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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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zusammen, bis sein Kiefer schmerzte. Dann stieß er mit einem Laut, der wie ein Schluchzen klang, die angehaltene Luft aus und schenkte sich noch einen Schnaps ein. Er leerte das Glas in einem Zug, stellte es auf das Sims des Fensters, an dem er Stellung bezogen hatte, und sah auf seine zitternden, aber unversehrten Hände hinunter.
     
    Immer noch hing ein widerlicher Gestank nach verbranntem Fleisch in dem Zimmer, und John überfielen Erinnerungen: Culloden und sein Entsetzen stiegen aus der Vergangenheit empor; dieser Tag in der Hölle … Wieder sah der junge Mann, wie Alexander auf nackten Füßen durch den Schneeregen auf das Moor von Drummossie hinauslief, sein rostiges Schwert hoch über dem Kopf schwenkte und aus voller Kehle brüllte. »Das ist doch dumm, Alas!«, hatte er an jenem verfluchten Tag gerufen. Wenn Alexander nur dieses eine Mal auf jemand anderen als auf sich selbst gehört hätte, dann hätte alles anders kommen können, und ihr Vater hätte keinen Stock zum Gehen nötig. Doch auch Alexander hätte ihn an jenem Tag als »dummer Bruder« beschimpfen können, denn wenn er selbst überlegter gehandelt hätte, wäre ihre Mutter vielleicht noch am Leben. Alexander war immer ihr Liebling gewesen; und sein Verschwinden hatte ihre ohnehin angeschlagene Gesundheit weiter untergraben.
    In den Tagen nach der Schlacht von Culloden war John in der Umgebung von Drummossie Moor umhergestreift und hatte versucht, Alexander zu finden. Man hatte Scheiterhaufen errichtet, und panisch hatte er seinen Bruder unter den Leichen gesucht. Doch ohne Erfolg. Alexander schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Hatte man ihn schon weggebracht? Aber an der Stelle, an der er zu Boden gegangen war, lagen die Leichen seiner Landsleute noch immer im gefrorenen Schlamm. Er hatte dieses Rätsel nie aufklären können, und die Ungewissheit hatte an ihm genagt. Was er ebenfalls nicht begriff, war, warum Alexander nie nach Glencoe zurückgekehrt war. Allerdings hatte er so eine Ahnung … Aber was genau wusste sein Bruder?
    Gewissensbisse und ein seltsames Gefühl von Furcht schnürten ihm das Herz zusammen, während er Alexanders Gesicht betrachtete. Er setzte sich auf den Stuhl, der am Bett stand. Sein Bruder lag in einem unruhigen Schlaf und schwitzte stark.
    »Du wart nicht feige, Alas«, begann John im Flüsterton, »aber ich bin es gewesen. Du warst immer der Mutigere von uns beiden. Ich war eifersüchtig auf dich; ich glaube, ich bin es immer gewesen. Wir beide hätten eine Einheit sein sollen, doch man hat uns getrennt und einander entfremdet. Alles, was dir geschenkt wurde, blieb mir verwehrt. Du konntest das Wohlwollen von Großvater Campbell genießen, während ich ihn nie besuchen durfte. Du hast keinen Hunger gekannt, während wir uns manchmal von unverdaulichen Wurzeln ernähren mussten, die uns Bauchkrämpfe bescherten. Du hast auf einer Matratze aus weichen Federn geschlafen, während wir in kalten, feuchten Höhlen genächtigt haben. Du hast eine gute Ausbildung erhalten und kannst einen Roman lesen, während ich gerade einmal meinen Namen schreiben und ein paar Wörter entziffern kann. Ja, ich habe dich beneidet, Alas … Aber ich war nie in der Lage, dich zu hassen. Ganz gleich, was du glaubst… ich liebe dich. Was ist nur an jenem Tag geschehen, an dem Großvater Liam tödlich verwundet wurde? Seitdem bist du nie wieder derselbe gewesen. Ich habe niemals gewagt, dich nach dem Grund zu fragen … Vielleicht hätte ich es ja tun sollen. Das hätte wahrscheinlich meinen Verdacht zerstreut. Auf der anderen Seite glaube ich, dass ich es gar nicht wissen wollte. Wenn wir damals miteinander gesprochen hätten, wären wir heute wohl nicht hier. Wie ein Narr habe ich mir in dem Gedanken gefallen, dass du nur böse auf mich bist, weil ich dich daran gehindert habe, Großvater zu Hilfe zu kommen! Und dabei hätten wir nichts für ihn tun können. Die Soldaten hätten uns in Stücke gehackt, wenn wir dazugekommen wären… Aber heute bin ich mir sicher, dass dich etwas anderes umtreibt … etwas, das mich angeht. Ich glaube, deswegen bist du mir so feindlich gesinnt und bist aus dem Clan geflohnen. Verstehst du… an diesem Tag, Alas … hatte ich gehofft, nur Gott wäre Zeuge dessen gewesen, was auf dem Rannoch Moor wirklich geschehen ist… Es war… ein Unfall. Herrgott! Wir waren doch bloß Kinder, die von ihrem Rachedurst geblendet waren!«
    Alexanders Lider flatterten und öffneten sich einen Spalt breit, doch

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