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High Heels und Gummistiefel

Titel: High Heels und Gummistiefel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zagha
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brauchte einen Moment, um zu begreifen, wo sie war: In Anouks riesigem Wohnzimmer natürlich. Jetzt erinnerte sie sich auch daran, wie ihre Freunde sie nach dem Ball hier abgesetzt hatten und wie sie ein paar Minuten später auf das Schlafsofa gekippt war, das Anouk für sie zurechtgemacht hatte.
    Ein paar verschwommene Rückblenden von dem Ball folgten, ihr Abenteuer auf dem Dach und das Ende des Abends, als sie mit Jules aus der Oper gekommen war und laut überlegt hatte, wo Chrissie wohl abgeblieben sei. Wortlos hatte Jules ihr drei atemlose SMS gezeigt, die ihr Chrissie im Verlauf der letzten Stunde geschickt hatte:
    »SORRY, MÄDELS, MUSSTE WEG. HAB MICH GANZ UNERWARTET VERLIEBT. OH GOTT, OH GOTT. JU-JU, WIR SEHEN UNS IM HOTEL ZUM BERICHT.«
    Dann: »UUPS, NEUER PLAN, SCHATZ. WIR SEHEN UNS MORGEN.«
    Und schließlich: »NEIN, GECANCELT. BITTE DAS REIZENDE HOTEL, MEINE SACHEN ZU BUNKERN. HOLE SIE BALDMÖGLICHST – ABER EIGENTLICH IN ABSEHBARER ZUKUNFT KEINE KLAMOTTEN NÖTIG. BLEIBE
VIELLEICHT NOCH EIN BISSCHEN IN P. BON VOYAGE MORGEN, JU-JU. ++LG AN DAZE!«
    »Jep – er ist mit dem Augenstern durchgebrannt«, hatte Jules abschließend konstatiert.
    Es passte überhaupt nicht zu Chrissie, solches Desinteresse an seinen geliebten Klamotten an den Tag zu legen, dachte Daisy verschlafen, von seinen Körperpflege-Utensilien ganz zu schweigen. Ganz offensichtlich war etwas höchst Ungewöhnliches geschehen – etwas Impulsives, Romantisches. Nun, Bertrand war ja auch sehr süß. Lass es krachen, Chrissie.
    Sie reckte sich. Wie spät war es denn nun? Gestern Abend hatte sie ihre Armbanduhr nicht umgehabt, weil sie nicht zu dem Kleid gepasst hatte. Sie musste ihr Handy finden. Träge drehte sie den Kopf und schaute auf den Fußboden. Sie konnte gerade noch ihre Abendtasche dort ausmachen, wo sie sie gestern Nacht fallen gelassen hatte; der Großteil des Inhalts war ausgekippt – ein Gewirr aus Schlüsseln, Geldbörse, Lippenstift und Miniatur-Haarspray. Aber kein Handy. Wo konnte das nur sein? Vielleicht in ihrer Manteltasche?
    Daisy rollte sich herum, streckte den Arm nach dem Stuhl aus, auf den sie ihre Kleider geschmissen hatte, und fand ihren pinkfarbenen Mantel. Halbwach sackte sie wieder zurück und tastete sich in die erste Tasche hinein. Zu ihrer Überraschung stießen ihre Finger auf etwas Unerwartetes. Sie zog es heraus – es war ein weißer Briefumschlag. Daisy runzelte die Stirn: Wo kam der denn her?
    Sie gähnte. Irgendwo gab es hier eine Leselampe – ja, dort. Sie riss den Umschlag auf und zog ein einzelnes Blatt Papier hervor, das sie sich dicht vors Gesicht hielt und mit verschlafenen Augen anblinzelte. Es war in Französisch beschrieben, und begann recht traditionell mit der Begrüßungsformel »Chère Daisy«.
    »Als ich Dich zum ersten Mal gesehen habe«, ging es weiter, »wusste
ich, dass ich meine große Liebe gefunden habe. Ich hatte nicht den geringsten Zweifel daran.«
    Daisy setzte sich bolzengerade im Bett auf. Der Rest des Briefes lautete:
    »Bestimmt hast Du bereits erraten, wie ich für Dich empfinde, obwohl ich alles tue, was in meiner Macht steht, um es zu verbergen. Ich denke ununterbrochen an Dich. Ich kann weder essen noch schlafen. Ich lebe nur für diese kostbaren Momente, wenn wir uns treffen und ich in Dein wunderschönes Gesicht blicken kann. Du bist der liebenswerteste Mensch, dem ich jemals begegnet bin, und ich liebe Dich über alles.
    Ich habe noch nie eine derartige Leidenschaft für jemanden empfunden, und ich kenne mich gut genug, um mir darüber im Klaren zu sein, wie unwahrscheinlich es ist, dass ich jemals wieder so fühlen werde. Für mich gibt es niemand anderen als Dich.
    Daisy, es ist mir viel leichter gefallen, Dir meine Liebe zunächst schriftlich zu gestehen. Würdest Du mir jedoch jetzt erlauben, persönlich mit Dir darüber zu sprechen?
    Bitte komm morgen Mittag zur Pont des Arts, zwischen dem Louvre und der Bibliothèque Mazarine. Ich hoffe wirklich sehr, dass Du dort sein wirst.
    Wenn nicht, werde ich nichts von all dem jemals wieder zur Sprache bringen, das verspreche ich Dir. Dein Etienne
    Daisy sank auf ihr Kissen zurück und formte mit den Lippen lautlos die Worte »Oh mein Gott!«. Obwohl sie über ein gewisses Maß an Erfahrung mit Männern verfügte, hatte sie noch nie zuvor einen solchen Brief erhalten. Mittlerweile hellwach, las sie ihn noch ein paar Mal mit jener gespannten Aufmerksamkeit durch, die sie
normalerweise nur für die Exklusivberichte

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