Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
Erzbischof dastand, lag im Streit mit den britischen Behörden, die den Papst nicht anerkannten und sich auf die britischen Gesetze beriefen, um ihnen die Ernennung eines neuen Oberhaupts zu verweigern. Die Sache hatte Wellen geschlagen. Mehr und mehr Ordensgeistliche traten zum Protestantismus über, und Kanadierinnen verheirateten sich mit protestantischen Engländern. Von den vielen Nonnen, die einst in der Kolonie gelebt hatten, waren nur die Kanadierinnen geblieben. Die anderen waren nach Frankreich zurückgekehrt. Die Sulpizianer waren sämtlich Franzosen, und die protestantischen Behörden vertrauten ihnen nicht. Genau wie bei den Augustinern oder Jesuiten sprach man davon, ihren ganzen Besitz zu enteignen. Es war dringend nötig, einen Modus Vivendi zu finden, um die Religion der Besiegten zu retten.
»Wusstet Ihr, teure Freundin«, fuhr Isabelle fort und klappte ihren Fächer zusammen, »dass nach der Unterzeichnung dieses berühmten Vertrags unser Klerus fast ein Drittel seiner Mitglieder verloren hat? Woher sollen denn in Zukunft unsere Priester kommen, wenn man die Seminare und Kollegs schließt? Die britische Regierung verhindert, dass neue französische Priester hierherkommen.«
Madame Berthelot schaute auf. Juliett Amyot hob ihr Frettchengesicht und meldete sich zu Wort.
»Es heißt, der Abbé de La Corne sei nach London gereist und wolle um eine Audienz beim König nachsuchen, um die Erlaubnis zu erhalten, den Bischof selbst zu ernennen, Madame Larue.«
»Seine britische Majestät wird meiner Meinung nach nicht viel von seiner Bitte halten. Der Umstand, dass er jetzt in Frankreich lebt, wird ihn in den Augen von König George verdächtig machen; und er wird ihn für einen Spion oder Aufrührer halten. Und der Eifer bezüglich des Bischofsamts sowie die antienglischen Tendenzen seiner Familie werden den Verdacht nur noch schüren, davon bin ich überzeugt. Man wird ihm nicht glauben, dass seine Bitte vollkommen ohne eigenes Interesse ist oder dass er eine objektive Wahl treffen wird.«
Der kanadische Klerus, der zu Recht der Überzeugung war, dass man versuchte, den Katholizismus aus Québec zu vertreiben, hatte seinerseits Ende Oktober den Deputierten Étienne Charest nach London geschickt, um dem König eine besondere Eingabe vorzulegen. Inzwischen begann Isabelle die Befürchtungen ihrer Cousine bezüglich der britischen Invasion zu teilen und beklagte die Laxheit der kanadischen Bevölkerung, die sich bei ihren neuen Herrn beliebt zu machen suchte und darüber ihre eigenen Traditionen nicht mehr pflegte.
Madame Berthelot musterte Isabelle gereizt und nahm einen Schluck Punsch, ehe sie antwortete.
»Aber wir sind mehr als zehntausend katholische Seelen gegen …«
»Zweihundert Protestanten? Meinetwegen! Das Problem ist nur, dass die Protestanten herrschen, meine Teure, und dafür sorgen werden, dass das auch so bleibt. Habt Ihr schon von dem neuen Gesetz über den Amtseid 1 gehört?«
»Aber … Monsieur Mounier ist Franzose und genießt trotzdem großes Ansehen bei der neuen Regierung.«
»Gewiss, und ich wäre die Erste, die sich darüber freuen würde, wenn Monsieur François Mounier nicht Hugenotte wäre. Wusstet Ihr das etwa nicht?«, versetzte Isabelle, ohne ihre Ungeduld zu verhehlen. »Und … ich glaube, Ihr habt soeben Euer Schönheitspflästerchen verschluckt, Madame Berthelot.«
»Oh!«
Hinter ihrem Rücken vernahm Isabelle Stimmen.
»Reden kann sie ja. Ihr Mann ist dabei, sich eine große Karriere aufzubauen.«
»Ist er Hugenotte?«
»Die Larues sind katholisch … im Moment noch. Aber es würde mich nicht erstaunen, wenn er insgeheim schon den Eid geleistet hätte, mit dem man seiner Religion abschwört. Er spricht schon ziemlich gut Englisch.«
Isabelle fuhr herum und starrte die Witwe Brodeur zornig an.
»Madame, der Platz, die Karriere, die sich mein Mann mit viel Arbeit schafft, ist ziemlich bescheiden, glaubt mir! Im Übrigen ist mein Mann in der Tat katholisch, und seid versichert, dass er das auch bleiben wird. Und sein Englisch muss er zwangsläufig vervollkommnen, allein, um zu verhindern, dass man uns betrügt.«
Die Witwe presste die Lippen zusammen und blinzelte. Ihre Wangen, die rot vor Schminke und Zorn waren, hoben sich unvorteilhaft von ihrem weiß geschminkten Teint ab, der durch das lebhafte Violett ihres Kleids noch betont wurde. Ohne auf eine Antwort zu warten, grüßte Isabelle die kleine Gruppe höflich und begab sich festen Schritts zu der
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