Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Augen an. Er biss sich von innen in die Wange und hasste sich selbst für das, was er tat. Doch zugleich verfolgte ihn erneut die Erinnerung daran, wie der Mund des Mannes ihre Hand berührt hatte, und steigerte seinen Zorn.
»Alex … Was ist denn?«
»Diese Frage sollte ich eher dir stellen.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ach, tatsächlich?«
Prüfend musterte er jeden ihrer Züge und suchte in ihrem Gesicht nach verräterischen Anzeichen.
»Und wenn ich den Namen des Méloizes nenne?«
Sie erbleichte und presste die Lippen fest zusammen. Das verhieß nichts Gutes.
»Des Méloizes? Nicolas? Wer hat dir von ihm erzählt?«
Sieh mal an! Sie rief ihn sogar beim Vornamen! Isabelle senkte den Kopf und flüchtete sich in die Betrachtung der Kieselsteine zu ihren Füßen.
»Sieh mich an, Isabelle! Ich möchte, dass du mir auf eine Frage antwortest, eine einzige. Wenn du lügst, werde ich es in deinen Augen erkennen.«
Ängstlich schaute sie zu ihm auf und nickte schweigend. Im warmen Licht der untergehenden Sonne schimmerte ihre Haut. Der Anblick ließ ein sarkastisches Lachen in ihm aufsteigen, das er sofort unterdrückte. Wie viele Anbeter sie wohl hatte? Ihre Brust hob und senkte sich rasch. Lag das an der Hitze, oder ließ die Aussicht, demaskiert zu werden, ihren Atem rascher gehen? Eine Woge heftigen Zorns ließ ihn die Zähne zusammenbeißen. Liebkoste noch ein anderer diese Brust? Dieser … dieser Hauptmann zum Beispiel?
»Alex … du machst mir Angst! Erklär mir doch, was du hast.«
Sie knüllte den Stoff ihres Rocks zwischen den Händen, wartete verzagt und fragte sich, was hier vor sich ging. Was hatte sie getan, dass Alexander sich ihr gegenüber so kalt verhielt? Warum redete er von des Méloizes? Sie hatte den Offizier schon sehr lange nicht gesehen. Zwar hatte sie gehört, dass er bei der Schlacht Ende April durch eine Granatenexplosion schwer am Oberschenkel verletzt worden war, aber sie hatte ihn nicht im Hospital besucht, obwohl ihre Mutter das gewollt hatte. Natürlich war sie entsetzt über den Tod seines jüngeren Bruders Louis-François gewesen, der auf dem Schlachtfeld in seinen Armen gestorben war, aber sie hatte sich dennoch nicht überwinden können, ihm gegenüberzutreten …
Mit einem Mal kam ihr der Gedanke, dass ihre Mutter – von der sie wusste, dass sie etwas argwöhnte – möglicherweise versuchte, sie auseinanderzubringen, und es lief ihr kalt über den Rücken. Alexander marschierte jetzt vor ihr auf und ab. Der Sand knirschte unter seinen Schritten. Sie schluckte, als er erneut den Blick auf sie richtete.
»Was bedeutet dir dieser des Méloizes, Isabelle?«
»Wie bitte?«
»Du hast mich schon verstanden!«
»Nichts! Er ist Hauptmann bei …«
»Wer er ist, weiß ich sehr wohl. Ich möchte wissen, was er dir bedeutet.«
»Zwischen mir und Monsieur des Méloizes ist nichts mehr, Alex.«
»Nichts mehr? Dann war da also einmal etwas?«
»Ähem … ja. Also, vielleicht. Aber das ist alles vorüber.«
»Das kann ja wohl auch nicht anders sein. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein Hauptmann der französischen Armee durch die Straßen von Québec spaziert, auf denen es vor Engländern wimmelt …«
»Das ist doch lächerlich, Alex! Nicolas ist in Gefangenschaft geraten und …«
»Lächerlich? Ich bin also lächerlich?«
»Aber was ist denn nur mit dir? Was habe ich getan, dass du dich so aufführst? Ich liebe dich, Alex …«
»Sieh mir in die Augen, und sag das noch einmal!«
Er war drohend auf sie zugetreten. Instinktiv wich sie einen Schritt zurück und stieß gegen die Wand des Schuppens. Was hatte er denn bloß? Langsam wurde sie ebenfalls wütend. Sie holte tief Luft und ballte die Fäuste. Er hatte sie beleidigt, indem er an ihren Gefühlen zweifelte. Jetzt würde sie gehen und darauf warten, dass er sich entschuldigte. Sie warf sich in die Brust und reckte das Kinn, wie es einer Dame der Gesellschaft gebührte. Auf unsicheren Beinen fuhr sie herum, dass ihre Röcke flogen, und begann sich zu entfernen. Doch eine eiserne Faust hielt sie zurück. Sie fand sich zwischen der Wand und Alexanders angespanntem Körper festgeklemmt wieder.
»Sag das noch einmal.«
Dieses Mal hatte seine Stimme sanfter geklungen. Sie hielt seinem forschenden Blick stand und erkannte die Angst, die in seinen Augen stand. Ihr Zorn ließ ein wenig nach.
»Ich liebe dich von ganzem Herzen, ganzer Seele und mit meinem ganzen Körper, Alex! Wie kannst du nur
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