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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Isabelle bemerkte seine abgetragenen, vielfach geflickten Mokassins. Ihr Bruder brauchte dringend ein neues Paar Stiefel.
    »Du solltest Papas neue Stiefel nehmen.«
    Er schaute auf seine Füße hinunter und zuckte die Achseln.
    »Hat er sehr leiden müssen?«
    »Er hat nie geklagt und viel geschlafen. Ich glaube, im Grunde hat er an seiner Seele mehr gelitten als körperlich.«
    »Das kann ich mir vorstellen … Wer kann schon von sich behaupten, er könne ruhigen Herzens sterben?«
    Isabelle nickte und dachte bei sich, dass auch ihr Gewissen schon eine schwere Last zu tragen hatte.
    »Wer ist eigentlich Madame Dunoncourt?«, fragte sie, als ihr plötzlich die Mission, die ihr Vater ihr anvertraut hatte, wieder einfiel.
    Ihr Bruder blieb abrupt stehen und warf ihr einen verblüfften Blick zu.
    »Wer hat dir von Madame Dunoncourt erzählt?«
    »Papa. Er wollte, dass ich ihr eine Kassette bringe.«
    »Eine Kassette? Und… was hast du getan?«
    »Offen gesagt… ich hatte die Sache ganz vergessen. Über allem, was inzwischen geschehen ist, habe ich bis heute nicht mehr daran gedacht. Aber ich mache es sofort, sobald …«
    »Das übernehme ich«, fiel Louis mit leicht gereizter Stimme ein, was Isabelle neugierig machte.
    »Hast du eine Ahnung, was sich in diesem Kästchen befindet, Louis?«
    »Nichts von großer Bedeutung.«
    »Bist du dir sicher? Hat es etwas mit seinen Geschäften zu tun?«
    »Seinen Geschäften?«
    »So naiv wie du glaubst, bin ich nun doch nicht, Louis. Ich weiß, dass Papa in unsaubere Machenschaften verwickelt war.«
    »Du hast recht, Isa, Vater hat Dinge getan, die nicht immer ganz korrekt waren. Aber es hat keinen Sinn, das alles heute ans Licht zu zerren.«
    »Was ist denn nun in dieser Kassette, Louis? Du weißt es doch … Papa hat mir den Auftrag, Madame Dunoncourt die Kassette zu bringen, nur erteilt, weil du nicht erreichbar warst. Ich musste ihm versprechen …«
    »Darin befindet sich nichts weiter als Geld … und vielleicht ein oder zwei Erinnerungsstücke. Bevor er deine Mutter kennengelernt hat, war Madame Dunoncourt seine Mätresse. Eigentlich wollte er sie heiraten, sobald er von seiner letzten Reise nach La Rochelle zurück war. Aber das Schicksal hat gewollt, dass er sich in Justine Lahaye verliebte und sich mit ihr vermählte. Das Problem war nur, dass Madame Dunoncourt ein Kind von ihm erwartete, Isa.«
    »Oh!«
    Isabelle schlug die Hand vor den Mund, und Louis bedauerte sein Bekenntnis sofort. Er schlang den Arm um ihre Schultern.
    »Kenne ich… dieses Kind?«
    »Erinnerst du dich noch an Marcel-Marie Brideau?«
    »Den jungen Brideau, der mir den Hof gemacht hat?«
    »Genau. Keine Sorge, ich habe ihn gut im Auge behalten. Zum Glück hat des Méloizes dich von ihm abgelenkt. Es tut mir leid. Ich hätte dir das nicht erzählen sollen. Papa ist tot. Vergessen wir das alles.«
    Sie waren beinahe zu Hause. Durch die offenen Fenster hörten sie Guillaumes monotone Stimme. Er rezitierte lateinische Gebete. Louis stöhnte auf und warf Isabelle einen verzweifelten Blick zu. Seit der Kapitulation von Québec bereiteten seine Brüder ihm große Sorgen. Étienne neigte zunehmend zu gewalttätigen Ausbrüchen, und durch seine fortgesetzte Insubordination hatte sein Bruder sich schon manchen Tadel von Leutnant Hertel eingetragen. Wäre der Offizier nicht so gut mit Étienne befreundet gewesen, hätte Letzterer sich gewiss mehr als ein Mal in Ketten wiedergefunden. Guillaumes Probleme wiederum waren von ganz anderer Art.
    »Ist dir schon aufgefallen, dass Guillaume merkwürdige Dinge sagt, Isa?«
    »Ja. Gestern hatte ich den Eindruck, er hätte vielleicht zu viel getrunken. Aber heute Morgen… kommt er mir immer noch so vor, als lebe er in einer anderen Welt.«
    »Ich glaube, er verliert den Verstand.«
    »Guillaume wird verrückt?«
    »Nein… es ist nur… manchmal sind seine Sätze nicht besonders logisch und ergeben keinen Sinn. Er erzählt, er höre Stimmen, die ihn zwingen wollten, schreckliche Dinge zu tun. Eines Nachts hat mich ein lauter Streit geweckt. Ich bin aus der Hütte gelaufen und habe Guillaume gesehen, der splitternackt herumsprang und wie ein Kasper gestikulierte. Zuvor hatte ich vermutet, er streite sich mit anderen Burschen, aber er diskutierte mit Menschen, die er sich einbildete. Und wenn er so mit sich selbst spricht, hört er nicht auf uns. Sobald er die roten Uniformen unserer Feinde erblickt, behauptet er, das sei der Teufel, und beginnt irre zu

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