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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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suchen, das seit Ewigkeiten niemand mehr geleert hatte.
    »Jetzt kennst du die Wahrheit, Alexander. Meine Geschichte hat sich genauso abgespielt, wie ich sie dir erzählt habe. Die von Evan ebenfalls. Wir haben es für besser gehalten, in diesem Punkt bei der Wahrheit zu bleiben. Lügen ist gefährlich, weil man sich dabei zu leicht vergisst. Der einzige Unterschied ist, dass meine Mutter nicht auch Evans Mutter war, sondern seine Cousine. Als meine Eltern starben, war Evan auf Durchreise in unserem Tal. Er hatte vor drei Monaten seine Frau verloren, und vor zwei Jahren seine fünfjährige Tochter Mary Hellen. Ich war damals zwölf. Wir waren beide allein und hatten niemanden. Da hat er mich unter seine Fittiche genommen, und ich bin mit ihm gegangen. In gewisser Weise habe ich ihm seine Tochter ersetzt.«
    »Und jetzt ersetzt du ihm seine Frau?«
    »Ich bin seine Frau, Alexander. Du solltest meine Gefühle für ihn nicht missdeuten. Ich liebe Evan und bin ihm treu. Es ist nur… ich wollte, dass du es weißt. Ich weiß, ich hätte dir schon viel früher die Wahrheit sagen sollen. Es macht mich traurig und beschämt mich, dass du es auf diese Weise erfahren musstest. Aber ich habe es einfach nicht fertig gebracht …«
    Die Trommel ertönte und brachte sie zum Schweigen. Lange sah Alexander die knabenhafte junge Frau an und fragte sich, ob es ihm alles in allem nicht lieber gewesen wäre, sie wäre William geblieben. Ihre Beziehung würde nie wieder die gleiche sein. Wie sollte er vergessen, dass sich unter Williams Uniform Leticias zarte Haut verbarg?
    »Komm, Soldat MacCallum, wir müssen antreten.«
     
    Unerbittlich rann der Sand durch die Sanduhr, die auf dem Schiff über die Zeit wachte. Seit sie in Cork abgelegt hatten, das heißt seit einem Monat, drehte der Steuermann sie am Ende jeder Wache. Die Soldaten, die größtenteils Rekruten waren, empfanden den eintönigen Alltag und die beengten Verhältnisse mehr und mehr als Last, die immer schwieriger zu ertragen war. Viele von ihnen litten unter der Seekrankheit und trugen eine wachsbleiche, ins Grünliche schillernde Hautfarbe zur Schau. Andere, deren Mägen die zweifelhafte Nahrung nicht vertrugen, rannten regelmäßig zu den Latrinen am Bug, um unter den amüsierten Blicken der Seeleute ihre Eingeweide zu entleeren.
    Um die Mitte des achtunddreißigsten Reisetags war der Himmel immer noch verhangen, und im Zwischendeck herrschte eine beinahe nächtliche Dunkelheit. Ein leichter Wind wehte durch die Geschützpforten, die man offen gelassen hatte, um die Gerüche zu zerstreuen, die sich in den letzten Tagen angesammelt hatten. Ab und zu spürte man einen heftigen Windstoß, so dass die Männer besorgt die Stirn runzelten. Auf dem offenen Meer konnte ein Sturm ohne große Vorwarnung ausbrechen. Die Laternen schaukelten in einem einschläfernden Rhythmus und warfen bewegte Schatten auf den Boden.
    Wie mit mütterlicher Hand wiegte das Schlingern des Schiffs die Hängematten, in denen sich mehrere Männer ausgestreckt hatten, um ihre Siesta zu halten. Ein paar Soldaten, deren Mägen wieder einmal rebellierten, hatten sich in der Nachbarschaft eines Eimers niedergelassen. Nur die Seeleute schienen immun gegen dieses Leiden zu sein, das ein menschliches Wesen in ein jammerndes Häufchen Elend verwandeln konnte.
    Alexander, der es überdrüssig war, die Flöhe von einer Hängematte zur anderen hüpfen zu sehen, drehte sich in seiner schwebenden Lagerstatt mühsam um. Nicht weit von ihm entfernt schnarchte Evan. Noch näher bei ihm hatte Leticia sich auf dem nackten Boden ausgestreckt. Sie sah zu den Deckenbalken auf und trommelte auf ihrem angezogenen Schenkel eine Melodie. Er versuchte sie mit distanziertem Blick zu betrachten, brachte es aber nicht ganz fertig. Keine Ahnung warum, aber sie schätzt dich, Macdonald. Daher vertraue ich dir , hatte Evan ihm einige Zeit, nachdem er Leticias wahre Identität entdeckt hatte, erklärt. Doch vergiss nie, dass sie meine Frau ist, mein Freund. Evan würde ihn töten, wenn er es wagte, Leticia anzurühren.
    Sie drehte sich um und zog die Beine an. Dabei begegnete sie seinem begehrlichen Blick. Verlegen lächelte Alexander ihr zu und wandte sich der Geschützpforte zu, um die stahlgrauen Fluten zu betrachten.
    Vom Oberdeck aus drangen Geschrei und Gelächter zu ihnen. Das waren die Seeleute, unter die sich Munro gemischt hatte. Alexanders Erregung wollte einfach nicht weichen; immer noch hatte er das Bild von Leticias

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