Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
wurde.
Offensichtlich waren die meisten Offiziere dieses Regiments Jakobiten, die bei der Erhebung von 1745 auf der Seite des Stuart-Prinzen gestanden hatten. Mehrere von ihnen waren sogar aus dem Exil zurückgekehrt, um das Patent anzunehmen, das ihnen gestattete, unter dem britischen Union Jack zu kämpfen. Eine bittere Ironie lag in der Tatsache, dass all diese Männer von nun an einer Regierung dienen würden, die zuvor einen Preis auf ihren Kopf ausgesetzt hatte. Aber so spielte das Leben nun einmal, das galt für sie ebenso wie für Alexander.
Nachdem er zehn Jahre lang durchs Land geirrt war, von kleinen Diebereien gelebt hatte und von einer Frau zur anderen und von einer Flasche Whisky zur nächsten getaumelt war, um seine Dämonen einzulullen und seinen Lebensüberdruss zu betäuben, hatte er genug gehabt. Alasdair Dhu MacGinnis machte seinem Beinamen »der schwarze Alexander« alle Ehre. Es hieß, seine Seele sei ebenso schwarz wie sein Haarschopf, und er trinke das Blut Unschuldiger.
Überall in den Highlands und in ganz Schottland wurde er wegen verschiedener Verbrechen gesucht, deren jüngstes der niederträchtige Mord an einer jungen Frau und drei Männern war. Da er sich bewusst war, dass man ihn möglicherweise in Ketten legen würde, wenn er sich zum Militärdienst meldete, hatte er lange überlegt und die Entscheidung in sich reifen lassen. Doch dann waren ihm die Worte seiner Großmutter Caitlin ins Gedächtnis gekommen und hatten den Alkoholdunst durchdrungen, der sein Hirn umnebelte. Lass nicht zu, dass sie dir deine Seele stehlen … geh fort … Er erinnerte sich wieder an das Versprechen, das er ihr vor Jahren gegeben hatte.
Allerdings war er der Ansicht, dass er seine Seele schon vor langer Zeit verloren hatte; an jenem Tag, an dem er beschlossen hatte, nie wieder in sein geliebtes Tal zurückzukehren. Wenn er jetzt fortging, war das eine Flucht. Flucht vor dem Duft des feuchten Torfs früh am Morgen, vor der wilden Schönheit der ersten Oktobertage, vor der Stille, die über den grünen Tälern lag … aber auch vor der Angst, der geistigen Umnachtung und den Albträumen. Dass er nun auf die andere Seite der Welt in die Schlacht zog, war sein letzter Versuch, die Ungeheuer zu bekämpfen, die ihm seit Culloden keine Ruhe ließen und die er auch mit seinem übermäßigen Alkoholkonsum nicht wirklich hatte einschläfern können. Der Eintritt in dieses Regiment bot ihm eine Chance, Buße zu tun, vor Gott, seinem Clan … und seinem Vater. In dieser geistigen Verfassung befand sich Alasdair Dhu MacGinnis, als er sich Ende Februar in Fort William einfand.
In der Garnison in der Grafschaft Argyle herrschte an diesem Tag ein ungewöhnliches Kommen und Gehen. In Lumpen gekleidete Männer, von denen einige sich statt Schuhen Rinderhäute um die Knöchel gebunden hatten, drängten sich im eisigen, böigen Wind in dichten Reihen vor der Tür der Kommandantur. All diese armen Teufel waren gekommen, um ihre drei Kreuze unter einen Vertrag zu setzen, der ihnen wenigstens für die nächsten paar Jahre Nahrung und Kleidung garantierte. Mit gesenktem Kopf und unruhigem Blick wartete Alexander seit über einer Stunde darauf, dass er an die Reihe kam. Er war vollkommen durchgefroren, und Schnee bedeckte seine Kleidung und seinen Bart. Unzählige Male hätte er beinahe seinem Drang nachgegeben, umzudrehen und wieder in die Berge zurückzukehren, wo er lebte. Vielleicht würde man ihn erkennen und wegen Mordes festnehmen. Aber sein fester Wille, sich endlich von seinem einsamen Los zu befreien und vor allem dieses Unglücksland zu verlassen, hatte ihn zum Bleiben bewogen.
Der Offizier las ihm das Rekrutierungsformular vor – die meisten Highlander konnten nicht lesen – und vergewisserte sich, so wie er es bei allen anderen vor ihm getan hatte, dass er alle Klauseln richtig verstanden hatte.
»Ihr werdet das Recht haben, die Tracht Eurer Vorfahren zu tragen«, erklärte ihm der Sergeant, als wolle er ihn ermutigen. »Der Kilt ist die offizielle Uniform des Regiments. Spielt Ihr Dudelsack?«
Alexander sah ihn argwöhnisch an. Seit 1747 war der Dudelsack in den Highlands verboten, ebenso wie das Tragen von Kilts oder Tartanstoffen.
»Nein.«
»Nun gut, wir bräuchten nämlich einen Dudelsackspieler. Euer Name, junger Mann?«
»Alexander …«
Er zögerte. Welchen Familiennamen sollte er angeben? Der Offizier wartete; seine Schreibfeder verhielt über dem Formular.
»Alexander Colin
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