High Heels im Hühnerstall
reichlich Ablenkung und fröhliche Gesellschaft.
Cal hatte sie alle eingeladen, gemeinsam mit dem Mann, den er liebte, zum Mittagessen zu gehen.
»Das meint der Begriff ›gemeinsam zum Mittagessen auszugehen‹ jedenfalls«, flüsterte Sophie, als Cal, sie und die Mädchen an einen Tisch geführt wurden, der lediglich vier Gästen Platz bot. »Daran hat man jedenfalls gedacht, als der Ausdruck ›Du bist total durchgeknallt‹ ersonnen wurde.«
»Ich bin nicht durchgeknallt«, zischte Cal zurück, als der Kellner die Serviette entfaltete und sie ihm auf den Schoß legte. »Ich habe gesagt, wir essen zusammen mit Steven, aber nicht unbedingt am gleichen Tisch. Ich habe ihn vor ein paar Tagen getroffen, und er hat mir erzählt, dass sein Freund, sein Partner, oder mit welchem abscheulichen Begriff er die Hure auch immer bezeichnet, übers Wochenende aus Frankreich kommt, und dass sie in diesem Lokal, in dem sie sich kennengelernt haben, zu Mittag essen wollen. Na ja, allein der Gedanke macht mich krank. Wärst du nicht hier, dann wäre ich übers Wochenende wieder nach Cornwall geflohen, um dem ganzen Trubel aus dem Weg zu gehen, aber du hast diesen Plan überraschend vereitelt, weil du noch immer hier bist. Und jetzt habe ich meinen natürlichen Instinkten nachgegeben, ihn zu stalken, wenn ich also zum Mittagessen ausgehe, dann ist das nur deine Schuld. Zum Glück bietet ihr, du und die Mädchen, eine hervorragende Deckung. Nur wenige Stalker sind mit einer heterosexuellen Frau und Kindern unterwegs.«
»Was bedeutet Stalker?«, fragte Izzy laut, während sie sich noch ein Stück Butterbrot in den Mund stopfte.
Das Restaurant, das Cal für seine psychotische Aktion ausgesucht hatte, war ein sehr gut besuchtes, aber ausschließlich vegetarisches Lokal mit fernöstlich inspirierter Küche am Rande von Islington. Es war bei Schriftstellern, Künstlern, Schauspielern und Leuten beliebt, die Schriftsteller, Künstler und Schauspieler sein wollten, und Sophie gewann den starken Eindruck, dass kleine Mädchen hier gewöhnlich nicht zum Mittagessen erwartet wurden, vor allem keine, die so gerne Fleisch aßen. Die Tischtücher waren blendend weiß und gestärkt, und auf dem Tisch stand eine Menge zerbrechlicher Gegenstände aus geschliffenem Glas, die kleinen Händen mit Sicherheit Schwierigkeiten bereiten würden. Fairerweise musste man zugeben, dass der Kellner seine Beunruhigung beim Anblick der Kinder fast gänzlich kaschiert hatte und sie sehr höflich zu ihrem Tisch geführt hatte, obwohl Izzy im Vorbeigehen ein Tischtuch und die Hälfte der Gewürze von einem Tisch riss, weil sich die Beine ihrer Lieblingsstoffkatze in den üppigen Falten verfangen hatten. Und er war die Geduld in Person geblieben, obwohl Bella in den zwanzig Minuten, die sie jetzt am Tisch saßen, ein Glas Cranberrysaft umgestoßen und das Tischtuch damit rosa gefärbt hatte, und Izzy mindestens anderthalb Laib des kostenlos servierten Brotes verschlungen hatte, das wohl das Einzige sein würde, was sie hier aß, wie Sophie vermutete.
Dann hatte Sophie ihn gefragt, wo Steven eigentlich sitzen würde, und Cal hatte ihr mitgeteilt, dass Steven gar nicht wusste, dass er ihn hier sehen würde.
»Stalken bedeutet, einen Menschen auf unangemessene Weise zwanghaft zu verfolgen, weil man denjenigen liebt, obwohl er dich nicht zurückliebt«, erklärte Sophie nach Cals Meinung viel zu laut.
»Heißt das also, dass ich Artemis stalke?«, fragte Izzy. »Weil ich sie lieb habe und immer versuche, sie dazu zu bringen, dass sie mit mir spielt, aber das tut sie nie.«
»Das liegt daran, dass sie nur mich mag, sogar mehr als Tante Sophie, und sie gehört immerhin ihr«, antwortete Bella hinter der Speisekarte, auf der sie nach etwas suchte, was sie mochte.
»Ja, ich vermute, du stalkst Artemis ein bisschen«, erklärte Sophie und lächelte Izzy an, »aber weil du vier bist und Artemis eine Katze ist, ist das in Ordnung. Wenn man jedoch ein erwachsener Mann ist und es eigentlich besser weiß, dann wird es zum Problem.« Sie warf Cal einen Blick zu. »Du hast also beschlossen, ganz zufällig in dem Lokal zu sein, von dem er dir erzählt hat, und zwar am gleichen Tag und zur gleichen Stunde, in der er hier ein romantisches Wiedersehen mit dem Mann, den er liebt, feiern will. Cal, er wird wissen, dass das kein Zufall ist. Er wird wissen, dass du durchgeknallt bist und ihn verfolgst wie ein liebeskranker junger Hund, der Freigang aus einer psychiatrischen
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