Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
erkannt hatte – griff nach seiner Kleidung, um sich zu bedecken und huschte aufstöhnend ins Dunkel davon. Dann rührte er sich nicht mehr und sagte kein weiteres Wort. Doch Alexander öffnete die Tür vollständig, so dass das Licht auf sein Gesicht fiel. Erschrocken sah er in das entsetzte Gesicht des jungen Mannes, der sich in einer Ecke zusammenkauerte. Mit einem Mal empfand er Mitleid mit ihm und machte sich Vorwürfe, weil er ihn dieser Demütigung aussetzte. Was ging es ihn schließlich an, wenn William und Evan ein Paar waren? Und auf der anderen Seite, warum wühlte ihn das derart auf? Warum wurde ihm das Herz so schwer, nun, da er wusste, was er von Anfang an geargwöhnt hatte? Doch die bloße Vorstellung, wie sich die Hand eines Mannes auf sein Geschlecht legen würde, stieß ihn ab.
Der vor Angst erstarrte Knabe regte sich immer noch nicht. Alexander wurde klar, dass William ihn im Gegenlicht nicht erkennen konnte, und tat zwei Schritte zur Seite, damit das Licht auf sein Gesicht fiel. Das Ergebnis ließ nicht auf sich warten: William stieß einen Schrei aus und stürzte voran, um den Rest seiner Kleidungsstücke, die auf dem Boden lagen, zu holen. Das flackernde Licht der Lampe glitt über einen glatten, unbehaarten Schenkel und eine Hüfte. Alexander vermochte den Blick nicht davon loszureißen. Peinlich berührt über seine Reaktion und beschämt über sein Verhalten, wollte er schon gehen, als William ihn mit schwacher Stimme anrief.
»Alexander …«
Die Finger um den Türrahmen gekrampft, erstarrte er. Er wagte es nicht, sich umzudrehen, denn er fürchtete, den Rest dieses blassen Körpers zu erblicken, der ihn in Aufruhr versetzte. Das Rascheln von Stoff verriet ihm, dass der Junge sich anzog.
»Bleib, ich bitte dich. Ich muss mit dir reden.«
Zusammen mit der Uniform schien William neues Selbstvertrauen angelegt zu haben. Alexander trat ein Stück zur Seite. Als er das Rot des Uniformrocks wahrnahm, drehte er sich endlich um.
»William, ich wollte nicht… Es tut mir …«
»Nein… Ich hatte ohnehin befürchtet, dass man uns irgendwann entdecken und die Sache ruchbar würde. Nur dass ich gehofft hatte, ein wenig mehr Zeit zu haben.«
Unter seinem Gürtel richtete er die Falten seines Plaids. Sein noch offen stehendes Hemd ließ die knochigen Schlüsselbeine erkennen, die von zarten Schatten umspielt wurden. Unter seinen zerwühlten Haaren waren seine grauen, geheimnisvollen Augen kaum zu erkennen. Seine Miene war undeutbar. Theatralisch schlug er den Blick zu Alexander auf, dem auf undefinierbare Weise unwohl wurde.
Er schloss die Augen, um die ausschweifenden Bilder zu vertreiben, die Williams zarter Körper in ihm hervorrief, aber dennoch kam er nicht gegen die Vorstellung an, wie es sich anfühlen würde, ihn zu liebkosen. Ob er dabei Lust empfinden könnte? Er hatte auch Frauen schon von hinten genommen. Eine Öffnung blieb immer eine Öffnung, ganz gleich, was genau sie darstellte. Er biss die Zähne zusammen und unterdrückte den Drang, aus lauter Abscheu vor sich selbst zu schreien.
»Da gibt es etwas, das du wissen musst, Alexander.«
»Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen«, gab er ein wenig trocken zurück. »Ich … werde nichts sagen, das versichere ich dir.«
»Ich weiß. Das habe ich schon gespürt, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, in Inverness. Du bist… anders als die anderen. Du bist …«
»Ich bin nicht das, was du glaubst!«, unterbrach Alexander ihn barsch, als müsse er vor allem sich selbst überzeugen. »Du irrst dich. Ich bin nicht an… Männern interessiert.«
William quittierte seine Beteuerungen mit einem leisen, gurrenden Lachen, das noch zu seiner Demütigung beitrug. Nie hätte er sich vorgestellt, sich eines Tages in einer solchen Lage wiederzufinden. Williams süßlicher Körpergeruch war jetzt deutlicher wahrzunehmen. Listig hüllte er ihn ein und reizte gegen seinen Willen seine Sinne.
Eine Hand strich über seine Wange. Wie von einem glühenden Kohlestück berührt, fuhr Alexander abrupt zurück und riss die Augen auf. William stand vor ihm und sah ihn an. Am liebsten hätte er die Beine in die Hand genommen und wäre geflüchtet. Er wünschte sich, er hätte in den Spalten zwischen den Planken verschwinden und sich im Bauch des Schiffs, im Ozean auflösen können. Doch stattdessen stand er, körperlich aufs Höchste erregt und von heller Panik ergriffen, wie angewurzelt da. Er war sich nicht mehr sicher, ob er in der Lage
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