High Fidelity (German Edition)
schaut auf die Uhr.)
Usw. usf.
Nie wieder wird diese Kombination von Leuten zusammen um einen Tisch sitzen; daraus konnte von vornherein nichts werden, und das zeigt sich. Ich dachte, die Mehrzahl würde für ein Gefühl der Sicherheit und des Wohlbehagens sorgen, aber das tat sie nicht. Eigentlich kenne ich keinen dieser Menschen, nicht mal den, mit dem ich geschlafen habe, und zum erstenmal, seit ich mich von Laura getrennt habe, ist mir wirklich danach, mich zu Boden zu werfen und mir die Augen aus dem Kopf zu heulen. Ich habe Heimweh.
Angeblich sind es die Frauen, die sich durch Beziehungen in die Isolation treiben lassen: Irgendwann treffen sie sich mehr mit den Freunden des Kerls (arme Anna, die sich zu erinnern versucht, wer Richard Thompson ist und die Abwegigkeit ihrer simplemindigen Lebensweise vorgeführt bekommt), und wenn sie abgemeldet sind, oder wenn sie Schluß machen, stellen sie fest, daß sie sich von ihren Freunden zu sehr entfernt haben, die sie vor drei oder vier Jahren zum letztenmal richtig gesehen haben. Und vor Laura war das Leben für mich und die meisten meiner Partnerinnen auch so.
Aber Laura … ich weiß nicht, was passiert ist. Ich mochte ihre Clique, Liz und die anderen, die immer in den Groucho gekommen sind. Und aus irgendeinem Grund – verhältnismäßig erfolgreiche Karriere, vermute ich, und die damit einhergehenden Verzögerungen – war ihre Clique alleinstehender und flexibler als meine. Also spielte ich zum allererstenmal die Frauenrolle und investierte ziemlich viel in den Menschen, mit dem ich zusammen war. Es war nicht so, daß sie meine Freunde nicht gemocht hätte (nicht Freunde wie Dick und Barry und Steve und Dan, sondern richtige Freunde, die Sorte Leute, die ich mir zu verlieren erlaubt habe). Es war nur so, daß sie ihre Freunde lieber mochte und wollte, daß ich sie auch mochte, und das tat ich. Ich mochte sie lieber als meine eigenen, und ehe ich mich versah (eigentlich versah ich mich erst, als es zu spät war), war meine Beziehung das, was mir Orientierungssinn gab. Und wenn man seinen Orientierungssinn verliert, dann bekommt man Heimweh. Leuchtet ein.
Also, was nun? Es hat den Eindruck, als sei für mich Endstation. Das meine ich nicht im amerikanischen Rock'n'Roll-Suicide-Sinn; ich meine es im guten, alten Die-kleine-Lok-Sinn. Mir ist der Dampf ausgegangen, und ich bin mitten im Nirgendwo langsam ausgerollt.
»Diese Leute sind deine Freunde?« fragt mich Marie am nächsten Tag, als sie mich auf ein Nachgeburtstagssandwich mit Knusperbacon und Avocado ausführt.
»Ganz so schlimm ist es nicht. Es waren nur zwei davon da.«
Sie sieht mich an, um zu sehen, ob ich Witze mache. Als sie lacht, ist es klar, daß ich's tue.
»Aber das war dein Geburtstag.«
»Na ja. Und?«
»Dein Geburtstag . Und das ist das beste, was du zustande bringst?«
»Angenommen, heute wäre dein Geburtstag, und du wolltest heute abend einen trinken gehen. Wen würdest du einladen? Dick und Barry? T-Bone? Mich? Wir sind auch nicht deine besten Freunde der Welt, oder?«
»Hör auf, Rob. Ich bin nicht mal in meinem eigenen Land . Ich bin ein paar tausend Meilen weit weg von zu Haus.«
Geht mir genauso.
Ich beobachte die Pärchen, die in den Laden kommen, und die Pärchen, die ich in Pubs sehe und in Bussen, und durch Fenster. Einige von ihnen, diejenigen, die reden und sich berühren und lachen und viel fragen, sind offensichtlich frischgebackene, und sie zählen nicht: Wie die meisten Leute bin ich ganz gut als Hälfte eines frischgebackenen Pärchens. Es sind die etablierten, stilleren Paare, die, die angefangen haben, Rücken an Rücken oder Seite an Seite statt Auge in Auge durchs Leben zu gehen, die mich interessieren.
Eigentlich läßt sich aus ihren Gesichtern nicht viel herauslesen. Es gibt nicht viel, was sie von Alleinstehenden unterscheidet. Versucht mal, Menschen, an denen man vorbeiläuft, in eine der vier Lebenskategorien einzuordnen – glücklich vereint, unglücklich vereint, alleinstehend und verzweifelt –, und ihr werdet feststellen, daß ihr nicht in der Lage dazu seid. Oder vielmehr, ihr könntet es tun, hättet aber kein Vertrauen in eure Urteile. Das kommt mir unglaublich vor. Die wichtigste Sache im Leben, und man kann nicht sagen, ob jemand sie hat oder nicht. Das kann doch nicht angehen, oder? Sicher sollten doch glückliche Leute glücklich aussehen , immer, egal, wieviel Geld sie haben oder wie unbequem ihre Schuhe sind oder wie wenig ihr Kind
Weitere Kostenlose Bücher