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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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gesetzt hatten. Später hatten sie die noch rauchenden Körper, die in eigenartigen Stellungen ineinander verkrallt waren, aus den Trümmern gezogen, um sie als Warnung für alle, die sie sahen, zur Schau zu stellen. Manchmal fanden die Flüchtigen auch die Leichen von Highlandern am Straßenrand, wo sie seit Tagen verfaulten. Der unerträgliche Gestank steckte ihnen in der Nase und in den Kleidern und begleitete sie beständig. Seit vier Monaten ging das jetzt so, seit dem Tag der blutigen Schlacht von Colloden, auf dem Moor von Drummossie.
    Alexander warf einen Blick auf den alten O’Shea, der sich bekreuzigte, und nahm eine Bewegung in den Hügeln wahr. Zunächst glaubte er, andere flüchtende Highlander zu sehen, doch dann riss er entsetzt die Augen auf, als er feststellte, dass es sich um die Dragoner handelte, die aus einem nicht ersichtlichen Grund noch einmal zurückkehrten.
    »Mac an diabhail! Sohn des Teufels!«, schrie MacGinnis und sprang hoch.
    Seine Bewegung machte die Soldaten auf sie aufmerksam, und sie galoppierten auf sie zu. Jetzt standen alle auf und rannten los. Nirgendwo bot sich ihnen ein Unterschlupf, es gab nur Heide und Felder, unterbrochen von Mauern aus aufgetürmten Bruchsteinen. Quer durch das wogende, goldene Kornfeld lief Alexander so schnell, wie ihn seine mageren Beine trugen. Wahnsinnig vor Angst folgte er den weit ausholenden, müden Schritten des alten Priesters O’Shea. Aber die Flüchtlinge waren entkräftet und konnten es nicht mit den Schlachtrossen der Sassanachs aufnehmen.
    Nicht umdrehen, bloß nicht umdrehen … , sagte der Knabe sich unablässig und rechnete jeden Augenblick damit, Stahl zwischen den Schulterblättern zu spüren. Hinter sich vernahm er Schreie und das Stampfen von Stiefeln. MacGinnis brüllte vor Schmerz auf, dann ein weiterer seiner Kameraden. Das Blut pochte ihm in den Schläfen. Sie würden alle sterben. Wenn er nur den Waldsaum erreichen könnte … Wenn nur …
    Ein Schuss erscholl, gefolgt von einem erstickten Schrei und dem dumpfen Aufschlag eines Körpers auf den Boden. Alexander wandte den Kopf leicht nach rechts, wo gerade eben noch O’Shea gelaufen war. Nichts … Er rannte weiter und kämpfte gegen den Drang an, umzukehren und dem alten Priester zu Hilfe zu kommen.
    »Neiiin!«, schrie er seine zwiespältigen Gefühle heraus.
    Er wurde langsamer; ein Dragoner näherte sich mit großer Geschwindigkeit. O’Shea versuchte aufzustehen, der Schuss hatte ihn ins Bein getroffen. Alexander rannte zurück. Er würde seinen Freund nicht feige im Stich lassen.
    »Lauf! Rette dich!«, rief der Priester. »Bete für meine Seele, Alasdair, und rette die deine… Du kannst nichts mehr für mich tun!«
    Der Knabe war kreidebleich geworden und zögerte. Der Dragoner kam mit hoch erhobenem Schwert näher, bereit, es auf seinen Freund niedersausen zu lassen. Nein, das durfte er nicht erlauben… Er konnte ihn nicht im Stich lassen, und wenn es ihn das Leben kosten sollte.
    »Haltet aus, Vater!«
    Er war als Erster bei ihm. Als der Dragoner zu ihnen aufschloss, warf er sich vor den alten O’Shea und schützte ihn mit seinem mageren Körper.
    »Er ist ein Mann Gottes! Tötet ihn nicht! Erschlagt mich, aber lasst ihm das Leben …«
    Vor dem Mut des Jungen erstarrte der Arm des Soldaten. Sein blitzendes Schwert verhielt in der Luft. Verächtlich betrachtete er ihre zerlumpten Tartans und zögerte noch, ihnen den Gnadenstoß zu geben. Großmütig nahm er dann langsam die Waffe herunter. Er konnte sich leicht erlauben, zwei zu verschonen. So verhungert, wie sie aussahen, würden sie ohnehin nicht mehr lange leben. Und außerdem war der Alte ein Priester … Da hatte er ein Problem mit seinem Gewissen.
    »Ein Mann Gottes, sagst du? Katholisch?«
    »Katholisch«, bestätigte O’Shea. »Ich habe als Geistlicher ein Regiment hierherbegleitet …«
    Der Dragoner sah zu seinen Kameraden, die ihre von dem Blut der anderen Highlander geröteten Klingen am Gras abwischten.
    »Meine Mutter ist Katholikin«, gestand der Soldat leise, als er sich erneut den beiden zuwandte. Er sagte es, als spräche er von einer schändlichen Krankheit. »Deshalb erweise ich euch Gnade; ich töte keine Priester. Das heißt, dass ihr bis Inverness meine Gefangenen seid.«
    Alexanders Herz pochte zum Zerspringen. Er beugte sich über seinen Freund. Sie wurden also verschont. Doch dies war auf jeden Fall nur ein Aufschub. Wenn sie nicht im Gefängnis verreckten, würde man sie

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