Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
ehemaliger Gefängnisinsasse also. Isabelle beunruhigte das, und sie fragte sich, warum ihr Vater Geschäfte mit einer so zweifelhaften Gestalt machte.
Nachdem die beiden jungen Damen sich mit einem Glas Mandelmilch erfrischt hatten, traten sie den Rückweg an, damit Baptiste, der inzwischen sicherlich die Kutsche freibekommen hatte, sich nicht grundlos sorgte. Sie sangen aus vollem Halse und marschierten mit ihren Holzpantinen im Takt dazu. Plötzlich fanden sie sich zwei berockten Soldaten gegenüber, die lachend aus dem Schatten einer Kutscheneinfahrt traten.
Als er sie sah, erstarrte der größere der beiden und versetzte dem anderen, der sich hinter ihm hielt und ihm über die Schulter schaute, einen Stoß mit dem Ellbogen. Wie gelähmt rückten die beiden Cousinen zusammen, bereit, das Weite zu suchen. Sie wussten genau, dass Soldaten – ob englische oder französische – ihnen gefährlich werden konnten.
Coll, der spürte, dass die beiden jungen Damen sich unbehaglich fühlten, verneigte sich höflich und lächelte. Dennoch konnte er nicht anders, als die hübschen Wesen zu taxieren. Er hatte eine Schwäche für Blondinen und bewunderte das Goldblond des Haars, das er vor sich sah. Er fand die größere der beiden besonders anziehend. Obwohl sie mager wie alle hier war, ahnte er feste Formen, und ihre blitzenden Augen verrieten ein heftiges Temperament.
Auch Munro beugte seine schwere Gestalt und schwenkte elegant seine Mütze.
»Sae, why ye need tae be strolling here for? ’tis no place for bonnie wee lasses tae be «, meinte Coll freundlich. Was habt Ihr hier zu suchen? Dies ist wirklich kein Ort für hübsche junge Damen.
Dann schrie er über die Schulter.
»Och, Alas! Will ye come out here? « Hey, Alas! Komm doch mal her…
Ein Brummen drang vom Hof aus zu ihnen, und Isabelle erblickte einen dritten Mann, der mit dem Gesicht zur Wand stand. Ihre Wangen liefen rosig an, als sie einen kleinen Wasserstrahl bemerkte und begriff, was er tat. Endlich drehte der Soldat sich um und schüttelte die Falten seines karierten Rocks aus. Er hob den Kopf, trat näher und gab dem großen Rothaarigen Antwort.
»’tis ma last pint I pee, Coll. I’ll no listen tae ye till ma mind is …« Erst muss ich mein letztes Pint Bier loswerden, Coll. Und ich werde dir dann zuhören, wenn ich … Alexander unterbrach sich abrupt. Er schluckte und errötete leicht.
»Did the cat get ye tongue, Alas, or is the sight of a bonnie cratur disabling ye? « Hat die Katze deine Zunge gefressen, oder schlägt dich der Anblick eines hübschen Mädchens mit Stummheit?
Madeleine wurde ungeduldig. Da sie die Sprache der Schotten nicht kannte und vermutete, dass die Soldaten umgekehrt kein Wort ihrer Sprache verstanden, beschloss die junge Frau, dieses einseitige Gespräch zu beenden.
»Komm mit, Isa! Baptiste wartet auf uns.«
Mit diesen Worten packte sie ihre Cousine am Arm. Noch ganz schockiert über die unverhoffte Begegnung, leistete Isabelle keinen Widerstand und stolperte hinter Madeleine her.
»Mademoiselle«, rief eine Stimme hinter ihnen. »Please wait! «
Sie blickte sich um: Der Soldat winkte ihr heftig zu. Madeleine zerrte an ihr, damit sie rascher lief. Sie bogen um eine Ecke in die Rue Saint-Vallier und schlugen die Richtung zur Rue des Pauvres ein. Die Schotten folgten ihnen nicht, zur großen Erleichterung von Madeleine, die Isabelle endlich losließ. Endlich kam sie zu sich und wandte sich mit zorniger Miene zu ihrer Cousine um.
»Also, so etwas! Was ist denn bloß in dich gefahren, Madeleine? Diese Männer wollten uns doch kein Leid antun!«
»Ach, wirklich? Wenn du den Unterschied zwischen einem lüsternen und einem achtungsvollen Blick nicht kennst, solltest du lieber zu Hause bleiben, Isabelle!«, schrie Madeleine.
Sie wollte noch mehr sagen, überlegte es sich aber anders. Isabelle war furchtbar ärgerlich, und sie hatte keine Lust, dort zu bleiben.
»Hältst du mich wirklich für so naiv? Oder hältst du mich für schlauer, als ich wirklich bin? Glaubst du, ich wollte diesen Soldaten schöne Augen machen?«
Die beiden Cousinen starrten einander wütend an. Dies war das erste Mal, dass sie sich so heftig stritten. Madeleine senkte betrübt den Kopf, als ihr klar wurde, dass sie zu weit gegangen war.
»Ich… nein. Entschuldige.«
Isabelle holte tief Luft, um ihre Tränen zurückzuhalten. Eigentlich hatte Madeleine nicht ganz unrecht gehabt, sie fortzubringen. Doch mehr als alles andere
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