Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
zu.
»Nicolas, ich bin eine Frau, zugestanden. Jung und unerfahren in den… Dingen des Lebens, was immer Ihr wollt. Aber ich bin alles andere als dumm. Erzählt mir keine Märchen, um mir Vergnügen zu bereiten. Ich sehe zu viel Leid um mich herum, um mir irgendetwas vorspiegeln zu lassen.«
Zerknirscht schlug der junge Mann die Augen nieder.
»Ich wollte Euch nicht zu nahe treten, Isabelle. Die Wahrheit ist nicht immer angenehm anzuhören.«
»Aber welche Wahrheit könnte schrecklicher sein als dieses entsetzliche Bild?«, rief sie aus und umfasste mit einer Handbewegung die Ruinen, die sie umgaben. »Sagt mir … Warum wird das Schiffsgeschwader, das flussaufwärts liegt, immer größer? Ich dachte, die Engländer wollten uns an der Küste von Beauport angreifen …«
»Wir glauben, dass sie versuchen, unsere Verbindung zu den Truppen in Trois-Rivières und Montréal abzuschneiden und uns den Nachschub an Lebensmitteln zu kappen. Bougainville jagt sie ständig die Küste entlang bis nach Deschambault.«
»Glaubt Ihr nicht, dass sie versuchen werden, dort zu landen?«
»Wir erwarten sie Gewehr bei Fuß. Das Regiment von Guyenne kampiert in der Nähe der Abrahamshöhen 43 für den Fall, dass …«
»Und wenn sie auf die Idee kommen, näher bei der Stadt an Land zu gehen, zum Beispiel in Sillery?«
Sprachlos sah des Méloizes sie einen Moment lang an.
»Wir haben auch diese Möglichkeit vorhergesehen und Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Aber eigentlich ist es völlig undenkbar, dass es dem Gegner in einer einzigen Nacht gelingen könnte, den Fluss zu überqueren, an unserer Küste zu landen und Felswände zu erklettern, die so steil sind, dass man Leitern dazu bräuchte … Und all das müssten sie noch direkt unter unseren Augen zuwege bringen!«
»Ich hoffe, Ihr habt recht, Nicolas, ich hoffe es wirklich.«
»Isabelle«, murmelte er und ergriff die Hand der jungen Frau, »es liegt mir fern, unsere Lage allzu rosig zu malen. Da Ihr sie ebenso gut zu kennen scheint wie ich, ist Euch sicher bewusst, dass die Forts Carillon, Niagara und Saint-Frédéric gefallen sind.«
Sie nickte, den Blick fest auf ihrer beider verschlungene Hände gerichtet.
»In Yamaska haben wir die Boten festgenommen, die General Amherst zu Wolfe geschickt hatte, um ihn darüber zu informieren. So haben wir erfahren, dass Amherst beschlossen hat, seine Truppen ausruhen zu lassen und nicht weiter auf Montréal und Québec zu marschieren. Die Jahreszeit ist schon weit fortgeschritten. Wolfe wird demnach allein mit seinen eigenen Truppen bleiben, deren Zahl ständig schrumpft. Unsere Indianer setzen ihren Soldaten ständig zu und töten jeden Tag ein paar von ihnen. Die Engländer haben Angst; Fahnenflucht ist bei ihnen an der Tagesordnung. Außerdem haben wir ihnen in Pointe-aux-Trembles und Beauport schwere Verluste zugefügt. Wenn der Frost rasch kommt… Wir müssen hoffen. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!«
Isabelle biss sich auf die Lippen, zog ihre Hand zurück und sah ihn an.
»Dann können wir also in Frieden verhungern, ja?«
»Die Ernte in Montréal war gut. Wir warten auf Lieferungen, die eigentlich unverzüglich eintreffen müssten.«
Sie sah auf ihre schmutzverkrusteten Schuhe hinunter, und ihr kam der völlig unpassende Gedanke, dass sie besser Holzpantinen angezogen hätte, um sie zu schonen. Wahrscheinlich würde sie sich lange kein neues Paar beschaffen können. Dann schämte sie sich ob der absurden Idee. Sie schniefte.
»Isabelle …«
Seine Stimme klang so zärtlich.
»Isabelle, mein Herz sehnt sich nach Euch. Warum sprechen wir von solchen Dingen, da wir doch zusammen sind und die Gelegenheit nützen sollten, einander zu umarmen, in den wenigen Minuten, die uns vergönnt sind?«
Nicolas schlang die Arme um die Taille der jungen Frau und zog sie an sich. Sie schmiegte die Wange an ihn und fühlte sich bei ihm so sicher, dass sie die Augen schloss. Langsam glitt Nicolas’ Hand zu ihrem Kopf hinauf und zog behutsam die Haube hinunter. Verblüfft über seine Kühnheit erstarrte sie ein wenig.
»Isabelle, meine Süße«, flüsterte der junge Mann in ihr Haar hinein.
Er drückte sie fester an sich und strich mit den Lippen über ihre Stirn. Sein Atem war angenehm warm. Stets ging von ihm dieser scharfe Tabakduft aus, den sie gern mochte.
»Ah! Nicolas, mein Liebster … Wenn doch die Zeit in diesem Moment stillstehen würde… Dann könnten wir in alle Ewigkeit so verharren.«
Sein zärtlicher
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