Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Sohn von Cailean Mor, Sohn von Dunnchad Mor, und so weiter, bis zurück zum Anbeginn der Zeiten. Ich werde mein Versprechen halten. Man wird Loblieder auf mich singen so wie auf meine Vorfahren …«
Alexander legte diesen Eid mit der ganzen Naivität eines dreizehnjährigen Knaben ab.
Drei Tage später verließen sie Glencoe. Alexander warf einen letzten Blick zurück auf sein Tal. Obwohl er ungeheuer stolz darauf war, an dieser außerordentlichen Mission, der Befreiung Schottlands, teilzunehmen, betrübte ihn doch der Gedanke an die Trennung von seiner Mutter. In der großartigen Landschaft wirkten die Gestalten seiner Mutter und Marys so klein. Er biss die Zähne zusammen und wandte sich ab. Ob er sie bald wiedersehen würde? Er spürte, dass sein Bruder ihn beobachtete, und presste die Lider über den vor Tränen brennenden Augen zusammen.
Nein, er würde nicht weinen. Nur Kinder weinten. Und er näherte sich mit jedem Schritt, den er tat, der Welt der Männer.
3
Das verfluchte Land August 1746, Highlands, Schottland
Die Erde bebte, und einen Moment lang glaubte er, Jesus Christus als Heerführer sei mit seiner himmlischen Armee gekommen, um sie zu erretten. Er stützte sich auf die Ellbogen und riskierte einen Blick über die wogenden Getreidehalme. Nur wenige Schritte von ihnen entfernt donnerte eine Abteilung Dragoner vorüber und ritt das Feld, das kurz vor der Ernte stand, nieder. Sie hielten genau auf die Kate zu, wo die Flüchtlinge gehofft hatten, Zuflucht und mit ein wenig Glück auch etwas zu essen zu finden. Der alte Mann, der neben ihm lag, knurrte und spuckte auf den Boden.
»Wie viele sind es?«, wollte Fergusson wissen.
Alexander, der sich wieder flach hingeworfen hatte, hob den Kopf und beobachtete die Stelle, wo die Abteilung Halt gemacht hatte. Er litt furchtbar unter Magenkrämpfen und hatte eine Wunde an der Schulter, die nicht recht heilen wollte und ihm stechende Schmerzen bereitete. Im grellen Sonnenlicht zog er die Augen zusammen. Die Dragoner disputierten. Einer von ihnen trat in die Hütte, aus der grauer Rauch aufstieg.
»Ich zähle sechs.«
»Bei allen Heiligen! Wir müssen verschwinden und uns ein anderes Versteck suchen …«
Seit zwei Tagen litten sie Hungerqualen. Auf der vergeblichen Suche nach Nahrung waren sie über die Heide und durch die Wälder geirrt. Die Gräser und Wurzeln, die sie zu sich genommen hatten, wären sicherlich besser für Vierfüßler geeignet gewesen. Allerdings ähnelten sie in diesem Moment auch eher Tieren als Menschen. Heftige Durchfälle schwächten sie noch zusätzlich. Vergangene Woche hatte der junge Keith Ross vor Entkräftung den Geist aufgegeben. Alle wussten, dass der Tod auf sie lauerte. Auf ihrem Weg waren die Flüchtlinge nur auf leere oder niedergebrannte Katen gestoßen. Der Rauchgestank, der ihnen grausam das Ende der Highlands verkündete, folgte ihnen überall hin.
Aus dem kleinen Steinhaus drangen Schreie zu ihnen. Eine Frau kam, einen Säugling auf den Armen, nach draußen gerannt. Sogleich nahmen zwei Dragoner die Verfolgung auf. Ein erster Schwerthieb verfehlte knapp sein Ziel. Zwei weitere Dragoner sprangen auf ihre Pferde und setzten ihr nach. Einem gelang es, das Kind am Arm zu packen und ihr zu entreißen. Die verzweifelten Schreie der Mutter sprengten Alexander, der dem Schauspiel entsetzt zusah, fast den Kopf.
Der Dragoner hob den mageren Säugling über den Kopf, und der andere spießte ihn mit seinem Schwert auf. Die Frau schrie noch lauter, worauf der erste Reiter sie mit seiner Klinge niedermachte. Mit einem Mal senkte sich grauenhafte Stille über das Kornfeld. Der alte Mann, der neben Alexander das Geschehen verfolgt hatte, murmelte ein Gebet für die Seelen der unschuldigen Opfer.
Dicker schwarzer Rauch stieg aus der Hütte auf, und das Knistern der Flammen übertönte die Stimme der Rotröcke, die lachend davonritten. Alexander hatte seinen Hunger vergessen. Seit sie auf der Flucht waren, hatte er schon oft solche Szenen erlebt, doch er konnte sich nicht daran gewöhnen. Die Soldaten des Duke of Cumberland, dem Sohn von George II., dem man den Beinahmen »der Schlächter« verliehen hatte, gaben kein Pardon. Dies war die Stunde, in der die Rechnungen zwischen Engländern und Highlandern beglichen wurden.
Vor zwei Tagen hatten Alexander und seine Gefährten eine andere Dragonerabteilung beobachtet. Die Soldaten hatten Männer, Frauen und Kinder in eine Scheune gesperrt, die sie anschließend in Brand
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