High Heels im Hühnerstall
leid, ich habe vergessen, dass ich nicht fluchen darf. Sie ist also cool, diese Sophie, nicht wahr?«
»Sie schläft in ihren Kleidern«, berichtete Izzy und kicherte wieder los.
»Sie hat uns hoch und heilig versprochen, sich um uns zu kümmern«, erzählte ihm Bella. »Sie ist es nicht gewöhnt, Mummy zu sein, aber sie strengt sich wirklich sehr an, unsere Mummy zu ersetzen, obwohl sie sich damit nicht auskennt und obwohl wir eine Mummy haben, die wir lieben, haben wir sie wie eine echte Mummy lieb. Eine zusätzliche, die uns Essen macht und uns in den Arm nimmt.«
»Und sie spricht mit uns über Mummy, wann immer wir es wollen«, erklärte Izzy auf einmal nachdenklich. »Daddy redet eigentlich nie mit uns über Mummy, aber Tante Sophie tut es ständig, und das hilft uns, uns an sie zu erinnern.«
Sophie drückte die Hand auf ihre Brust, sie wünschte sich sehnlichst, zu den Mädchen zu laufen, sie in die Arme zu schließen und ihnen zu sagen, wie dankbar und froh sie war, dass sie die Chance hatte, sie lieb zu haben. Aber sie hatten sich mit ihr noch nie so unterhalten, und ihr wurde allmählich klar, dass es so vieles gab, was sie dachten und fühlten, von dem sie keine Ahnung hatte. Aus irgendeinem Grund konnten sie darüber mit diesem Bruder sprechen, den sie kaum kannten, und sie wollte noch mehr hören.
»Und sie hat Daddy sehr lieb, sie küssen sich ganz oft«, fügte Bella hinzu.
»Dann war für euch beide also alles ziemlich gut, bis ich aufgekreuzt bin?«, wollte Seth wissen.
»Ja«, antwortete Izzy. »Wir heiraten Tante Sophie, und wir bekommen Flügel.«
»Ihr braucht mich also nicht in eurer Nähe, damit ich euch alles vermassele, oder?«, fragte Seth und stand so abrupt auf, dass Sophie sich hinter ihrem Felsen anspannte. Auch Bella und Izzy erhoben sich, und als Seth, die Mädchen im Schlepptau, auf den Rand des Kliffs zusteuerte, verringerte sich der Sicherheitsabstand zur Kante beängstigend. »Für euch beide kleinen Häschen wäre es das Beste, wenn ich von hier verschwinde, einfach verdufte und euch euer Leben leben lasse.«
»Nein! Bleib da!« Izzy rannte schnurstracks auf Seth und den gähnenden Abgrund hinter ihm zu, bekam jedoch im allerletzten Moment gerade noch seine Hand zu fassen und prallte gegen ihn.
»Ja, bleib da!«, meldete Sophie sich endlich mit einer Stimme zu Wort, die gerade laut genug war, dass man sie über die durch das Gras pfeifende Meeresbrise hinweg hören konnte, und sie achtete darauf, ruhig und freundlich zu sprechen, ohne ihre Angst, ihre Wut und ihr Entsetzen zu verraten. »Bleib da, Seth, und bitte geh nicht näher an die Kante heran.«
»Tante Sophie!« Wie sie gehofft hatte, ließ Izzy Seths Hand los und rannte auf sie zu, unmittelbar gefolgt von Bella. Sie schloss die beiden in die Arme und presste ihre kleinen Körper an sich, als könnte sie sie irgendwie mit ihrem Fleisch verschmelzen und sie für immer vor Unheil bewahren.
»Wir waren mit Seth unterwegs«, sagte Izzy. »Wir haben Schokolade getrunken.«
»Du hast uns gesucht. Kriegen wir Ärger?«, fragte Bella, die ihre Arme fest um Sophie geschlungen hatte.
»Nein, nein … Niemand kriegt Ärger«, antwortete Sophie wohlüberlegt, während sie hörte, dass das Geräusch von Polizeisirenen immer näher kam. Sie fragte sich, ob Carmen besorgt gewesen war, weil sie so lange wegblieb, und die Polizei alarmiert hatte. »Ich habe mir große Sorgen um euch gemacht, aber ihr bekommt keinen Ärger.«
»Tut mir leid«, sagte Seth, der mit dem Rücken zum Meer stand. Er sah aus wie ein kleiner Junge, der beim Stibitzen von Süßigkeiten erwischt worden war.
»Du dummer Junge«, sagte Sophie mit leiser Stimme, da sie die Mädchen umklammert hielt. »Es muss dir wahrlich leidtun. Du kannst nicht einfach das Leben anderer Menschen durcheinanderbringen, bloß weil du eine schwere Zeit durchmachst. Egal, wie schwierig oder verkorkst du dein Leben findest, du hast nicht das Recht, zwei kleine Kinder da hineinzuziehen und sie in Gefahr zu bringen.«
»War da irgendeine Gefahr?«, fragte Izzy plötzlich verunsichert. »Was, vielleicht Monster?«
»Lass Seth in Ruhe«, sagte Bella empört. »Er war nett zu uns, nicht böse. Kein Monster.«
»Ich weiß, Schatz, aber er hätte euch nicht mitnehmen dürfen, ohne zu fragen. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
»Tut mir leid, Sophie, das alles …« Seth trat einen Schritt auf sie zu. »Aber ich hätte ihnen niemals wehgetan. Ich wollte sie ohne Mum und Louis
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