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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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aufhängen wie Hunde. Er zweifelte nicht daran, welches Schicksal ihrer harrte. Nun gut! Dann würde er eben als Held sterben.
     
    Tage vergingen. So viel vergeudete Zeit, während sie auf den Tod warteten, meinte Alexander. Aber der Priester wiederholte unermüdlich, so etwas wie verlorene Zeit gebe es nicht. Jede Minute, jede Sekunde hatte im Leben eines Menschen ihren Sinn. Und wenn sie nur dem Vogelgezwitscher lauschten, das manchmal zu ihnen drang.
    Man hatte sie für schuldig erklärt, an der Rebellion teilgenommen zu haben, und sie ins Tolbooth-Gefängnis von Inverness geworfen. Mit ihnen zusammengepfercht waren andere Schotten, Iren, Franzosen und sogar Engländer, die sich der Sache einfach aus politischer oder religiöser Überzeugung angeschlossen hatten. Manche waren wegen Fahnenflucht eingekerkert, andere, weil sie Lieder gesungen hatten, die zum Verrat aufforderten, oder weil man sie dabei ertappt hatte, wie sie auf die Gesundheit des flüchtigen Stuart-Prinzen getrunken hatten.
    Jeden Tag sank die Sonne ein wenig früher. Der Herbst ging leise in den Winter über. Graue Tage, mondlose Nächte. Immer das gleiche blasse, farblose Licht, fahl wie die abgemagerten Gesichter der Männer und Frauen, die hier im Kerker saßen.
    Und während dieser ganzen Zeit sprach O’Shea, und Alexander lauschte und nahm alles in sich auf, gebannt von so viel Gelehrsamkeit. Der Knabe wusste nicht viel über den Iren, nur dass er in der Tat ein ehemaliger Abt war und wegen einer Sittengeschichte vor den weltlichen Behörden hatte fliehen müssen. Er war auf die Hebriden gegangen und schließlich auf der Insel Skye gelandet. Dort hatte er sich in einem kleinen Fischerdorf am Loch Ainort niedergelassen, einem Weiler, dessen Einwohner froh waren, einen Mann Gottes gefunden zu haben, der bereit war, bei ihnen zu bleiben. Da machte es ihnen nichts aus, dass er seinen Orden verlassen hatte.
    Alexander fand, es müsse die Vorsehung gewesen sein, die ihm O’Shea über den Weg geschickt hatte, denn ohne diesen Mann wäre er wahrscheinlich tot. Er erinnerte sich noch ganz genau an den Moment, als er in diesem neuen, geschenkten Leben zum ersten Mal die Augen aufgeschlagen hatte. Als er nach einer Verwundung auf dem Schlachtfeld zu sich gekommen war, hatte er festgestellt, dass er auf dem Rücken lag. Äste versperrten ihm den Blick in den Himmel. Er hatte versucht, sich zu bewegen, doch der Schmerz war so stark gewesen, dass er sich nicht mehr gerührt hatte. Ihm war kalt, und er war durstig … Geräusche drangen zu ihm… nein, Stimmen. Ganz in seiner Nähe sprachen Männer miteinander. In diesem Moment wurde ihm plötzlich klar, dass die Kanonen schwiegen.
     
    »Vater?«, murmelte er schwach.
    Die Stimmen unterbrachen sich kurz und nahmen dann ihre Beratung wieder auf. Eine Hand legte sich auf seine Stirn und hob dann sein Hemd an.
    »Du hast Glück gehabt, Kleiner. Gott hat die Schritte der Männer gelenkt. Sonst hätte die fliehende Armee dich nämlich zu Brei zertrampelt.«
    Er wandte der Stimme den Kopf zu. Ein ziemlich alter Mann betrachtete ihn betrübt. Sein Gesicht war von Schlamm und Blut verkrustet; die weißen Haare klebten an seinem Schädel, und er war so mager, dass die Knochen unter der welken Haut hervortraten. Nur seine Augen, die von einem ganz hellen Blau waren, befanden sich unter seinen dichten weißen Augenbrauen ständig in Bewegung und zeigten, dass noch Leben in seinem Körper wohnte. Alexander schluckte.
    »Die Armee ist auf dem Rückzug?«
    »Was hattest du denn gedacht? Dass wir nur mit unseren Schwertern und Dolchen gegen das Geschützfeuer ihrer Kanonen obsiegen würden? Nein … Es hat zu viele Tote in viel zu kurzer Zeit gegeben. Alles ist verloren, mein Kleiner… Der Prinz ist geflohen, möge Gott ihn schützen.«
    »Mein Vater … Wo ist er?«
    »Dein Vater? Wer will das wissen? Mehr als die Hälfte der Männer sind auf dem Moor von Drummossie gefallen. Wie heißt er?«
    »Duncan Coll Macdonald von Glencoe.«
    »Glencoe … hmmm … Warte ein wenig, ich werde mich umhören.«
    Einige Minuten später kehrte er zurück.
    »Tut mir leid, aber niemand hat diesen Namen gehört. Unter uns befindet sich niemand aus Glencoe. Wie heißt du?«
    »Alasdair.«
    »Ich bin Daniel O’Shea aus Skye. Ich bin … nun ja, ich war der Regimentsgeistliche des Mackinnon-Regiments.«
    Der Priester half dem Knaben beim Aufstehen.
    »Kannst du allein auf den Beinen stehen? Wenn sie dich tragen, werden sie deine

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