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High - Genial unterwegs an Berg und Fels

High - Genial unterwegs an Berg und Fels

Titel: High - Genial unterwegs an Berg und Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lama
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mehr hin, weil das Eis nicht mehr so griffig wie im oberen Teil war, sondern glatt. Ich musste mich mit den Stöcken nach hinten in den etwas flacheren Teil am Rand manövrieren.
    Ich schaute und sah, dass das untere Ende der Flanke, wo es flacher wurde, durchgehend weiß war. Das Weiß verhieß guten Schnee, jedenfalls kein weiteres Eis.
    Daniel stand etwas über mir. Er wartete, was ich tun würde.
    Ich hatte eine Idee. Ich steckte beide Stöcke ins Eis, hüpfte um 90 Grad um, meine Skispitzen zeigten nach unten und ich beschleunigte schon wie ein Abfangjäger. Nach wenigen Sekunden genialen Speeds auf Eis tauchte ich in eine perfekte Pulverschneewolke ein. Hier konnten wir es richtig tuschen lassen, und als Daniel nachgekommen war und abschwang, waren wir beide außer Atem, und Daniel lachte wie verrückt.
    »Was lachst?«
    »Wie du die Ski auf Schuss gestellt hast, hab ich’s nicht mehr gefressen.«
    »Und dann?«
    »Hab ich die Ski auch auf Schuss gestellt …«

Fünfzehn
    Im Klettergarten von Céuse in der Provence schaute ich Kilian zu, der gerade die Route »Le Cadre« geklettert war. Jorg hatte ihn dabei von unten gesichert. Kilian holte die Schlingen, die er für den Durchstieg gebraucht hatte, aus der überhängenden Wand. Die letzte Schlinge war nur wenige Meter über dem Boden. Als Kilian sie aushängte, zog ihn das Seil nach außen, und er pendelte durch die Luft. Ich schaute mir den spektakulären Pendler ein bisschen neidisch an.
    Ich schrie nach oben: »Kili, lass mich auch mal pendeln.«
    Kilian hängte ein paar Expressschlingen aneinander und befestigte sie an seinem Gurt. Als er das nächste Mal vorbeipendelte, sprang ich auf und fuhr als Kilis Handgepäck auf dem Pendler mit, aber als wir ganz außen waren, wo man einen Augenblick in der Luft steht und in die andere Richtung neue Fahrt aufnimmt, sackten wir ab.
    Kilian schrie: »Was machst denn jetzt für einen Scheiß, Jorg?«
    Es fühlte sich so an, als würde uns Jorg einfach ablassen, aber so derb ist sein Humor auch wieder nicht. Außerdem hörten wir ihn auch schon schreien. Unser beider Gewicht hatte ihn einfach ausgehoben, er kam auf einer Höhe mit uns auf uns zugependelt.
    Vielleicht zwei, drei Meter über dem Boden krachten wir mit Schwung frontal zusammen, kawumm, wickelten uns samt Seil umeinander, und schrien, dass man uns im ganzen Klettergarten hören konnte. Als wir endlich wieder am Boden waren, lachten wir uns über den Blödsinn tot.
    Ganz wichtig, dass im selben Augenblick Chris Sharma an uns vorbeiging und uns misstrauisch musterte: Was sind das denn für Trottel …
    Jorg war an der Universität Innsbruck immatrikuliert, aber ernsthaft studieren tat er nicht. Mir schien, dass er vor allem darauf wartete, dass ich ihn anrief, ob wir nicht klettern gehen wollten. Jorg hatte nämlich das in meinen Augen Wichtigste begriffen:
    Es geht beim alpinen Klettern nicht so sehr um die Leistung als um das Erlebnis. Und es war immer ein Erlebnis, mit ihm klettern zu gehen.
    Als wir den Grundschartner im Zillertal machen wollten, nichts Wildes, saßen wir um zehn Uhr abends im Auto meiner Mutter und standen vor der schwierigen Entscheidung, ob wir nun einen Radler oder doch lieber ein Bier trinken sollen. Wir beschlossen, nicht länger da rüber nachzudenken. Eins nach dem anderen. Gegen zwölf Uhr waren die Flaschen leer und wir stellten fest: Es regnet …
    Wir schliefen im Auto. Am nächsten Tag um 5 Uhr 30 läutete der Wecker. Es war noch recht dunkel. Ich schaute durchs Fenster der Hintertür hinaus.
    »Jorg! Wolken. Dichte Wolken. Ich glaub, es regnet noch.«
    »Bist sicher?«
    »Schon ziemlich.«
    »Dann schlafen wir noch ein bisserl.«
    »Ok.«
    Aber eigentlich wollte ich gar nicht mehr schlafen. Ich begann mir Sorgen zu machen, dass wir die geplante Tour wegen dem Scheißwetter abbrechen müssen. Keine Ahnung warum, aber nach einigen Minuten öffnete ich die Autotür und schaute hinaus …
    »Jorg! Der Himmel. Der Himmel ist blau.«
    »Was?«
    »Blau ist es. Das Wetter ist super!«
    Ein paar Sekunden Stille, dann schaute auch Jorg aus seinem Fenster. Er brummte:
    »Aber auf meiner Seite sind Wolken. Und da müssen wir rauf.«
    Ich machte die Autotür wieder zu und legte mich hin. Einige Minuten vergingen, bis ich plötzlich in die Höhe schoss …
    »Jorg!«
    »Was ist?«
    »Wir sind so blöd!«
    »Was? Wieso?«
    »Da sind keine Wolken. Die Fenster sind nur angelaufen.«
    Nach 45 Minuten waren wir bereit zum Weggehen. Der Plan

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