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High - Genial unterwegs an Berg und Fels

High - Genial unterwegs an Berg und Fels

Titel: High - Genial unterwegs an Berg und Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lama
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Schultern, weil ich Angst habe, dass statt Schneestaub irgendwann doch ein Stein daherkommt, und dann denke ich daran, dass der Jorg meinen Helm aufhat und schreie: »Wenn ich einen Stein auf den Schädel krieg, erschlag ich dich.«
    Da ist die Lawine allerdings schon am Einschlafen.

Vierzehn
    Ich war schon als ganz Kleiner, als Fünfjähriger, Skitouren gegangen. Ohne Tourenbindung und mit Skiern, auf die der Opa Felle geklebt hatte. Aber sobald das Wettkampfklettern begann, fehlte mir die Zeit, schöne Touren zu gehen. Ich war zwei Jahre mit dem Snowboard auf der Piste unterwegs, aber das wurde mir schnell fad.
    Irgendwie gefiel mir Skifahren einfach besser.
    Ein Brett macht Spaß. Zwei Bretter machen doppelt so viel Spaß.
    Reini hatte mir den Floh ins Ohr gesetzt, wieder mit dem Skifahren anzufangen. Nach dem Training, wenn wir noch ein bisschen quatschten, erzählte er mir von Erstbefahrungen, die er gemacht hatte, von extrem steilen Rinnen, durch die er mit den Skiern hinuntergefahren war, und ich konnte am Glanz seiner Augen ablesen, dass diese Art, Ski zu fahren, etwas sein würde, was mir auch gefällt.
    Ich kaufte mir ein neues Paar Ski und eine Saisonkarte, und das Skifahren gefiel mir. Natürlich fuhr ich nur auf der Piste, wenn es unbedingt sein musste. Ich wurde besser, aber es ging mir zu langsam.
    Beim Regenerationstraining in Obergurgl im Ötztal saß ich abends im Quartier, als die Trainer der spanischen Jugend-Skinationalmannschaft auftauchten. Wir kamen ins Gespräch, und es kann schon sein, dass ich den Mund ein bisschen voll genommen habe. Jedenfalls nahmen sie mich am nächsten Tag mit auf die Piste, um zu schauen, ob ich so gut war, wie ich erzählt hatte. Die Burschen fuh ren mir natürlich um die Ohren, und ich nahm sofort alles zurück. Sie zeigten mir ein paar technische Kniffe. Die konnte ich gut brauchen. Klar, ich war auch bisher überall runtergekommen, aber eben so, wie es mir meine Mutter und mein Opa beigebracht hatten, und die beiden sind bei aller Liebe keine Leitsterne beim Skifahren. Ich fuhr wie ein mutiger Anfänger, der es nicht richtig gelernt hat.
    Also lernte ich.
    Ich lernte, dass du dich beim Skifahren echt etwas trauen musst.
    Ich lernte, dass du dem Impuls widerstehen musst, den jeder normale Skifahrer hat, wenn er in Schwierigkeiten kommt: dich zum Hang zu orientieren. Stattdessen musst du hangabwärts schauen, damit du immer Druck auf dem Außenski hast.
    Bald fuhr ich in echt anspruchsvolles Gelände und genoss neben den Schwüngen, die plötzlich leicht und sicher wurden, auch die Einsamkeit und die Tatsache, dass – neben dem Klettern – plötzlich interessante Herausforderungen auftauchten.
    Daniel ist ein guter Skifahrer. Gemeinsam probierten wir alles Mögliche aus. Als wir in diesem Winter eine Erstbefahrung in der Axamer Lizum, einem Lieblingsskigebiet der Innsbrucker, unternahmen, wo das Gelände felsig und über 50 Grad steil war, wurde mir bewusst, wie viel Steilwandfahren mit Klettern zu tun hat. Du darfst dir keine Fehler erlauben, weil wenn es dich haut, bist du weg, und zum Teil schleppst du auch ziemlich viel Ausrüstung mit, wenigstens bei den wilderen Sachen. Teilweise hatten wir den Eispickel dabei, den Handbohrer, das Seil sowieso, denn immer wieder enden die genialsten Steilhänge in Felsabbrüchen, über die man abseilen muss, mit den Skiern am Rücken.
    Wir lernten viel über Lawinen, blieben aber immer auf der sicheren Seite. Wir wollten verstehen, warum eine Lawine unter gewissen Umständen abgeht. Wollten lernen. Erfahrungen sammeln. Ich wollte mich lawinenmäßig nicht so schnell wieder irren.
    Als Daniel und ich mit dem Reinthaler Peter und dem Fotografen Philipp Horak auf die Wildspitze im Ötztal gegangen waren, um Fotos zu machen, fuhren wir anschließend nicht die normale Abfahrt hinunter, sondern querten zur Nordwand. Ein Tag mit perfekten Bedingungen. Die Nordwand beginnt flach, wird immer steiler und geht in eine 52 Grad steile Eisflanke über, die hin und wieder Kletterer mit Steigeisen hinaufgehen. Dieses Stück ist lustig. Du fährst und fährst, mit etwas abgehackten Schwüngen, wie man auf Eis eben fahren muss, und es zieht mächtig hinunter. Am Anfang hast du nicht das Gefühl, dass es steil ist. Aber wenn du in der Mitte der Flanke stehst, und unter dir geht es noch einmal 200 Meter hinunter – doch, dann kommt dir der Hang plötzlich sehr steil vor.
    Ich war an diesem Punkt schon lange vorbei, brachte aber keinen Schwung

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