High Heels vs. Turnschuh (German Edition)
emanzipiert genug um zu wissen, dass alles was ich tat, wirklich nur aus Liebe geschah. Keinesfalls werde ich in die Rolle vom Heimchen am Herd verfallen.
Mit so vielen guten Vorsätzen, einer Unmenge idealistischer Vorstellungen und drei Wochen später war es dann endlich soweit. Unter Schmerzen, Schwitzen, Schreien und stundenlangem Warten auf die nächste Wehe hielt ich am 21.06.2010 endlich meinen Sohn Julian im Arm. Er war so wunderschön und ich fühlte mich auf eine unbeschreiblich schöne Weise für immer mit Chris und meinem Sohn verbunden.
Der Traum beginnt
Nach einer Woche im Krankenhaus, in der ich übrigens Besucher, noch ohne backen, kochen und servieren begrüßen konnte, kam ich mit unserem Sohn nach Hause und von diesem Tag an, fasste ich in einer Rolle Fuß, die mir vorher nicht in dieser Form bewusst gewesen ist. Gott sei Dank.
Chris hatte sich selbstverständlich Urlaub genommen, denn er wollte für mich und Julian, in den ersten Tagen da sein. Oh ja, er war ein stolzer Papa und gemeinsam betrachteten wir unseren Sonnenschein voller Glück.
Ziemlich schnell wurde jedoch klar, dass er mit schreienden Babys nicht sonderlich gut zurechtkam. Beim kleinsten Mucks, verlor er die Nerven und reichte das Kind schnell an mich zurück. Nicht jedoch, ohne mir ein paar Tipps zu geben, was denn Julian habe könnte.
»Vielleicht hat er die Windeln voll.«
»Kann sein, dass er Hunger hat.«
»Wahrscheinlich ist er müde.«
Als praktischer Ratgeber stand er mir immer gerne zur Seite, bei der Umsetzung jedoch, griff er lieber auf das bewährte wir-sollten-Muster zurück.
So sollten wir das Kind doch mal wickeln oder wir mussten etwas gegen die Bauchschmerzen unternehmen. Da ich aber wie alle Mütter, nun mal das Weinen meines Kindes nicht gerne höre, kümmerte ich mich um alle Wir-Angelegenheiten gerne selbst. Der Automatismus, der von dem Wörtchen wir ausging, war enorm. Denn egal wann oder zu welcher Gelegenheit ich diese drei Buchstaben hörte, ich fühlte mich sofort angesprochen und erledigte das.
Die ersten Wochen vergingen sehr entspannt und ehrlich gesagt, jetzt verstand noch weniger, was denn am Muttersein so schwer sein sollte. Julian machte ja kaum Arbeit. Manchmal füttern, manchmal wickeln, aber ansonsten schlief er ja nur. So meldete ich mich bald danach zur Mutter-Kind-Gymnastik an um wieder in Topform zu kommen. Das würde zum Kinderspiel werden.
Mit Julian im Schlepptau machte ich mich nun zweimal die Woche auf den Weg zur Gymnastik. Ich war nur leider nicht die einzige. Mit 7 weiteren Frauen,die alle ihr Baby dabei hatten, fiel es mir reichlich schwer, mich auf Gymnastik zu konzentrieren. Irgendein Kind schrie immer. Irgendein Kind wollte gerade jetzt gestillt werden und irgendein Kind musste gerade jetzt, den vollen Windeln entledigt werden. Und mein Spatz machte da keine Ausnahme. Es herrschte ein Geräuschpegel der die zulässige Dezibelzahl bei weitem überschritt und es roch auch keinesfalls nach frisch gepudertem Baby. Es stank nach schwitzenden Müttern und vollgeschissenen Windel, da half nicht mal mehr zu lüften. Dieser Geruch hing in meiner Nase, selbst dann noch, als ich schon wieder Daheim war.
Nach dem fünften Mal konnte ich nicht mehr und ich beendete diesen Kurs. Stattdessen meldete ich mich wieder in meinem Fitnesscenter an, um meine Babypfunde abzutrainieren. Natürlich würde es kein Problem werden, mit Kind zu trainieren, versicherten mir die netten Trainerinnen. Sport müsse doch sein, um wieder zu einer tollen Figur zu kommen.
Na also geht doch auch anders. Ist doch super.
Dass es Frauen geben sollte, die das nicht schafften, war mir bis dato immer noch unverständlich. Eigentlich war Muttersein doch sehr einfach, wenn man nicht gerade mit anderen frisch gebackenen Müttern, auf ein paar m² gepfercht, Gymnastik machen musste. War es auch solange, bis mein kleiner Wonneproppen das erste Mal im Fitnesscenter schrie.
»Ich hab nur noch 10 Wiederholungen, solange musst du warten«, redete ich meinem, ausgerechnet jetzt verhungernden Kind gut zu.
Noch 10, noch 9, noch 8, noch 7, noch 6… das Gefühl, dass alle mich genervt anstarrten und nur darauf warteten, dass ich endlich mein Programm beendete, wurde unerträglich.
»Ok, Du hast gewonnen«. Ich erhob mich von meiner Fitnessstation und verzog mich in die Umkleidekabine, um zu füttern. Danach war mir die Lust vergangen und gefrustet fuhr ich mit Julian nach Hause. Auch hier ging ich
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