High - Genial unterwegs an Berg und Fels
wie immer: Langsam raufgehen, schnell klettern, langsam und vorsichtig wieder runter.
Wir waren vielleicht fünf Minuten unterwegs, als Jorg den guten Plan schon wieder vollkommen vergessen hatte. Er machte Tempo. Puls über 200, der Schweiß begann zu fließen, und das Einzige, woran ich dachte, war: Nur noch zwei Stunden und 55 Minuten, dann sind wir beim Einstieg. Nach einiger Zeit wechselten wir die Position, jetzt ging ich voran.
Natürlich um nichts langsamer als Jorg. Eine Stunde waren wir unterwegs, jetzt erspähten wir das erste Mal den Gipfel zwischen den Bäumen. Die Motivation stieg wie die Blasen im Bier, und nach einer kurzen Verschnaufpause ging es weiter, nun richtig schnell. Nach etwas mehr als drei Stunden hatten wir den Einstieg erreicht.
Anseilen und weiter. Die Route ist gemäß dem Buch von Walter Pause ungefähr 750 Meter lang. Die schwierigste Stelle war im fünften, das meiste jedoch im dritten oder vierten Schwierigkeitsgrad. Pures Vergnügen.
Eigentlich lief alles perfekt. Wir stressten uns nicht. Wenn uns das Material ausging, machen wir einfach Stand. Hielten hier und da einmal an, um die wunderschöne Umgebung zu genießen, der Blick reichte von der Zugspitze bis zum Großglockner. Nach drei Stunden genialer Kletterei, aufgeteilt auf sechs Seillängen, standen wir am 3064 Meter hohen Gipfel.
Der Abstieg sollte über die Rückseite führen und war als lang und anstrengend beschrieben. Nachdem wir die ersten 50 Meter abgeklettert waren, erreichten wir ein perfektes Schneefeld.
Perfekt, um auf unseren Goretex-Jacken runterzurutschen.
Lang und anstrengend. Keine Lust.
Es ging schnell bergab, aber nach 15 Minuten war der Spaß auch schon wieder rum. Rechts am Wasserfall vorbei, über die Wiese und den Bach zu einer alten Hütte. Natürlich wieder im Laufschritt. Plötzlich standen wir mitten in einem Labyrinth aus Büschen, über die wir nicht hinaussahen.
Wohin? Ich probierte, hier nach rechts zu queren. Jorg versuchte es 50 Meter unterhalb. Nach einer Weile hörte ich ihn rufen …
»Fuzzy! Wo bist du?«
»Da oben.«
»Wo?«
»Egal.«
»Ich hab den Weg gefunden.«
»Was?«
»Komm einfach her da!«
Keine fünf Minuten später stand ich neben Jorg und fluchte über die Büsche und Brennnesseln, mit denen ich Bekanntschaft gemacht hatte. Es war auf jeden Fall mehr Glück als Verstand, dass wir den Weg wieder gefunden hatten. Deshalb folgten wir ihm jetzt auch ohne einen unserer berühmten, berüchtigten Abkürzungsversuche bis zu einer Alm, auf der wir am Vortag unsere Mountainbikes deponiert hatten. Doch so schnell wollten wir nicht zurück ins Tal. Wir waren verdammt durstig und hatten sieben Euro in der Deckeltasche unseres Rucksacks. Sieben Euro = zweimal 3,30 Euro plus 40 Cent Trinkgeld = 2 Bier oder 2 Radler.
Bier oder Radler?
Immer diese Entscheidungen.
Sechzehn
Meine erste Bekanntschaft mit dem Rettungshubschrauber machte ich im »Schlund«. Der »Schlund« ist eine stark überhängende Wand im Zillertal, in deren unterem Drittel sich der Fels zu einem Trichter formiert, zu einem richtiggehenden Schlund. Reini hatte mit seinem Kollegen Much Maier das Projekt Schlund begonnen, war aber nicht weitergekommen als drei oder vier Seillängen hoch. Dann hatten die beiden es so lange ruhen lassen, bis Daniel und ich sie fragten, ob wir übernehmen dürften. Das gebietet die Kletterer-Ethik. Wenn jemand ein Projekt angefangen hat, pfuscht man ihm nicht ohne seine Zustimmung hinein.
»Kein Problem«, sagte Reini.
Zum ersten Mal waren Daniel und ich schon eingestiegen, bevor wir nach Yosemite gefahren waren. Wir waren ziemlich gut ausgerüstet gewesen, hatten aber nur das Ein-Mann-Portaledge dabei, in dem man zu zweit nicht besonders bequem in der Wand schlafen kann, und die Haulbag mit einer Menge Material, Friends, Normalhaken, allem Möglichen. Wir waren sechs Seillängen geklettert, hatten unzählige Normalhaken gesetzt und auch ein paar Bohrhaken. Wir hatten zu Reinis vier schon zwei weitere Seillängen dazugefügt, als es stark zu regnen begann. Der Regen sammelte sich im Felstrichter zu einer regelrechten Sturzflut, und wir mussten abseilen.
Am dritten Stand rutschte Daniel am nassen Fels aus und stürzte in die Sicherung. Eigentlich kein Problem, nur löste sich sein Haulbag. Daniel konnte bloß noch: »Achtung, Haulbag!!« schreien – und das Teil flog samt der Bohrmaschine fast 180 Meter in die Tiefe.
Es machte einen Mordsschepperer, als meine geliebte
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