schnupfen reicht ja für zwei. Ich hoffe, du liegst mit 'nem heißen Buch und 'nem guten Schal im Bett. Hier ist Rob, übrigens.«
Sie sagt kein Wort.
»Laura. Hier ist Rob.«
Noch immer nichts.
»Bist du in Ordnung?«
Und dann ein schrecklicher Moment.
»Drecksloch«, sagt sie, obwohl die erste Silbe eigentlich mehr ein Geräusch ist, das »Drecks« muß ich mir zusammenreimen.
»Zerbrich dir jetzt darüber nicht den Kopf«, sage ich. »Leg dich einfach ins Bett und vergiß es. Kümmer dich drum, wenn es dir besser geht.«
»Dreck ist tot«, sagt sie.
»Wer zur Hölle ist Dreck?«
Diesmal kann ich sie hören. »Mein Dad ist tot«, heult sie. »Mein Dad, mein Dad.«
Und dann legt sie auf.
Ich denke dauernd an Leute, die sterben könnten, aber es sind immer Leute, die mit mir zu tun haben. Ich habe daran gedacht, wie ich mich fühlen würde, wenn Laura stürbe, und wie Laura sich fühlen würde, wenn ich stürbe, und wie ich mich fühlen würde, wenn meine Mum oder mein Dad stürbe, aber ich habe nie daran gedacht, daß Lauras Mum oder Dad sterben könnten. Warum sollte ich auch? Und obwohl er während der gesamten Dauer meiner Beziehung mit Laura krank war, kümmerte es mich nie sonderlich: Es war mehr so, mein Dad hatte einen Bart, Lauras Vater hatte es am Herzen. Ich dachte nie, daß es tatsächlich zu etwas führen könnte. Jetzt, wo er nicht mehr da ist, wünschte ich natürlich … was? Was wünschte ich? Daß ich netter zu ihm gewesen wäre? Ich war ausgesprochen nett zu ihm, die paar Male, bei denen wir uns getroffen haben. Daß wir uns
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