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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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schüttelte den Kopf.
    »Ich habe keinen Hunger. Gib das Munro.«
    »Du musst etwas zu dir nehmen, Leticia …, ich meine MacCallum«, verbesserte er sich, denn er wusste, dass überall neugierige Ohren lauerten.
    Sie stieß den Napf weg. Er nahm ihn und zog seinen eigenen Löffel hervor, der in der Hülle seines Dolchs steckte.
    »Iss!«
    »Nein«, stöhnte sie und wollte sich wieder hinlegen.
    »MacCallum! Evan ist tot, aber du lebst und atmest noch!«
    Sie fuhr heftig herum und sah ihm wütend und durchdringend in die Augen. Aber das war immer noch besser als diese tiefe Niedergeschlagenheit.
    »Nimm dich zusammen, MacCallum! Evan würde nicht wollen, dass du dich selbst bemitleidest.«
    »Soll ich etwa jubeln?!«
    Die Erwiderung knallte wie eine Peitsche. Auf der Miene der jungen Frau spiegelte sich ihre tiefe Erschütterung. Doch sie hielt die Tränen zurück, denn sie wusste, dass sie sich hier nicht vollständig gehen lassen konnte.
    »Du weißt genau, was ich meine. Du musst dich fassen und weitermachen, um das zu verwirklichen, was ihr euch gemeinsam vorgenommen hattet.«
    »Ohne ihn bin ich nicht in der Lage dazu, Alex. Verstehst du das denn nicht? Allein schaffe ich das nie.«
    Alexander wusste nicht, was er ihr antworten sollte. In ihren Worten steckte etwas Wahres. Aber wenn sie es nicht versuchte, würde sie schlimmer dastehen als vorher. Er würde ihr helfen, aus dieser Lage herauszukommen. Das war er ihr schuldig. Entschlossen, sie auch gegen ihren Widerstand zu retten, steckte er den Löffel in den ekelhaften Eintopf und hielt ihn Leticia hin.
    »Mund auf!«
    Sie gehorchte wie ein Kind. Apathisch kaute und schluckte sie jeden Bissen, den er ihr einflößte, bis der Teller leer war. Dann trank sie. Schließlich nahm sie auch ihre Pfeife an, die er gestopft und angezündet hatte.
    Dann flüchteten sie sich beide in ihre eigenen Gedanken. Das Trommeln des Regens auf dem Zeltdach dämpfte die Geräuschkulisse des Lagers. Männer lachten, andere sangen. Alexander erkannte die kräftige Stimme Munros, der Verse rezitierte. Nach und nach verklang der Radau, bis er zu einem Murmeln herabsank. Selbst die Schüsse der Heckenschützen hatten aufgehört. Vollkommene Stille trat ein. Ein Geigenbogen begann schüchtern die Saiten einer Violine zu liebkosen; eine Stimme erhob sich und deklamierte melodische Worte.
    »Lìon deoch-slàinte Theàrlach, a mheirlich! Stràic a’chuach! B’ì siod an ìocshlàint’ àluinn, dh’ath-bheòthaicheadh mo chàileachd, ged a bhiodh am bàs orm, gun neart, gun àgh, gun tuar. Rìgh nan dùl a chur do chàbhlaich oirnn thar sàl ri luas! 35 «
    Alexander schlug die Augen nieder. Wie oft hatte er auf dem Feldzug von 1745 mit seinen abgezehrten, bärtigen Kameraden am Lagerfeuer gesessen und dieses bewegende Gedicht angehört? Nostalgie überwältige ihn, und er murmelte die Fortsetzung vor sich hin:
    »Oh! Hisst die Segel… kraftvoll, sicher und weiß wie Schnee … an ihrem starken Mast aus Kiefernholz … um den flüsternden Ozean zu überqueren … Aeol verheißt … eine beständige Brise von Osten …«
    »… die wehen wird … und der treue Neptun wird die schäumenden Meere bändigen …«
    Mit einer Stimme, zart wie eine Brise, war Leticia in seine Worte eingefallen. Die junge Frau sah ihn durch eine Rauchwolke an. Er meinte, ein leises Lächeln auf ihren Lippen zu erkennen.
    »Du kennst es?«
    »Das Lied der Clans 36  … Ja, gewiss. Wer kennt nicht diesen Appell an die Clans, die beim letzten Aufstand zögerten, die Sache der Stuarts zu unterstützen? Munro ist ziemlich mutig. In einem englischen Heerlager ein jakobitisches Gedicht aufzusagen … Das könnte ihn an den Strick bringen …«
    Die Erwähnung des Aufstands stürzte Alexander in andere Erinnerungen. Von neuem schloss er die Augen, und Bilder zogen vor ihm vorüber. So viel unterdrücktes Leid und mühsam bezähmter Zorn … Eine Woge schmerzhafter Gefühle überrollte ihn, drang in jede Faser seines Körpers und vergegenwärtigte ihm ausgerechnet den Moment in seinem Leben, den er so unbedingt vergessen wollte …
     
    Über der Ebene von Drummossie Moor fiel ein Graupelschauer und legte sich über die blauen Barette der Clankrieger. Schon vor einer Stunde hatten sie Aufstellung bezogen. Alexander hatte bemerkt, dass die Macdonalds den linken Flügel bildeten, nicht den rechten. Er konnte erraten, wie enttäuscht sein Vater und seine Brüder darüber sein mussten. Die Tradition wollte, dass

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