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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Connie!«
    »Alasdair …«
    Das war nicht Connies melodiöse Stimme, die nach ihm rief, doch sie war ihm vertraut. Eine verschwommene Gestalt bewegte sich in einem blendend hellen Lichtschein.
    »Du bist zurückgekehrt … Alasdair… endlich!«
    »Mutter?«
     
    Keuchend und schweißüberströmt fuhr Alexander aus dem Schlaf hoch und schlug die Augen auf. Er sah in den hellen Himmel, legte die erdverkrusteten Hände auf seine sich heftig hebende und senkende Brust und atmete tief durch. Ein Albtraum. Schon wieder! Er schloss die Augen und wartete, bis sein Atem zu seinem normalen Rhythmus zurückfand. Dann rollte er sich auf die Seite und stützte sich auf.
    »Aaaah!«
    Ruckartig fuhr er hoch. Ein Hund, von dessen herabhängender Zunge der Speichel troff, sah ihn an.
    »Branndaidh?«
    Das Tier begann mit dem Schwanz zu wedeln. Es hatte die Stimme seines Herrn gehört.
    »Ach, Branndaidh, bist du das wirklich, mein Hund? Was hast du hier zu suchen? Und wie hast du mich nach der langen Zeit wiedererkannt? Zwei Jahre … also so etwas!«
    Er kraulte seinem Gefährten, der ihm dafür das Gesicht ableckte, kräftig den Kopf. Da ließ ein Schrei ihn erstarren. Der Hund stellte die Ohren auf und wandte den Kopf in die Richtung, aus welcher der Ruf gekommen war.
    »Branndaidh! Hierher!«
    Panisch warf Alexander einen Blick in die Runde, um festzustellen, wo er sich befand. Er hatte sich bei Einbruch der Dunkelheit erschöpft und hungrig auf dem Boden ausgestreckt, ohne wirklich zu sehen, wo er war. Vor sich sah er den nackten, eigentümlich geformten Gipfel des Aonach Dubh. Mehrere Meilen trennten ihn von der Mündung des Coe, wo die Dörfer Carnoch und Invercoe lagen. Wer hatte einen Grund hierherzukommen? Wieder ein Ruf. Der Hund schien zwischen seinem wiedergefundenen alten Herrn und dem, der nach ihm rief, zu schwanken. Jaulend lief er hin und her.
    »Wer ruft da nach dir, mein Alter? Einer meiner Brüder? Welcher? Coll vielleicht? Er hat dich immer gern gemocht …«
    »Branndaidh! Wo steckst du nur, du elendes Vieh? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, um Verstecken mit dir zu spielen!«
    Alexanders Herz setzte einen Schlag aus. John! Wenn er ihn hier antraf … Panik ergriff ihn. Auf der Suche nach einem Versteck rannte er auf allen vieren zu einem dichten Busch und warf sich dahinter flach auf den Boden. John war nicht allein; da war noch eine andere Stimme außer der seinen. Coll? Schon möglich. Branndaidh war ihm in seinen Schlupfwinkel gefolgt, so wie er es gewohnt gewesen war, wenn er als Kind mit seinen Brüdern gespielt hatte, und legte sich reglos und ohne einen Ton hinter ihn.
    »Wie ich sehe, hast du dich nicht verändert, a charaid , mein Freund. Bleib ganz ruhig liegen, und nachher kannst du mit mir kommen, wenn du möchtest«, flüsterte er und strich ihm zärtlich über den Kopf, ohne den Weg aus den Augen zu lassen.
    Die Stimmen kamen näher. Endlich konnte er die Sprecher erkennen. Es verschlug Alexander den Atem, und ein Schluchzen stieg in seiner Kehle auf. Sein Vater … er lebte. Alles verschwamm ihm vor den Augen. Er konnte es nicht glauben: Sein Vater lebte! Gewiss, er stützte sich beim Gehen auf einen Stock, aber er war heil und gesund. Danke, Gott, ich danke dir!
    »Lass ihn doch, John«, meinte Duncan matt. »Seit dem Tag, an dem wir deine Mutter begraben haben, verhält er sich so merkwürdig. Er wird schon wiederkommen, wenn er gefunden hat, was er sucht …«
    Noch ganz unter dem Schock, den diese Worte ihm versetzt hatten, sah Alexander seinem Vater und seinem Bruder nach, die davongingen und den Hund zurückließen. Das Tier blieb artig neben ihm liegen, so treu, wie es vielleicht nur ein Hund gegenüber seinem Herrn ist. Als die beiden verschwunden waren, vergrub er das Gesicht in den Händen und brach in Tränen aus. In diesem Moment wurde ihm klar, dass er – nun, da seine Mutter tot war – nie mehr den Mut aufbringen würde, seinem Vater gegenüberzutreten.
    Er traf die furchtbar schwere Entscheidung, sich nicht sehen zu lassen. Für seine Familie stand wahrscheinlich ohnehin fest, dass er auf dem Schlachtfeld gestorben war. Nun würde er es dabei belassen. So war es besser für alle. Seine Seele würde unter seinem Volk umherirren und die seiner Mutter begleiten. Alasdair Colin Macdonald von Glencoe war in der grauenhaften Schlacht von Culloden gestorben, in dem schmutzstarrenden Gefängnis von Inverness und dann noch einmal, als das Haus der Frasers niedergebrannt war.

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