Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
säumiges Schiff gelandet?«
»Ja. Es ist in einen Sturm geraten, vom Kurs abgekommen und mit gebrochenem Hauptmast nach Brest getrieben worden. Die Nachricht wurde auf dem Landweg überbracht.«
»Dann fahrt Ihr also nach Brest?«
»Nein.«
Es kratzte leise an der Tür, bevor sie weiterfragen konnte, und sie öffnete, um den Portier einzulassen, der – ungefragt, wie Grey feststellte – ein ganzes Tablett voller Teeutensilien mitgebracht hatte, einschließlich eines dick glasierten Kuchens.
Er überlegte hin und her. Konnte er es ihr anvertrauen? Doch er wusste, dass sie nicht gescherzt hatte, als sie von Diskretion sprach. Auf ihre eigene Weise hatte sie genauso viele Geheimnisse wie er – und sie hütete sie auch genauso gut.
»Es geht um William«, sagte er, als sie die Tür geschlossen hatte und sich wieder zu ihm umdrehte.
DASS DIE DÄMMERUNG NAH WAR, ERKANNTE ER AM SCHMERZEN SEINER Knochen und am leisen Bimmeln seiner Taschenuhr. Am Himmel war noch nichts zu sehen. Wolken, die die Farbe von Kaminasche hatten, hingen tief über den Dächern Londons, und die Straßen waren jetzt schwärzer, als sie es um Mitternacht gewesen waren, da man die Laternen längst gelöscht hatte und die Kaminfeuer heruntergebrannt waren.
Er war die ganze Nacht auf gewesen; er hatte zu tun gehabt; jetzt sollte er heimgehen und ein paar Stunden schlafen, bevor er die Kutsche nach Dover nahm. Doch er konnte nicht abreisen, ohne Hal noch einmal zu sehen. Nur zu seiner Beruhigung.
In den Fenstern von Argus House brannte Licht. Obwohl die Vorhänge geschlossen waren, spiegelte sich ein schwaches Leuchten in den nassen Pflastersteinen vor dem Haus. Es schneite heftig, doch noch blieb der Schnee nicht liegen. Es war sehr wahrscheinlich, dass sich die Kutsche verspäten würde – sie würde nur langsam vorankommen, weil sie im Schlamm der Straßen stecken blieb.
Apropos – sein Herz regte sich gequält beim Anblick eines schäbigen Gefährts in der Toreinfahrt, das, wie er glaubte, dem Arzt gehörte.
Auf sein Klopfen hin erschien sofort ein halb angezogener Bediensteter an der Tür, der sich hastig sein Nachthemd in die Hosen gesteckt hatte. Das nervöse Gesicht des Mannes entspannte sich ein wenig, als er Grey erkannte.
»Der Herzog …«
»Hatte in der Nacht einen Anfall, Milord, aber jetzt geht es ihm besser«, unterbrach ihn der Mann – Arthur, so hieß er – und trat beiseite, um ihn einzulassen. Dann nahm er ihm den Umhang von den Schultern und schüttelte den Schnee zu Boden.
Grey nickte und eilte auf die Treppe zu, ohne darauf zu warten, dass man ihn begleitete. Unterwegs kam ihm der Arzt entgegen – ein dünner, grauer Mann, den er an seinem schwarzen, übel riechenden Rock und der Tasche in seiner Hand erkannte.
»Wie geht es ihm?«, wollte er wissen und packte den Mann am Ärmel, als er den Treppenabsatz erreichte. Der Arzt fuhr erschrocken zurück, doch dann sah
er Greys Gesicht im Licht der Wandkerze, erkannte seine Ähnlichkeit mit Hal und beruhigte sich wieder.
»Etwas besser, Milord. Ich habe ihn zur Ader gelassen, drei Unzen und das Atmen fällt ihm wieder leichter.«
Grey ließ den Ärmel los und rannte die Treppe hinauf. Ihm selbst fiel das Atmen alles andere als leicht. Die Tür zu Hals Zimmerflucht stand offen, und er lief ohne Umschweife hinein – zum Erschrecken einer Dienstmagd, die gerade einen Nachttopf heraustrug, der mit einem Deckel versehen und dazu delikat mit einem Tuch verhüllt war, das reichlich mit großen, leuchtenden Blumen bestickt war. Er eilte mit einem entschuldigenden Kopfnicken an ihr vorbei und betrat Hals Schlafzimmer.
Hal saß auf seine Kissen gestützt im Bett und sah halb tot aus. Minnie war bei ihm, und ihr freundliches, rundes Gesicht war vor Angst und Schlaflosigkeit eingefallen.
»Wie ich sehe, scheißt Ihr sogar mit Stil, Euer Gnaden«, stellte Grey fest und setzte sich auf die andere Seite des Bettes.
Hal öffnete eines seiner grauen Augenlider und betrachtete ihn. Sein Gesicht mochte ja an ein Skelett erinnern, doch das helle, scharfe Auge war Hal, wie er leibte und lebte, und Grey spürte, wie ihn Erleichterung durchströmte.
»Oh, das Tuch?«, sagte Hal leise, aber deutlich. »Das stammt von Dottie. Sie setzt keinen Fuß vor die Tür, obwohl ich ihr versprochen habe, ihre Rückkehr abzuwarten, falls ich das Gefühl bekomme, sterben zu müssen.« Er hielt inne, um schwach keuchend Luft zu holen, dann hustete er und fuhr fort: »Gott sei Dank ist sie
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