High Heels im Hühnerstall
offenbar mich mit diesem jungen Mann vor Augen, was ihn wirklich eifersüchtig gemacht hat, und das wiederum hat ihn mich umso mehr begehren lassen. Es hat Wunder gewirkt, kann ich Ihnen sagen.«
Sophie überlegte ein paar Sekunden, was sie darauf antworten sollte, aber Grace hatte sie wieder einmal völlig sprachlos gemacht.
»Und, haben Sie diesen Donald für Ihren letzten Ehemann verlassen?«, fragte sie schließlich.
»Nein«, antwortete Grace und lächelte reumütig. »Er hat beim Sex einen Herzinfarkt erlitten. Ich habe ihn vermisst, den armen alten Kerl, aber es war genau die Art und Weise, wie er abtreten wollte. Wir waren zehn Jahre zusammen, davon acht Jahre mit wunderbarem Sex, deshalb darf ich mich nicht beklagen.«
»Sie würden also behaupten, dass man eine Ehe nur auf Sex aufbauen kann?«, fragte Sophie und dachte daran, dass ihre Beziehung zu Louis in den vergangenen Monaten genau darauf basierte.
»Ja, solange einer von Ihnen beiden stirbt, bevor Sie aufhören, aufeinander scharf zu sein«, antwortete Grace. »Andernfalls stellt man, sobald sich die Sache mit dem Sex ein wenig legt, normalerweise fest, dass man einander abgrundtief hasst und sich nichts zu sagen hat.«
Das war nicht gerade die Antwort, die Sophie erhofft hatte.
»Ich bringe Seth jetzt den Kaffee«, sagte Sophie und füllte den größten Becher, den sie finden konnte, bis zum Rand. »Wollen Sie, dass ich Sie in Ihr Zimmer bringe?«
»Nein, danke, Liebes.« Grace lächelte. »Ich komme bestens zurecht. Aber wenn Sie so lieb wären und mir meine heiße Schokolade reichen würden, bevor sie eiskalt wird, wäre das nett.«
Sophie blieb stehen und betrachtete den ausgestreckt auf dem Sofa liegenden Seth. Er hatte eine irritierende Ähnlichkeit mit Bella, wenn sie tief und fest schlief und sich mit solcher Unbekümmertheit der Bewusstlosigkeit hingab, dass man fast glauben konnte, sie lebe ihr wahres Leben in ihren Träumen. Alle Zweifel oder sogar Hoffnungen, Seth könnte vielleicht doch nicht von Louis sein, waren dahin, als sie ihn beobachtete; er schnarchte sogar wie Bella.
»Seth.« Sophie ging in die Hocke und schüttelte ihn sanft an der Schulter. »Seth, ich hab dir Kaffee gemacht.«
Flatternd gingen seine Augen auf und fixierten sie – dunkle Schlitze unter seinen schweren Lidern.
»Bin ich wirklich bei dir?«, fragte er mit belegter Stimme. »Oder träume ich?«
»Du bist in der Pension, in der ich wohne«, antwortete Sophie und stellte den Kaffee ab, dann nahm sie seine Hand und zog ihn hoch. »Ich habe dir ein Zimmer für die Nacht gebucht; morgen kannst du zu deiner Mutter gehen und mit ihr reden, wenn du wieder einen klaren Kopf hast.«
Vorsichtig reichte sie ihm den heißen Kaffee. »Ich habe Zucker hineingetan, ich hoffe, das ist in Ordnung.«
Seth nippte an dem Kaffee, und seine Hände umklammerten den Becher wie Izzy, wenn sie heiße Schokolade trank. »Der ist spitze«, sagte er. »Du bist sehr nett, weißt du. Du hättest mich nicht retten müssen. Du hättest mich zum Ausnüchtern in der Gosse liegen lassen können. Das ist mir schon mehrfach passiert.«
»Das hätte ich nicht fertiggebracht.« Sophie lächelte, kniete sich auf den Boden und stützte sich mit den Ellenbogen auf die Sitzfläche des Sofas. Sie hatte bisher zwei Seiten von Seth kennengelernt, den flirtenden und den wütenden Seth, und jetzt erkannte sie eine dritte. Er war sehr verletzlich und jung, und er war überhaupt nicht auf das Leben vorbereitet. »Außerdem, kannst du dir vorstellen, was passieren würde, wenn Louis herausfände, dass ich einfach weggegangen wäre und dich in diesem Zustand allein gelassen hätte? Er würde mich hochkant rausschmeißen.«
Seth schlürfte einen Augenblick schweigend seinen Kaffee und sah sich mit leicht zusammengekniffenen Augen in Mrs Alexanders Wohnzimmer um. Sophie vermutete, dass das Durcheinander von Blumenmotiven und die Menagerie von Tierfiguren aus Porzellan wahrscheinlich nicht das beste Dekor waren, um einen Kater auszukurieren.
»Warum heiratest du ihn dann?«, fragte Seth. »Ich meine, du bist eine sehr schöne, hübsche, nette, anständige Frau. Womit hat er dich verdient?«
Sophie überlegte einen Augenblick, was der Ausdruck »anständige Frau« zu bedeuten hatte, aber sie kam zu dem Schluss, dass das wahrscheinlich etwas mit ihrem Alter zu tun hatte, deshalb ließ sie es darauf beruhen.
»Ich habe mich um seine Kinder gekümmert, um die Kinder meiner besten Freundin. Carrie –
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