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High Heels im Hühnerstall

High Heels im Hühnerstall

Titel: High Heels im Hühnerstall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowan Coleman
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meine Freundin – ist gestorben, und ich war der Vormund der Mädchen. Louis war in Peru …«
    »Er hat die Kinder also im Stich gelassen«, mutmaßte Seth.
    »Nein, na ja, nicht so richtig; das ist eine lange Geschichte, aber die Kurzversion lautet, dass ich das anfangs auch geglaubt habe. Ich dachte, er sei ein Nichtsnutz, ein zwielichtiger Versager, der seine Frau und seine Kinder verlassen hat und dann nach Jahren auftaucht und meint, alles sei wieder in Ordnung, bloß weil er jetzt bereit ist, den Daddy zu spielen. Aber dann habe ich ihn kennengelernt und gemerkt, dass er ein großartiger, wunderbarer Mensch ist. Und auch seine Töchter haben das herausgefunden. Ich glaube, wir drei haben uns zur gleichen Zeit in ihn verliebt.«
    »Da seid ihr ihm ordentlich auf den Leim gegangen«, stellte Seth kopfschüttelnd fest. »Und dabei wirkst du so clever.«
    »Clever?«, fragte Sophie.
    »Ich meine, du siehst nicht wie die Frauen aus, die in irgendeinem Kaff landen, in einer Pension wohnen und einem Mann hinterherlaufen. Du siehst aus, als wärst du eine eigenständige Person.«
    »Ich bin eine eigenständige Person«, beharrte Sophie. »Ich habe mich entschlossen, hierher zu ziehen. Es ist ja nicht so, als hätte Louis mich hypnotisiert, um mich hierher zu schaffen.«
    »Soweit du weißt«, erklärte Seth, und seine Augen weiteten sich. Eine Sekunde lang lächelten sie sich an.
    »Darf ich dich etwas fragen?«, sagte Sophie. »Louis hat dich nicht im Stich gelassen, er hat nichts von dir gewusst, bis vor wenigen Tagen nicht, und sobald er es wusste, wollte er dich kennenlernen. Er wollte herausfinden, wie er Teil deines Lebens werden kann. Wieso kannst du ihn dafür so hassen?«
    Seth zuckte mit den Achseln. »Ich hatte nie einen Dad, keinen richtigen. Ach, da war Ted, der Typ, der dumm genug war, meine Mum zu heiraten, aber er ist nicht lange bei uns geblieben. Und inzwischen finde ich das in Ordnung, ich meine, es ist mir schnurzegal. Aber als ich klein war, war es schwierig, damit fertig zu werden. Weißt du, beim Vater-Sohn-Rennen am Sporttag oder wenn die anderen Jungs immer wieder mit ihrem Dad zum Fußball gegangen sind oder einen Campingausflug gemacht haben. Ich hatte meinen Großvater, und er hat sein Bestes getan, aber das war nicht das Gleiche, oder? Es war eben nicht mein eigener Dad.«
    »Ich weiß«, sagte Sophie und dachte an ihr erstes Weihnachtsfest ohne ihren Vater. Aber zumindest hatte sie genau gewusst, was sie in ihrem Leben vermisste, während Seth nie die Chance bekommen hatte, das herauszufinden.
    »Jedenfalls hat das damals wehgetan. Aber ich habe mich arrangiert. Mum hat ihr Bestes getan, mich nie im Stich gelassen, und Oma und Opa waren immer da. Ich habe mich daran gewöhnt und mich damit abgefunden. Aber ich konnte es mir nicht verkneifen, an ihn zu denken, an diesen Mann – meinen Vater, von dem Mum mir erzählt hatte, dass sie ihn sehr geliebt hat und er sie ebenfalls. Dann lag ich nachts im Bett und habe versucht, ihn mir vorzustellen, und habe mich gefragt, warum in aller Welt er nicht gekommen war, um Mum, die Frau, die er so geliebt hat, und seinen Sohn ausfindig zu machen. Ich habe mich nach ihm gesehnt, mir inständig gewünscht, dass er eines Tages am Schultor aufkreuzt oder wie aus heiterem Himmel an einem Weihnachtsmorgen vor der Tür steht. Und ich habe mir ausgemalt, dass er Mum in die Arme schließen und küssen würde, und dann würde er mich anschauen und sagen: »Sohn, ich verlasse dich nie mehr.« Und ich habe mich immer wieder gefragt, ob er wohl ebenfalls wach dalag, an die Zimmerdecke starrte und sich über mich Gedanken machte. Aber er ist nie bei der Schule aufgetaucht oder an Weihnachten vorbeigekommen, und als ich größer wurde, habe ich aufgehört, an ihn zu denken. Ich habe selbst herausgefunden, wie man zum Mann wird. Und jetzt geht es mir gut. Ich habe meine eigene Wohnung, ich gehe auf das College, ich spiele in einer Band, habe meine Kumpels und so viele Frauen, wie ich nur haben will. Ich bin glücklich. Ich bin mit mir im Reinen, und dann ist er auf einmal da, mein Dad. Er ist aus heiterem Himmel aufgetaucht, so wie ich es mir immer gewünscht habe.« Seth stieß ein freudloses Lachen aus. »Und er hat nicht nur nicht an mich gedacht und sich nicht nur keine Gedanken um mich gemacht, sondern hat bis vor wenigen Tagen nicht einmal gewusst, dass es mich überhaupt gibt, und die vielen Stunden und Tage, die ich als Kind damit verbracht habe, mich nach

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