High Heels und Gummistiefel
irgendwas?«
Automatisch dankte Isabelle ihrer Gastgeberin und setzte sich, während sie überlegte, wie sie die Sache mit dem Zimmer erneut ansprechen sollte. Sie schaute auf, als Jules ihr einen riesigen Becher hinschob, der wie ein Humpen geformt war. Ein großes rosafarbenes D zierte das Gefäß.
»Das ist Daisys Becher. Ich denke, du kannst ihn ruhig benutzen, solange du hier bist.«
Im Gegensatz zu der zarten goldenen Flüssigkeit, die Isabelle als Tee anerkannt hätte, enthielt der Becher ein fremdartiges, undurchsichtiges Getränk von grau-beiger Farbe. Sie nippte einmal daran und stellte es dann hastig wieder hin.
»Bitte...«, setzte sie so entschieden wie möglich an, doch ehe sie fortfahren konnte, hörte sie jemanden die Treppe hinunterpoltern.
»Chrissie ist zu Hause«, verkündete Jules. »Hurra.«
Isabelle drehte sich zur Tür um; sie war jetzt doch neugierig auf die andere Frau, die in diesem Haus wohnte.
Die Person, die zur Tür hereinkam, war jedoch ein sehr gut aussehender blonder junger Mann mit ziemlich langem, glattem Haar. Er trug ein enges weißes T-Shirt und – was für Isabelle extrem absonderlich aussah – einen Sarong. Ihr fiel zwar wieder ein, dass die Briten manchmal Kilts trugen, wie zum Beispiel Prinz Charles, doch sie wusste nicht, was sie von diesem eigentümlichen Aufzug halten sollte. An den Füßen trug Chrissie leuchtend gelbe Flipflops. Mit ausgestreckten Armen steuerte er geradewegs auf Isabelle zu.
»Hi, D arling! Ich bin Chrissie!«
»Hallo. Nett, dich kennenzulernen«, murmelte Isabelle höflich..
Doch Chrissie hatte irgendwie ihre Hände zu fassen bekommen und zog sie auf die Füße. Einen verrückten Moment lang dachte sie, er würde sie dazu nötigen, durch die Küche zu tanzen. Stattdessen schloss er sie kurz in die Arme, dann schob er sie von sich und küsste sie rechts und links auf die Wange.
»Mwah, mwah! So. Genau wie die Franzosen. Und jetzt lass dich mal anschauen.« Er starrte sie einen Moment lang an und brach dann auf ziemlich verletzende Art und Weise in schallendes Gelächter aus. »Ach du meine Güte! Was bist du doch für ein e ntzü c kendes Franzosenpersönchen! Jules, schau dir doch bloß mal an, wie hinreißend sie ihren frechen kleinen Pulli trägt!«
Isabelle errötete bis zu den Haarwurzeln. Jules hielt den Blick fest auf ihr Buch geheftet, doch sie lächelte ein wenig.
»Moment, Moment, Moment, das ist noch nicht a lles «, fuhr Chrissie fort und betrachtete ihren Gürtel. Ist das etwa... H er mès?«
»Äh, ja«, antwortete Isabelle ruhig. »Er hat meiner Mutter gehört.«
Chrissie gab ein hohes Quieken von sich. Isabelle zuckte ein wenig zurück. Dann verkündete er mit gedämpfter, respektvoller Stimme: »Das Teil ist ein e chter Klassiker!«
Eine kurze Pause entstand.
»Genau wie ich, ich mache heute komplett auf Beckham. Ich weiß, was du gleich sagen wirst«, sagte er und hob urplötzlich die Hand, wenige Zentimeter von Isabelles Gesicht entfernt. »Aber die Sache ist die, verstehst du, das ist so d ermaßen von Gestern, dass es schon wieder richtig f risch rüberkommt, geradezu frech. Das Ding ist Kult. Echt!«
Isabelle, die sich nicht für Fußball interessierte, verstand kaum ein Wort von diesem Vortrag. Er hatte etwas von einer Story gesagt. Ein Roman, den er gerade las oder lesen wollte?
»Mein L iebes, du siehst ein bisschen erschüttert aus«, bemerkte Chrissie nicht unfreundlich. »War das Zimmer unserer süßen Daisy vielleicht ein bisschen heftig für dich? Ich versuche ja andauernd, sie dazu zu bringen, sich zu ändern, aber sie h at es einfach nicht mit dem Aufräumen. Weißt du, wir haben einen Dachboden. Ich helfe dir, ihre Klamotten in Kartons zu packen, und wir verstauen sie da oben. Sie hat bestimmt nichts dagegen.«
»Wahrscheinlich kriegt sie’s nicht mal mit, dass das Zeug weg ist«, fügte Jules mit ausdrucksloser Stimme hinzu.
»Aber zuallererst mal ein schönes Tässchen Tee!«
Isabelle war dankbar für Chrissies Angebot und hätte es eigentlich vorgezogen, wenn er sich gleich darangemacht hätte, es in die Tat umzusetzen. Doch es war sehr schwer, seinen rasanten Redefluss zu unterbrechen, vor allem, da ihr Englisch ein wenig eingerostet war.
»Weißt du, Daisy hat mich eines Tages angerufen und erzählt, sie hätte sich da dieses absolut riesige Haus gekauft, und ob ich bei ihr einziehen will. Ich hab gesagt, Darling, es wäre mir eine Ehre! Die Sache ist die, das Ganze kam ja so was von zum
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