High Heels im Hühnerstall
erzählen, und sie wollte sicherstellen, dass sie genau die richtigen Worte wählte.
»Ich weiß, was du sagen willst, und du hast recht«, erklärte Louis und nahm Sophie damit den Wind aus den Segeln.
»Tatsächlich?«, fragte sie und holte Luft. »In welcher Angelegenheit?«
»Wenn es darum geht, den Mädchen die ganze Wahrheit über Seth zu erzählen. Ich muss mit ihnen reden. Ich muss ihnen erklären, dass ich nicht irgendeinem beliebigen Jungen helfe. Ich muss ihnen sagen, dass ich sein Vater bin und er ihr Halbbruder ist.«
Auf der anderen Seite der Wohnzimmertür waren ein vernehmliches Schnaufen und das Geräusch von Glas zu hören, das auf den Fliesen im Flur zersplitterte.
»Oh, nein«, flüsterte Sophie, als die Wohnzimmertür mit Schwung aufgestoßen wurde, was Scooby veranlasste, sich auf die Beine zu rappeln und die Treppe hinaufzusausen.
»Du LÜGNER!«, schrie Bella, so laut sie konnte, Glassplitter um ihre nackten Füße verstreut, das Gesicht vor Wut rot angelaufen, die Augen vor Zorn und Empörung funkelnd. »Du Lügner, du Lügner, du Lügner – du hast gesagt, Seth wäre nur ein verschwundener erwachsener Junge. Du Lügner!«
»Bella, Schatz, rühr dich nicht vom Fleck!«, stieß Sophie aus, aber es war bereits zu spät. Bella kam über die Glassplitter ins Zimmer gerannt, allem Anschein nach, ohne etwas zu spüren. Louis sprang auf und versuchte, sie festzuhalten, aber sie stürzte sich auf ihn und schlug mit geballten Fäusten auf ihn ein, sodass beide auf den Boden sanken.
»Warum hast du es uns nicht gesagt, warum?«, brüllte sie, während sie auf ihn einhämmerte. »Verlässt du uns wieder? Wirst du jetzt mit dieser Wendy-Frau und Seth zusammenleben? Wirst du uns im Stich lassen, wie schon einmal?«
Bella schrie und trat und schlug um sich, während Louis versuchte, sie zu bändigen. Sophie sah, dass Bellas Fußsohlen bluteten, deshalb kniete sie sich hin und streckte die Arme aus, um Bella zu beruhigen, deren Schläge sie an Armen und Brust trafen.
»Komm schon, komm schon«, sagte Sophie sanft. »Komm schon, Baby, beruhige dich. Komm zu mir, und lass mich deine kleinen Füße anschauen. Ich glaube, du hast dich geschnitten.«
Bella, deren Wut genauso plötzlich verlosch, wie sie entfacht war, wandte sich Sophie zu, schlang die Arme um ihren Hals und schluchzte, und der Blick, den sie Louis zuwarf, verriet nichts als Schmerz und Fassungslosigkeit. Vorsichtig hob Sophie sie hoch und trug sie zum Sofa hinüber. So hatte sie Bella schon lange nicht mehr erlebt, seit Monaten nicht mehr, als sie sich an den Gedanken zu gewöhnen versuchte, dass ihr Vater wieder in ihr Leben getreten war. Sophie und Louis hatten die beiden Kinder in den Londoner Zoo mitgenommen, und Bella war auf Izzy wütend geworden, weil die sich naiverweise darauf gefreut hatte, dass sich ihr Daddy nun, wo ihre Mummy tot war, um sie kümmern würde. Damals hatten Bellas Schmerz und Wut Sophie schockiert; es war ein beängstigender Anblick gewesen, wie das kleine Mädchen wirklich mit ihrer Trauer und den Turbulenzen umging. In den vergangenen Monaten hatte Sophie gehofft, dass Bella sich inzwischen in der Gewissheit, dass sie umsorgt und geliebt wurde, sicher und geborgen fühlte. Sie wusste, wie besessen die Siebenjährige davon war, über alle Fakten Bescheid zu wissen, und sie verstand den Grund. Doch selbst sie war verblüfft, wie unsicher und gefährdet Bella sich noch immer fühlen musste. Wie viel Schmerz und Angst sie die ganze Zeit kaschiert hatte. Das arme Kind war noch immer nicht davon überzeugt, dass ihre Welt ein sicherer Ort war, und das würde sie nach dem so plötzlichen Verlust der Mutter vielleicht auch nie sein.
Langsam ließ Bellas Zittern nach, als Sophie ihr den Rücken streichelte, und ihre Atmung ging in gleichmäßige Schluchzer über. Sophie schaute Louis über Bellas Kopf hinweg in die Augen, als er sich auf den Boden kniete und verzweifelt seine Tochter ansah.
»Ich wusste es, ich wusste es.« Sie wandte sich von Louis ab und weinte in Sophies Haare hinein. »Ich wusste es, dass er wieder geht, ich wusste es, dass er uns wieder verlässt.«
»Nein, Bellarina, ich verlasse euch nicht – ich würde euch niemals verlassen.«
»Das hast du schon einmal gemacht«, sagte Bella vorwurfsvoll und drehte den Kopf ein Stück, um ihn anzusehen. »Und jetzt gehst du wieder, und das will ich nicht. Das ist nicht fair, Daddy!«
»Nein, nein, Schatz – so ist es nicht. Ich gehe nicht fort.
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