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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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verletzen würden.
    Euer zutiefst ergebener Diener
    Nicolas Renaud d’Avène des Méloizes
     
    Nicolas wusste genau, was über ihn kolportiert wurde, und rechtfertigte sich. Ohne es direkt anzusprechen, versuchte er sie versöhnlich zu stimmen. Isabelle hatte den Brief lange betrachtet, nachdem sie zu Ende gelesen hatte, und darauf gewartet, dass ein Gefühl der Erleichterung in ihr aufstieg. Doch es war ausgeblieben. Enttäuscht hatte sie den Brief unter ihr Kopfkissen gesteckt und dabei ein Schluchzen unterdrückt. In dieser Nacht hatte Madeleine gespürt, dass sie etwas bedrückte, und sie einfach in die Arme geschlossen, ohne ihr Fragen zu stellen.
    Der Wagen umfuhr Schutthaufen und Bretter, die für Reparaturarbeiten bereitlagen, und hielt endlich vor dem Kloster. Das Hämmern der Zimmerleute war zu hören. Immer noch in ihre Gedanken versunken, achtete Isabelle nicht auf das junge Mädchen, das auf sie zugelaufen kam. Lange, pechschwarze Haarsträhnen flogen um das bronzefarbene Puppengesicht mit den leicht schrägstehenden Augen.
    »Ist das nicht Marcelline dahinten?«, fragte Madeleine und sprang von ihrem Sitz.
    Mit einem Mal wirkten die Züge des Mädchens vertraut.
    »Marcelline? O Marcelline!«
    Die beiden Freundinnen umarmten sich herzlich. Isabelle bot dem jungen Mädchen einen Apfel an und lud sie ein, sich mit ihr auf eine Bank zu setzen, während Madeleine sich zusammen mit Baptiste um das Abladen ihrer Ernte kümmerte. Ein starker Geruch nach Bohnerwachs wehte aus dem Kloster heran. In Isabelle stiegen Erinnerungen an die glücklichen Zeiten auf, die sie hier verlebt hatte. Während der Geigenstunden hatten die beiden Cousinen oft haltlos kichern müssen. Die arme Schwester Marie-Marthe! Aber diese Zeit lag jetzt weit zurück.
    Isabelle wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der jungen Mischlingsfrau zu und stellte ihr eine Reihe von Fragen. Marcelline erzählte ihr von der ersten, schrecklichen Nacht des Beschusses. Ihr Ziehvater und sie waren kurz vor dem Morgengrauen geflohen und hatten Zuflucht bei einer Familie in Sillery gefunden. Als sie erfuhren, dass die Stadt sich ergeben hatte, waren sie zurückgekehrt, um sich um ihren Besitz zu kümmern. Aber von der Weinschenke Gauvain war nichts mehr übrig. Daher hatte der Mann seine Tochter den Ursulinen anvertraut, solange er noch nach einer Unterkunft suchte.
    Isabelle hätte ihre Freundin gern zu sich eingeladen. Aber sie fürchtete die Reaktion ihrer Mutter, die die Indianer nicht leiden konnte und sie mit allen möglichen Beschimpfungen bedachte. Sie nahm Marcellines Hände.
    »Wenn ich dir irgendwie helfen kann…«
    »Es gibt nichts, das Ihr für mich tun könntet, Isa«, erklärte Marcelline betrübt und schlug die Augen nieder. »Ich werde den Winter bei den Schwestern verbringen müssen. Vielleicht kann Papa ja im Frühjahr seine Weinstube wieder aufmachen… Und dann wird alles wieder sein wie früher, nun ja, beinahe jedenfalls.«
    »Hmmm… Du wirst sehen, Marcelline, hier bist du gut aufgehoben.«
    »Ich weiß ja. Ich wünschte nur, ich hätte die Schachtel mit meinen Andenken bei mir, die zu Hause geblieben ist. Darin hatte ich Mamas Anhänger. Er ist alles, was ich noch von ihr habe.«
    »Du kannst nicht in das Haus gehen… Das ist viel zu gefährlich!«
    »Ich weiß schon, aber … wenn man durch das Kellerfenster einsteigen würde? Ich hatte die Schachtel im Keller versteckt.«
    »Aber vielleicht hat sie jemand gestohlen. Seit dem Beginn der Bombardierung sind überall in den Straßen Plünderer unterwegs.«
    »Übrigens, ich habe Toupinet gesehen.«
    »Toupinet? Geht es ihm gut?«
    »Ja, ja! Er wäre bereit, mir zu helfen, wenn ich ihm dafür etwas zu essen gebe.«
    Isabelle überlegte. Vielleicht gab es ja doch eine Lösung.
    »Nun gut! Ich werde etwas für ihn auftreiben, und dann gehen wir beide zu ihm. Wo wohnt er jetzt? Das Seminar ist ja schwer zerstört…«
    Sie unterbrach sich abrupt und sah zu einer Nonne, die aus dem Kloster getreten war. Ein mit einem Rock bekleideter Mann mit blondem Haar begleitete sie und nickte.
    »Was ist?«, fragte Marcelline besorgt und folgte ihrem Blick. »Ach ja, die Schotten! Sie helfen den Ursulinen, die Kapelle zu säubern, in der General Montcalm begraben liegt.«
    Zwei weitere Highlander gesellten sich zu den beiden. Der eine hatte so dunkles Haar wie Soldat Macdonald. Auf den ersten Blick glaubte Isabelle, ihn vor sich zu haben. Aber dieser Mann war viel größer und korpulenter als er.

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