High Heels im Hühnerstall
weiteren Kindern, einfach abzutun. Sie hatten nie darüber gesprochen. Das war einer der vielen Punkte, die sie über den Mann, den sie heiraten wollte, nicht wusste, einer jener Punkte, die sie, wie sie ihrer Mutter, Cal und allen anderen, die es hören wollten, so zuversichtlich erklärt hatte, nach der Hochzeit herausfinden würde und die zu dem großen Abenteuer eines Lebens mit ihm gehörten. Was aber, wenn er es ernst meinte? Wenn er wirklich keine weiteren Kinder mehr wollte, was dann? Sophie wusste nicht einmal selbst, ob sie Kinder haben wollte, aber der Gedanke, dass ihr jemand mitteilte, sie würde keine bekommen, gab ihr das Gefühl, in die Enge getrieben und wütend zu sein. Emotionen, die sie unter Kontrolle bringen musste, zumindest vorläufig, ob es ihr gefiel oder nicht.
»Sophie?«, meldete sich Izzy zu Wort, deren Gesicht mit Sorbet verschmiert war. »Ich würde Mummy zu dir sagen, wenn Mummy nicht wäre, weil ich dich ganz doll lieb habe.«
Sophie blinzelte die Tränen weg und zwang sich zu lächeln, bevor sie aufblickte und ihren Handrücken an Izzys klebrige Wange legte.
»Es ist lieb von dir, dass du das sagst«, antwortete Sophie freundlich. »Vielen Dank, Izzy.«
»Und jetzt«, sagte Louis, der Izzy von ihrem Stuhl hob und sie unter den Arm klemmte, »ist es Zeit für die Badewanne. Bella, lauf nach oben, hol eure Schlafanzüge und such ein paar Handtücher, wir müssen dieses Monster sauber schrubben!«
Izzy quiekte vor Lachen, als Louis sie kitzelte, und Sophie fürchtete schon, das Sorbet könnte gleich wieder herauskommen, als er sie verkehrt herum baumeln ließ, sie an den Knöcheln hielt und wie ein Pendel hin und her schwang, bevor er sie absetzte und sie die Treppe hinaufkrabbeln ließ.
»Ist bei dir alles in Ordnung?«, fragte Sophie.
Er sah sie in dem kalten, gnadenlos blendenden Licht der Küchenbeleuchtung lange an.
»Nein«, sagte er. »Das glaube ich nicht.«
Sophie beobachtete Louis, wie er in seinem Wohnzimmer auf und ab tigerte und alle paar Runden zu Tango hinüberging, der auf dem Rücken ausgestreckt vor dem Kamin lag und sich den Bauch wärmte, nachdem er zwei Würste stibitzt hatte, die auf dem Grill übrig geblieben waren. Artemis, die oben auf dem Bücherregal saß, hielt den Blick fest auf Louis geheftet, und ihr Kopf folgte seinen Bewegungen, als könnte sie sich jeden Augenblick auf ihn stürzen und versuchen, ihn zu Boden zu ringen, was Sophie bei einer Katze, die noch nicht verkraftet hatte, dass sie keine Würste abbekommen hatte, für nicht ganz undenkbar hielt.
Die Mädchen waren seit etwa zwanzig Minuten still, was in der Regel bedeutete, dass sie fest schliefen und nicht mit irgendeinem spontanen nächtlichen Kunstprojekt oder einer Musicalaufführung beschäftigt waren. Normalerweise hätte Louis Tango inzwischen nach oben gescheucht, wo der Kater den wärmsten Ort gesucht hätte, um sich zusammenzurollen und sein Essen zu verdauen, während Artemis draußen in der kühlen Nachtluft umherstreifen und mit ganzer Hingabe kleine Säugetiere ausnehmen würde, und Sophie würde in Louis’ Armen liegen. Sie würden zwischen langen Küssen in Kurzform über ihren Tag reden. Aber das war nicht die Realität, wie Sophie klar wurde, während sie ihn beobachtete – dies hier war die Wirklichkeit. Schwierigkeiten, Verletzungen und Probleme, die sie gemeinsam bewältigen mussten. Sie hatten sich unter belastenden Umständen kennengelernt, das stand zweifelsfrei fest; durch Trauer und Verlust hatten sie zueinander gefunden. Aber in den vergangenen Monaten war alles vollkommen gewesen, absolut vollkommen, und es hätte so bleiben können, wäre sie Seth und Wendy auf der Hochzeitsmesse nicht über den Weg gelaufen. Doch das konnte sie nicht rückgängig machen. Es war passiert, und jetzt musste sie einen Weg für sich und Louis finden, sich der Sache gemeinsam zu stellen. Das Problem bestand darin, dass eine Unterhaltung mit ihr allem Anschein nach das Letzte war, was er wollte. Sie hatte sogar den Eindruck, dass es ihm lieber gewesen wäre, sie wäre gar nicht da, und dass er sie irgendwie für die Zeugung seines Sohnes vor zwanzig Jahren verantwortlich machte.
»Bitte, Louis, schließe mich nicht aus. Sag mir, wie du dich fühlst«, flehte sie ihn an.
»Was ich fühle?« Louis stieß ein freudloses Lachen aus, während er wieder zu seinem ausgestreckt daliegenden Kater hinüberging. »Was ich fühle? Sophie, ich habe keine Ahnung. Nein … Nein, das ist
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