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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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Schwuler, mit dem Laura auf dem College war, hatte Aids, ein Kumpel von meinem Kumpel Paul ist bei einem Motorradunfall umgekommen, und soundso viele von ihnen haben Eltern verloren –, ist das etwas, um das ich mich immer habe herumdrücken können. Jetzt sehe ich, daß es etwas ist, was ich für den Rest meines Lebens vor mir habe. Zwei Omas, Mum und Dad, Tanten und Onkel, und schließlich, es sei denn, ich bin der erste Mensch in meiner unmittelbaren Umgebung, der abtritt, Unmengen von Leuten meines Alters – vielleicht sogar früher als schließlich , wenn man davon ausgeht, daß es ein oder zwei Kandidaten für vorzeitiges Ableben gibt. Nachdem ich einmal angefangen habe, darüber nachzudenken, kommt es mir entsetzlich bedrückend vor, als würde ich für die nächsten vierzig Jahre zu mindestens zwei oder drei Begräbnissen pro Woche gehen müssen und weder die Zeit noch die Kraft zu irgendwas anderem haben. Wie schaffen die Leute das bloß? Muß man hingehen? Was, wenn man sich weigern würde, weil es einem einfach zu herb ist? (»Tut mir leid für dich, Laura, aber das ist einfach nicht mein Ding, verstehst du?«) Ich glaube, ich bringe es nicht über mich, älter zu werden, als ich bereits bin, und ich fange an, mürrische Bewunderung für meine Eltern zu entwickeln, nur weil sie bei Unmengen von Beerdigungen waren und sich nie laut darüber beklagt haben, jedenfalls nicht mir gegenüber. Vielleicht fehlt ihnen einfach die Phantasie einzusehen, daß Beerdigungen in Wahrheit noch deprimierender sind, als sie aussehen.
    Wenn ich ehrlich bin, gehe ich nur, weil es mir auf lange Sicht Vorteile bringen könnte. Kann man seine Exfreundin beim Begräbnis ihres Vaters rumkriegen? Wäre mir nie eingefallen. Aber man weiß ja nie.

    »Der Pastor sagt also ein paar Nettigkeiten, und dann was, stürmen wir alle raus und begraben ihn dann?«
    Liz spricht meine Rolle mit mir durch.
    »Es findet im Krematorium statt.«
    »Du nimmst mich auf den Arm.«
    »Natürlich nehme ich dich nicht auf den Arm, du Blödmann.«
    »Ein Krematorium? Mann, Mann.«
    »Welchen Unterschied macht das?«
    »Keinen, aber … Mann.« Darauf war ich nicht vorbereitet.
    »Was ist los?«
    »Ich weiß nicht, aber … Hölle noch mal.«
    Sie seufzt. »Soll ich dich an der nächsten U-Bahn-Station rauslassen?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Dann halt die Klappe.«
    »Ich will nur nicht umkippen, das ist alles. Wenn ich aus Mangel an Vorbereitung umkippe, ist es deine Schuld.«
    »Was für ein erbärmliches Exemplar du bist. Du weißt ja, daß keiner bei solchen Sachen Riesenspaß hat, oder? Du weißt, daß uns dieser Morgen alle furchtbar mitnehmen wird, oder? Es geht nicht nur dir so. Ich bin bei einer Einäscherung in meinem Leben gewesen und fand es schrecklich. Und auch wenn ich bei Hunderten gewesen wäre, würde es das nicht leichter machen. Hör auf, dich wie ein Baby zu benehmen.«
    »Warum kommt Ray nicht, was meinst du?«
    »Ist nicht eingeladen. Keiner aus der Familie kennt ihn. Ken mochte dich, und Jo findet dich toll.« Jo ist Lauras Schwester, und ich finde sie toll. Äußerlich ist sie wie Laura, aber ohne die scharfen Anzüge und die scharfe Zunge oder irgendwelche Supernoten und Abschlüsse.
    »Nichts weiter als das?«
    »Ken ist nicht dir zuliebe gestorben, weißt du. Als ob jeder ein Nebendarsteller in der Verfilmung deiner Lebensgeschichte wäre.«
    »Natürlich. Funktioniert das nicht bei jedem so?«
    »Dein Dad ist gestorben, oder?«
    »Ja. Schon vor langem. Als ich achtzehn war.«
    »War es schlimm für dich?« Entsetzlich. Blöd. »Noch lange danach?« Gerettet. Um Haaresbreite.
    »Ist es immer noch.«
    »Wie?«
    »Ich weiß nicht. Ich vermisse ihn noch und denke an ihn. Rede manchmal mit ihm.«
    »Was sagst du dann?«
    »Das bleibt zwischen ihm und mir.« Aber sie sagt es nett, mit einem kleinen Lächeln. »Er weiß jetzt mehr über mich, als er je wußte, solange er lebte.«
    »Und wessen Schuld war das?«
    »Seine. Er war der Klischee-Dad, immer überarbeitet, immer müde. Ich habe mir deswegen Vorwürfe gemacht, als er tot war, aber letzten Endes wurde mir klar, daß ich nur ein kleines Mädchen war, und ein ziemlich braves kleines Mädchen dazu. Es lag an ihm, nicht an mir.«
    Das ist toll. Ich werde Freundschaften mit Menschen pflegen, die tote Eltern oder tote Freunde oder tote Partner haben. Sie sind die interessantesten Menschen der Welt. Und erreichbar sind sie auch! Sie sind überall um uns herum! Selbst wenn

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