Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
sah, wie seine korpulente Silhouette sich aufrichtete.
»Heute Nacht? Jetzt schon?«
»Heute Nacht.«
»Verflucht, du hättest mir vorher Bescheid geben können!«
»Ich konnte nicht. Wo warst du überhaupt? Hast du die Branntweinreserve der Offiziere entdeckt oder was?«
»Etwas Besseres als das. Erinnerst du dich an Willie Cormack?«
»Cormack? Du meinst den, der jedem, der es hören wollte, erzählt hat, dass er ein Likörrezept auf Grundlage von Whisky für unseren Prinz Charlie erfunden hat?«
»Genau den… Ich versichere dir, wenn er die Wahrheit sagt, dann rollt unser schöner Prinz sich in Rom ebenfalls auf dem Boden herum. Seine Erfindung ist göttlich.«
»Du behauptest, dass dieser Cormack im Lager Whisky destilliert?«
»O nein, nicht im Lager! Du würdest mir nicht glauben, wenn ich dir sage, wo.«
»Versuch es einfach.«
»In der Kirche. Hey, Finlay, hörst du überhaupt, was ich sage? Aber, was ist…«
Christina stieß einen Schrei aus und setzte sich, die Arme vor der Brust verkreuzt, auf.
»Aber das ist ja gar nicht Finlay! Du, wer bist du?«
»Sie heißt Christina«, klärte Alexander ihn auf. »Sie schläft heute Nacht hier, und du behältst die Hände über dem Kilt, Munro.«
»Was macht sie da?«
»Coll erklärt es dir später.«
Immer noch spien die Mörserbatterien ihre tödliche Fracht über die Franzosen aus. Im Zelt allerdings war es still geworden. Trotz der Aufregung, in die ihn der Gedanke an die nahe Freiheit versetzte, war Alexander nicht mit sich selbst im Reinen. Er würde desertieren, und das ging gegen seine Ehrengrundsätze. Und er ließ seinen Clan im Stich und ging damit jeder Chance verlustig, sich jemals vor seiner Familie reinzuwaschen. Was würde Coll seinem Vater erzählen, wenn er zurück in Schottland war? Dass er den Namen der Macdonalds von Glencoe entehrt hatte?
Alexander streckte die Hand nach Leticia aus, die so reglos wie eine Marmorstatue war. Er sorgte sich ein wenig: Vielleicht ging es ihr ja nicht gut … Unter der Decke tastete er nach ihr und stieß auf ein Knie, das sich ihm sofort entzog. Die junge Frau rückte von ihm weg, damit er sie nicht mehr berühren konnte. Was hatte sie nur?
»Alex?«
Das war Munros Stimme. Der junge Mann klang bewegt.
»Hmmm?«
»Ich kann nicht glauben, dass ich dich nie wiedersehen werde …«
Alexander schluckte, und ihm wurde das Herz schwer. Das Fortgehen fiel ihm nicht so leicht, wie er gedacht hatte. Ein weiteres Mal durchschnitt er die Bande zwischen sich und seinem Clan.
Sie hatten Vollmond; nicht ideal für eine Flucht, aber wenigstens regnete es nicht. Die Kanonen schwiegen. Munro schnarchte, was das Zeug hielt, wie er das vorhergesehen hatte. Alexander drehte sich auf seinem Lager um, als sein Arm auf etwas Festes traf, das sich bei der Berührung bewegte. Er ließ die Hand über die geschwungene Oberfläche gleiten, unter dem Stoff fühlte es sich weich und warm an. Eine Hüfte … seine Finger wurden kühner und glitten auf einen wohl gerundeten Schenkel hinunter.
»Leticia …«, murmelte er, noch immer in Gedanken verloren.
Die junge Frau drehte sich um. Er spürte ihren Atem im Gesicht und suchte ihren Mund, während seine Hände unter ihr Hemd glitten.
»Leticia …«
Er erkannte den rundlichen Körper nicht, den er liebkoste. Das Mädchen seufzte und spreizte die Schenkel, um seinen Gelüsten freie Bahn zu geben. Etwas stimmte hier nicht. Er hätte nicht sagen können, was es war, aber … Schlaftrunken ließ er die Hand zwischen die Schenkel des Mädchens gleiten. Dann, mit einem Mal erinnerte er sich. Christina! Augenblicklich erstarrte er.
»Christina! Was habt Ihr hier zu suchen?«
»Ihr … Ihr habt doch gesagt, ich könne hier schlafen.«
»Dahinten, auf Finlays Lager«, verbesserte er sie mit einem rauen Flüstern, »nicht hier.«
»Ich dachte … in der Nacht wolltet Ihr… Da Ihr allein wart, dachte ich, Ihr wolltet mit mir liegen.«
Von Leticias Lager aus drang ein Schluchzen zu ihnen. Durch die weiße Zeltleinwand fiel der Mondschein ins Innere. Alexander sah, dass Leticia ihn aus tränenfeuchten Augen ansah. Oh nein! Was mochte sie denken? Er streckte eine Hand nach ihr aus.
»Rühr mich nicht an.«
»Sei nicht albern, Leticia.«
»MacCallum! Ich heiße MacCallum! Bist du nicht bei Sinnen?«
Verblüfft über ihren bissigen Tonfall starrte er sie an.
»Aber… das ist ja eine Frau!«, rief Christina aus und schlug eine Hand vor den Mund, der vor
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