Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Offizier.
Alexander, Munro und Evan feuerten ihre Waffen ab und stürzten dann aus ihrem Versteck. Einer der Kanadier fiel. Der andere erstarrte vor Verblüffung, als er sich den angreifenden Highlandern gegenübersah. Er fühlte sich in der Falle und schoss. Aber allein hatte er kaum eine Chance gegen ein Dutzend Männer. Er lief auf dem Weg, den er gekommen war, zurück; offenbar wollte er sich lieber den Grenadieren stellen als diesen merkwürdigen berockten Gestalten, die brüllten und gewaltige Schwerter schwangen.
Auf seinen langen Beinen hatte Evan ihn blitzschnell eingeholt und versetzte ihm einen Schwerthieb gegen die Schulter. Mit einem Schmerzensschrei brach der Mann zusammen. Weitere Schüsse wurden abgefeuert. Durch den Pulverdampf hindurch sah Alexander, wie sich Evan, ein eigenartiges Lächeln auf den Lippen, zu ihnen umdrehte. Leticia schrie auf, als sie zuschauen musste, wie ihr Gemahl über dem Kanadier zusammensank. Einer der Wilden, der ihnen entkommen war, kam zurückgerannt. Was er vorhatte, begriff Alexander erst, als er Evans Haar packte und sein Messer an seiner Kopfhaut ansetzte.
Von unbändiger Wut erfüllt lief er auf den Eingeborenen zu, der jetzt das Messer in Evans Brust stieß und sie aufriss. Entsetzt sah Alexander zu, wie er mit den Händen in die Leiche fuhr. Als er sie blutüberströmt wieder herauszog, hielt er das Herz darin. Alexander holte mit dem Schwert aus. Seine blutige Trophäe in der Hand, richtete der Wilde sich auf und musterte ihn. Alexander schrie laut und durchbohrte mit der Klinge seine Brust. Immer wieder hieb er zu und brüllte weiter. Schließlich hielt er inne und sah auf sein regloses Opfer hinunter. In seinen Ohren dröhnte es, und sein Schädel pochte schmerzhaft. Ohne zu überlegen, zog er sein Messer und beugte sich über den Wilden. Mit fester Hand griff er in das rabenschwarze, mit Federn und Glitzertand geschmückte lange Haar. Der Kopf war schwer, ließ sich aber gut handhaben. Die Klinge schnitt wie von allein die Haut bis auf den Schädel ein und hinterließ eine rote Spur am Haaransatz.
Alexander dachte jetzt nichts mehr, sondern tat nur, was er seit seiner Ankunft in Amerika schon oft mit angesehen hatte, wenn er und seine Kameraden in die zahlreichen Hinterhalte geraten waren, die ihnen die Rothäute in Neu-England gelegt hatten. Die Technik war einfach: ein kurzer, kräftiger Ruck … Durch die Bewegung geriet er aus dem Gleichgewicht und fand sich plötzlich mit dem Skalp in der Hand wieder, der erstaunlich leicht war. Er holte tief Luft.
»Oh nein, nein! Evan!«
»Tuch, tuch, MacCallum! Er ist tot. Herrgott … Schau nicht hin …«
»Dieser Dreckskerl! Du hast es ihm gegeben, Alasdair …«
»Evan … Neiiin!«
Leticias Schluchzen drang zu ihm wie durch einen Nebelschleier. Die Schreie und die Stimmen der Männer hallten in seinem Kopf eigenartig wider. Er sah auf den Mann zu seinen Füßen hinab. Die braune, pergamentartig zerknitterte Gesichtshaut bildete einen scharfen Gegensatz zu dem weißen Schädel, der an ein gepelltes Ei erinnerte. Immer noch lächelnd richtete der Wilde seinen starren Blick auf ihn und verhöhnte ihn selbst im Tod. In seiner rechten Hand lag schlaff Evans Herz. Alexander dachte darüber nach, dass dieses lebenswichtige Organ noch vor wenigen Minuten geschlagen hatte, rasch, vor lauter Angst … und dass es ebenso gut sein Herz hätte sein können, das in dieser Hand ruhte.
Nach und nach kam der junge Mann wieder zu sich. Evans dunkler, seidiger Haarschopf lag am Boden. Er hob ihn auf und legte ihn an den Platz, an den er gehörte, auf den Kopf seines Kameraden. Dann nahm er das Herz und steckte es wieder in den Brustkorb. Eine ekelhafte Mischung von Gerüchen – rohes Fleisch, Blut und Urin – schnürte ihm die Kehle zu. Er schloss die Augen und versuchte, seine Übelkeit zu unterdrücken. Doch sein Magen zog sich zusammen, und eine schleimige Flüssigkeit stieg ihm in den Mund. Er rannte ins Gebüsch und erbrach sich.
Dutzende von Zelten reihten sich aneinander. Die nach Divisionen aufgeteilten Soldaten machten sich an den brodelnden Kochtöpfen zu schaffen, die jeder an einem Dreifuß über den Feuern hingen. Ein Duft von gekochtem und gebratenem Fleisch zog durch das Lager auf den Höhen von Point Levy. Man hatte auch eine kleine Einfriedung für das Vieh errichtet, das die Ranger 34 und Amhersts Truppen auf dem Rückweg von Beaumont mitgebracht hatten.
Alexander, der auf seiner Decke lag,
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