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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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zurücktreiben. Montcalms Truppen würden sich sammeln und zurückschlagen. Doch nichts von alldem geschah. Man hörte nur noch einige Gewehr- und Kanonenschüsse, nichts weiter.
    Die Engländer ließen sich vor den Stadtmauern nieder. Sie hoben Gräben aus, bauten Zelte auf, richteten die Kanonen neu aus und brachten weitere herbei. Bestürzt begriff Isabelle, dass sie Québec von den Abrahamshöhen aus belagern würden. Sie legte sich zusammen mit Madeleine, die vor Angst nicht aus noch ein wusste, zu Bett. Die Arme weinte ohne Pause, denn sie hatte keine Nachricht von Julien.
    »Wenn ihm etwas zugestoßen wäre, hätten wir davon gehört, Mado.«
    »Überall auf den Höhen liegen Leichen vestreut, Isa. Es wird Tage dauern, bis …«
    Sie schluchzte noch heftiger los, und ihre Tränen netzten das Kopfkissen und Isabelles Schultern. Die junge Frau, die selbst mit ihren eigenen Sorgen zu tun hatte, wusste nicht, wie sie ihre Cousine beruhigen sollte.
    »Morgen gehe ich zum Hospiz. Wenn er nicht dort ist, bitte ich Papa, mich zum Hospital fahren zu lassen. Vielleicht weiß Schwester Clotilde ja etwas.«
    »Und die Toten?«
    »O Mado, du darfst die Hoffnung nicht aufgeben. Dein Julien ist gewitzt. Gewiss hat er höchstens ein paar Kratzer abbekommen, du wirst schon sehen…«
    Isabelle war so unruhig, dass sie erst einschlief, als bereits der Morgen dämmerte. Ein unbeschreiblicher Lärm ließ sie wenig später aus einem Traum hochfahren, in dem sie auf einem Schlachtfeld voller Leichen nach Nicolas suchte. Sie holte tief Luft, schüttelte den Kopf, um die letzten Spuren ihres Albtraums zu verjagen, und erhob sich aus dem Bett. Mado musste schon lange auf sein, ihre Seite war kalt. Aus der Küche drangen laute Stimmen zu ihr herauf. Mit klopfendem Herzen schlüpfte Isabelle in einen Morgenmantel, schlang sich ein Umschlagtuch um die Schultern und ging hinunter. Ihr Vater empfing sie mit einem Lächeln und bedeutete ihr, sich an das untere Ende des Tisches zu setzen.
    »Louis!«, rief Isabelle aus und fiel ihrem Bruder in die Arme. »Wie schön! Und wie steht es mit Étienne und Guillaume?«
    »Sie sind beide unverletzt.«
    »Und Nicolas? Weißt du, wo er ist?«
    Verlegen räusperte sich Louis.
    »In Beauport.«
    »Geht es ihm gut? Hast du ihn gesehen? Hat er etwas gesagt?«
    »Ich habe nicht mit ihm gesprochen, Isa. Aber er ist nicht verwundet.«
    »Und Julien? Mado hat die ganze Nacht geweint.«
    »In diesem Moment trocknet er ihr gewiss die Tränen. Er hat nicht einmal einen Kratzer abbekommen.«
    Erleichtert strahlte Isabelle.
    »Dann steht doch alles zum Besten. Niemand ist getötet oder verletzt worden, und …«
    Sie unterbrach sich, als sie die düstere Miene ihres Vaters wahrnahm.
    »Was ist los? Hast du mich belogen, Louis?«
    »Nein, die Familie ist vollständig. Aber … Montcalm ist im Morgengrauen gefallen. Gouverneur Vaudreuil hat das Kommando über das, was von der Armee übrig ist, übernommen und sie nach Beauport geführt. Wir müssen unsere Kräfte sammeln …«
    »Du meinst … Ihr wollt eine neue Auseinandersetzung herbeiführen?«
    »Isabelle, die Engländer stehen vor unseren Toren. Verstehst du? Wir müssen verhindern, dass sie in die Stadt eindringen, sonst …«
    »Ist es das Ende?«
    Niemand wusste ihr etwas zu antworten.



1759–1760
    Die Eroberung
     
    Auch lange nachdem sich der Pulverdampf verzogen hat
und das Weinen und das Schreien verstummt sind,
bleibt der Unterlegene in den Augen des Siegers immer
noch der Besiegte.
    Er wird mit Verachtung gestraft und mit Schande bedeckt.
Man vergisst seine Tapferkeit im Kampf und wirft ihm vor,
seine Niederlage selbst verschuldet zu haben.

9
Die letzten Tage von Québec
    »Da seid Ihr ja endlich! Hier…«, meinte die Nonne und atmete hörbar auf. »Das Parkett muss gescheuert werden, überall sind Blutflecken. Wenn Ihr fertig seid, geht zu Schwester Marie-Blanche und helft ihr, alte Unterröcke zu zerreißen. Es fehlt uns an Verbänden.«
    Isabelle wollte schon protestieren und ihr erklären, dass sie eigentlich gekommen war, um jemanden zu besuchen, doch die Nonne hatte ihr bereits einen Lappen und eine Wurzelbürste in die Hand gedrückt und einen Kübel Wasser vor sie hingestellt. Sie lächelte ihr kurz zu, drehte sich auf dem Absatz um und eilte raschen Schrittes zu den Krankensälen. Die junge Frau stand mit offenem Mund da und musterte stirnrunzelnd den Lappen. Der Essiggeruch ließ sie schwindeln, konnte aber nicht die

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