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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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ihn mit verknoteten Tauenden schlugen. Um des Vergnügens und der Abschreckung willen versetzten die Offiziere ihm häufig noch einen Schlag mit dem flachen Schwert oder einen Stoß mit dem Bajonett. Auf dem Oberdeck würden sich jetzt die Menschen drängen; solche Zerstreuungen gab es nur selten. Alexander, der fürchtete, womöglich einem seiner Brüder zu begegnen, hatte sich an diesem Platz versteckt, der für ihn inzwischen zu einer Art Zufluchtsort geworden war.
    Mit dem Daumen fuhr er über den Marderkopf, mit dem er den Griff des Sgian dhu geschmückt hatte. Er hatte dieses Tier für Williams Waffe ausgewählt, weil es als Symbol für Beharrlichkeit und Mut galt. So würde der Junge einen Talisman haben, der ihm in widrigen Umständen Ausdauer und Durchhaltevermögen schenken würde. Alexander steckte den Dolch in seinen Gürtel, stand auf und riskierte einen Blick um einen Stapel kleiner Fässer herum. Niemand zu sehen. Er wusste, wenn man ihn hier antraf, würde man das verdächtig finden oder ihn sogar des Diebstahls anklagen, daher beschloss er, dass es an der Zeit war, zu seinen Kameraden zurückzukehren.
    In dem Gang, von dem die Kammern für die Ersatzsegel abgingen, war es dunkel. In der stehenden Luft stieg ein durchdringender Geruch nach Moder und Fäulnis aus der Bilge auf. Ein wenig frische Luft würde ihm guttun. An der Wand entlang drückte er sich auf das schwache Licht einer Laterne am Ende des Gangs zu. Endlich konnte er die Leiter erkennen.
    Als er ganz in seiner Nähe die Stimme eines Mannes zu hören glaubte, erstarrte er. Die durch die Zwischenwand gedämpfte Stimme wurde zu einem Stöhnen. Ein Verletzter? Aber das Quartier des Schiffsarztes lag an Steuerbord, auf dem zweiten Deck.
    Die Neugierde trug den Sieg davon, und er spitzte die Ohren, um den Ursprung des Stöhnens zu entdecken. Er tat ein paar Schritte und vernahm es erneut, dieses Mal deutlicher. Ein langes Seufzen, in das sich das unverkennbare Keuchen mischte, das am Beginn der höchsten Lust steht. Er drückte sich an die Wand und lauschte mit wachsendem Interesse. Wer mochte es wagen hierherzukommen, um seine Bedürfnisse zu stillen?
    Es folgte ein langes Schweigen, während dessen er sich vorzustellen versuchte, wie zwei Körper eng umschlungen auf dem blanken Boden oder auf einem Stapel gefalteter Segel lagen und darauf warteten, dass ihr Herzschlag sich wieder beruhigte. Auf dem Schiff befanden sich auch Frauen, die Ehefrauen von Soldaten, die sie gelegentlich diskret für eine Münze »ausliehen«. So etwas war in der Armee sehr verbreitet, da nur sechs Frauen pro Kompanie zugelassen waren. Aber die Männer gaben sich auch miteinander der Lust hin. Gespannt wartete Alexander.
    Auf dem Deck ließ sich das Stiefeltrampeln einer Abteilung Seeleute vernehmen, die ihre Posten einnahmen: der Wachwechsel. Auf der anderen Seite der Wand ließ sich endlich ein unverständliches Murmeln vernehmen; die tiefe Stimme ließ keinen Zweifel an dem Geschlecht des Besitzers. Doch es dauerte nur ein paar Sekunden, dann war es wieder still. Ein Schleifen, ein Kratzen auf dem Boden und das metallische Klicken von Schnallen rührten sicherlich von einem Mann her, der sich wieder anzog. Alexander begriff, dass das Paar gleich sein Versteck verlassen würde, sah sich im Gang um und entdeckte in einigen Schritten Entfernung eine Tür. Wie durch ein Wunder war sie nicht verriegelt. Als er sie hinter sich schloss, sah er, wie sich die andere vorsichtig und mit einem leisen Knarren öffnete. Ein Kopf erschien, dann die hochgewachsene Gestalt eines Mannes. Der Unbekannte zog die Tür hinter sich zu und ging zur Leiter.
    »Herrgott!«, murmelte Alexander, als er in einem Lichtstrahl das Gesicht des Soldaten erkannte.
    Evan Cameron kletterte zur Luke hoch und verschwand. Der junge Mann, der plötzlich erriet, wer in der Kammer zurückgeblieben war, verließ sein Versteck und schlich sich auf Zehenspitzen dorthin. Er musste einfach Klarheit haben.
    Die Tür knarrte, und das Licht der Laterne fiel in den Lagerraum. Zuerst nahm er den durchdringenden Modergeruch wahr. Nach und nach drangen auch die Ausdünstungen menschlicher Körper auf ihn ein, eine Mischung aus Schweiß und etwas Süßlichem, und ließen vor seinem inneren Auge Bilder von Umarmungen aufsteigen, die ihn erschauern ließen. Eine Gestalt lag halb ausgestreckt auf dem Boden. Sie fuhr herum.
    »Evan? Warum bist du … Oh! Heiliger Jesus!«
    William – den Alexander an seiner Stimme

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