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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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wahrscheinlicher war, dass man ihn getäuscht hatte, genau wie sie. Bestimmt steckte Étienne dahinter! Er hatte sie beide auf abscheuliche Weise hintergangen!
    Ein wenig beruhigt über Pierres Rolle in der ganzen Geschichte wollte sie gerade die Kammer verlassen und ins Arbeitszimmer zurückkehren. Aber auf der anderen Seite der Tür erklang die Stimme ihres Mannes. Sie erstarrte und wartete. Dann knarrten die Treppenstufen. Klopfenden Herzens verließ sie auf Zehenspitzen das Arbeitszimmer und schlich in die Küche. Gabriel unterhielt sich damit, Arlequine mit einem Stück Wolle zu necken. Marie warf ihr einen besorgten Blick zu. Sie hatte Alexander entdeckt, als sie auf der Suche nach Gabriel gewesen war, und vergeblich versucht, ihre Herrin vom Marktplatz fernzuhalten.
    »Monsieur ist nach Hause gekommen. Soll ich das Abendessen auftragen?«, fragte Louisette fröhlich und tauchte eine Suppenkelle in einen dampfenden Topf.
    Bei dem Geruch des Schweineragouts drehte sich Isabelles Magen um. Das Abendessen … Sie musste Gabriel zu essen geben, sich um ihren Sohn kümmern. Nur an ihn denken, damit in ihrem Kopf kein Platz für etwas anderes war. Das war nur ein Alptraum, und Gespenster gab es nicht… Der Mann, den sie gesehen hatte, ähnelte Alexander, aber er war es nicht. Dazu hatte er zu breite Schultern, war zu gebräunt, zu muskulös, zu bärtig, zu … lebendig.
    »Madame?«
    »Du kannst für Gabriel auftragen, ich esse später. Ich habe keinen großen Hunger.«
    »Und Monsieur?«
    »Na, frag ihn doch!«
    Ihr barscher Ton erschreckte ihren Sohn, dessen Kopf hochfuhr.
    »Entschuldige, Louisette, ich bin müde. Es ist so heiß, und ich hatte einen harten Tag im Hospital.«
    Louisette sagte nichts, sondern sah sie nur merkwürdig an und deckte dann für Gabriel. Isabelle erstickte fast in der heißen Küche und ging in den Garten hinaus. Sie wollte einen klaren Kopf bekommen, ehe sie Pierre gegenübertrat, und überlegen, wie sie das Thema am besten anschnitt.
    Sie ging auf dem Rasen auf und ab. Das war nur ein Zufall. Das kann nicht Alexander sein. Ich habe mich geirrt. Und Marie ebenfalls. Als sie nach Hause kamen, hatte das Hausmädchen ihr erklärt, sie habe Monsieur Alexander Macdonald erkannt und Gabriel ausgescholten, weil sie ahnte, dass ihre Herrin es nicht billigen würde, wenn das Kind mit diesem Mann zu tun hatte. Ihre Schritte führten sie zum Küchengarten, wo alles für die Aussaat vorbereitet war. Sie starrte auf die schwarze, sorgfältig umgegrabene und mit Asche bedeckte Erde und den Misthaufen, dessen ekelhafter Gestank durch die Hitze noch verstärkt wurde.
    In einem bunten Wirbel von Röcken fuhr sie herum und ging raschen Schrittes in Richtung Stall. Sie würde Pauline striegeln; das würde ihr guttun und sie beruhigen. Dann würde sie Pierre gegenübertreten. Ihr Mann würde ihr bestimmt versichern, dass sie einer Halluzination erlegen war, dass Étienne wirklich Alexanders leblosen Körper gesehen und ihn begraben hatte.
    Colombine, die weiße, grau gescheckte Ziege, begrüßte sie meckernd. Pauline stampfte in ihrer Box. Isabelle nahm den Striegel und trat auf die Stute zu. Ohne an ihre Garderobe zu denken, machte sie sich an die Arbeit. Das schimmernde Fell des Tieres erinnerte sie schmerzlich an Alexanders Haar.
    »Aber… wie ist es möglich, dass dieser Mann meinen Namen kannte?«, dachte sie laut.
    Sie hatte gehört, wie er nach ihr rief.
    Isabelle biss sich auf die Lippen, um nicht zu weinen. Der Striegel glitt ihr aus den Händen. Warum es abstreiten, warum die Wahrheit leugnen? Der Mann, den sie heute Nachmittag gesehen hatte, war Alexander. Er lebte, er war aus Fleisch und Blut!
    Der Schmerz, der in ihr wühlte, war stärker als ihr Bemühen, sich zusammenzunehmen. Erschöpft von all den widerstreitenden Empfindungen vergrub sie das Gesicht an Paulines warmem Hals und brach in lautes Schluchzen aus. Lange weinte sie so und beruhigte sich nur langsam. Die Stute schnaubte und riss Isabelle aus ihrer Benommenheit. Sie trocknete ihre Augen und putzte sich die Nase. Dann hob sie den Striegel auf, drehte sich um und streichelte die Stute zum Abschied.
    »Du wirst niemandem etwas verraten, oder?«
    Das Tier wieherte.
    »Danke …«
    Da sah Isabelle eine vertraute Gestalt aus dem Schatten treten. Sie erstarrte und ließ erneut den Striegel fallen. Alexander stand vor ihr, hochaufgerichtet wie eine Statue, blass und kalt wie Marmor. Entsetzt wollte sie schon die Beine in die Hand

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