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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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zu vertiefen. Alexander war stur wie ein Maulesel. Trotzdem riskierte er es, noch ein weiteres Argument anzuführen.
    »Mut bedeutet, sich seinen Ängsten zu stellen, Alas. Und ich glaube, für dich gehört das Wiedersehen mit Vater zu den Dingen, die du fürchtest.«
    Mit diesen Worten verstummte er. Irgendwo in ihrem Quartier knallte eine Tür. Aus der Ferne drangen erregte Stimmen zu ihnen. Ein Kind weinte und rief nach seiner Mutter. Colls Worte hallten in ihm nach und quälten ihn, denn er hatte recht. Ja, er hatte Angst … Er fürchtete sich vor dem Blick, mit dem sein Vater ihn messen würde, wenn er zurückkehrte. Vor den ersten Worten, die er zu ihm sagen, dem ersten Schritt, den er auf ihn zutun würde. Warum musste Coll auch immer recht haben?
     
    »Toupinet? Huhu? Bist du da?«
    »Bist du dir ganz sicher, dass er hier wohnt? Also, mir scheint …«
    »Wartet!«, rief Marcelline aus. »Sprecht mit ihm, Mam’zelle Isa. Seit die Engländer in der Stadt sind, versteckt er sich und kommt nur noch bei Nacht heraus.«
    »Ich bin es, Toupinet, Mademoiselle Lacroix! Komm, ich habe etwas für dich.«
    Ein paar alte, rauchgeschwärzte Bretter bewegten sich, und ein Haarschopf erschien. Argwöhnisch beäugte Toupinet die jungen Damen. Dann, als er sie erkannte, reckte er sich und kam aus dem Holzhaufen heraus.
    »Na so etwas, der Faulpelz hat geschlafen!«
    »Komm, mein Freund. Schau, was ich dir mitgebracht habe. Zwei schöne rote Äpfel und ein Stück Käse.«
    »Keine Kuchen?«
    »Nein, heute gibt es kein Gebäck. Du weißt doch, dass Louis’ Bäckerei zerstört worden ist.«
    Der Mann war ein wenig enttäuscht, nahm aber dennoch die Nahrungsmittel und stopfte sie in die Tasche seines schmutzverkrusteten Rocks. Angesichts seines jämmerlichen Äußeren vermochte Isabelle eine Grimasse nicht zu unterdrücken.
    »Wer wäscht denn deine Kleider?«
    »Keiner.«
    »Du musst dich ein wenig säubern, Toupinet! Bestimmt bist du voller Läuse!«
    Er kratzte sich den Kopf, betrachtete dann aufmerksam seine Fingernägel und steckte den Zeigefinger in den Mund.
    »Puuuh!«, meinte Marcelline und wandte sich ab. »Komm, wir machen einen Spaziergang.«
    Isabelle gelobte sich, dafür zu sorgen, dass Toupinet an einem angenehmeren Ort überwintern konnte. Bald würde es sehr kalt werden; heute Nacht war der erste Schnee gefallen. In der Sonne war er zwar bald geschmolzen, aber der Boden war hart gefroren und hallte unter ihren Schritten.
    Die Straßen waren mit Schutt übersät, den die Handwerker aus den Skeletten der Häuser warfen. Über allem schwebte der Geruch nach feuchter Asche. Fröhlich plaudernd stiegen die drei Freunde in die Unterstadt hinab, wobei sie immer wieder frischen, dampfenden Pferdeäpfeln und spiegelglatt gefrorenen Pfützen ausweichen mussten. Marcelline schilderte witzige Episoden von der Mäusejagd im Kloster und erzählte, dass Schwester Cathérine eine vollkommen unvernünftige Angst vor den harmlosen Tierchen hatte.
    In der Rue De Meules angekommen, überkam Isabelle eine ungeheure Trauer, als sie die Fassade des einstigen Lagerhauses ihres Vaters betrachtete. Durch die Fenster und die geschwärzten Deckenbalken sah man in den blauen Himmel. Die Weinschenke befand sich in einem ebenso beklagenswerten Zustand. Sie besaß kein Dach mehr, und der Boden der zweiten Etage war zum Teil weggerissen, so dass die erste stückweise offen dalag. Das Erdgeschoss schien noch in gutem Zustand zu sein, aber die Gefahr, sich dort zu verletzen, war zu groß. Das Kellerfenster schien tatsächlich den besten Zugang zu bieten, und der kleine, schmächtige Toupinet war wie geschaffen, um sich hindurchzuschlängeln.
    Marcelline erklärte Toupinet alle Einzelheiten seiner Mission, wobei sie alles zweimal sagte und ihn ihre Anweisungen wiederholen ließ, um sicherzugehen, dass er sie richtig verstanden hatte. Offensichtlich war schon jemand hier gewesen, denn das Gitter, das normalerweise das Kellerfenster schützte, war verschwunden. Doch Marcelline fürchtete nicht um ihre kostbare Schachtel. Sie hatte sie sorgfältig in der südöstlichen Ecke des Kellers vergraben.
    Die beiden jungen Frauen sahen zu, wie Toupinet ins Haus kletterte und sich zu Boden fallen ließ. Marcelline dirigierte ihn zu dem Versteck, und Isabelle sprach ihm Mut zu. Doch mit einem Mal ließ ein Knacken sie erstarren. Isabelle glaubte schon, das Gebäude würde einstürzen, und wollte Toupinet gerade zurufen, er solle sofort zurückkommen, als

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